Regierungserklärung

Bundeskanzler Scholz kündigt neue Sanktionen gegen Russland an

Nachdem der Deutsche Bundestag am Mittwoch, 8. Februar 2023, mit einer Schweigeminute der Opfer des Erdbebens in der Türkei und Syrien gedacht hat, bekräftigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner anschließenden Regierungserklärung die Hilfsbereitschaft Deutschlands. Die Bundesregierung habe den türkischen Behörden unverzüglich Hilfe zugesagt. Such- und Rettungskräfte sowie technische Experten seien vor Ort oder brächen in diesen Stunden in die Region auf. Zugleich stehe Deutschland in engem Kontakt mit den Vereinten Nationen, um humanitäre Hilfe auch in das syrische Erdbebengebiet zu bringen, wo die Not ebenfalls „riesengroß“ sei.

Anlass der Regierungserklärung und der anschließenden rund 90-minütigen Debatte war der außerordentliche Europäische Rat, der am 9. und 10. Februar 2023 in Brüssel zusammenkommt, um über den Krieg in der Ukraine, die Wirtschaft und Migration zu beraten.

„Der Zusammenhalt ist unser höchstes Gut“

Scholz verteidigte in seiner Rede seine umstrittene Linie bei Waffenlieferungen an die Ukraine. „Der Zusammenhalt innerhalb unseres Bündnisses und unserer Allianzen ist unser höchstes Gut“, sagte der Kanzler. Entscheidungen würden daher zunächst vertraulich vorbereitet und erst dann kommuniziert. So hätten er und US-Präsident Joe Biden es auch bei der jüngsten Entscheidung zu Kampfpanzern getan. Logistik, Nachschub und die Ausbildung ukrainischer Soldaten würden dabei mitgedacht und organisiert.

Mit Blick auf den EU-Gipfel sagte Scholz, auf diesem sollte das Versprechen bekräftigt werden, dass die Ukraine zu Europa gehöre. Außerdem kündigte er zum ersten Jahrestag des Ukraine-Kriegs am 24. Februar weitere Sanktionen gegen Russland an.

Union sieht Zeitenwende „nur auf dem Papier“

Unionsfraktionschef Friedrich Merz warf Scholz in der anschließenden Aussprache ein zu zögerliches Vorgehen bei der Unterstützung der Ukraine vor. „Ich möchte nur hoffen, dass wir nicht eines Tages aus der Rückschau sagen müssen: Das war zu wenig und das war zu spät.“

Er kritisierte zudem, dass die Zeitenwende, die der Kanzler in Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine ausgerufen habe, nur „auf dem Papier“ stattfinde. Aus dem 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen für die Bundeswehr sei bisher „praktisch keine Bestellung und keine Ausschreibung veröffentlicht worden“, sagte er. Dies gelte gerade auch für die dringend von der Ukraine gebrauchte Munition.

Ampelfraktionen verteidigen Panzer-Lieferungen

Johannes Vogel (FDP) und Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßten die Lieferung von modernen Kampf- und Schützenpanzern an die Ukraine. Man müsse dafür sorgen, dass das Land für die kommende russische Frühjahrsoffensive gut ausgerüstet sei, sagte Vogel.

Hofreiter betonte überdies, es müsse jetzt schnell mit der Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte begonnen werden, da die russische Offensive kurz bevorstehe. Axel Schäfer (SPD) sagte, in der Gesellschaft gebe es einen großen Konsens für die Ukraine-Politik der Bundesregierung und die Waffenlieferungen.

AfD und Linke für Kurswechsel in Ukraine-Politik

Die Co-Fraktionschefinnen von AfD und Die Linke, Alice Weidel (AfD) und Amira Mohamed Ali (Die Linke), forderten die Bundesregierung zu einem Kurswechsel in ihrer Ukraine-Politik auf. Weidel warf Scholz vor, Deutschland mit der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine zur Zielscheibe Russlands zu machen. Er habe Deutschland damit de facto zur Kriegspartei gemacht, „in einem Krieg, der nicht der unsrige ist“.

Nach Ansicht von Mohamed Ali sind ernsthafte Bemühungen für den Frieden notwendig. Es müsse oberstes Ziel sein, dass der Krieg möglichst schnell ende und die Waffen schwiegen. Die EU-Sanktionen hätten Russlands Fähigkeit, Krieg zu führen, nicht beeinträchtigt, urteilte sie. Dafür habe die Sanktionspolitik verheerende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Stabilität in Deutschland, in Europa und in den Ländern des globalen Südens. (joh/08.02.2023)