Auswärtiges

Diskussion über Deckung des zukünftigen Energiebedarfs durch Importe

Zeit: Mittwoch, 18. Januar 2023, 18.30 bis 20 Uhr
Ort: Berlin, Jakob-Kaiser-Haus, Sitzungssaal 1.302

Die Mitglieder des Unterausschusses Internationale Klima- und Energiepolitik haben in einer öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 18. Januar 2023, mit Sachverständigen und einem Vertreter der Bundesregierung erörtert, wie sich Deutschlands Energiebedarf durch Importe aus Afrika diversifizieren lässt und dabei die Energiearmut dort bekämpft und gleichzeitig der Klimaschutz vorangebracht werden kann. Auf der Tagesordnung des Unterausschusses stand darüber hinaus der Bericht der Bundesregierung über die Reise von Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck nach Namibia und Südafrika.

Erläuterungen zur Energiepolitik des Senegal

Mamadou Fall Kane, energiepolitischer Berater des Präsidenten des Senegal und Mamadou Barry von der Organisation „Action Solidaire International erläuterten die energiepolitischen Ambitionen des westafrikanischen Landes in dem Spannungsfeld zwischen der Erschließung eines neuen Erdgasfeldes vor der Atlantikküste, das als fossile Ressource einerseits Millionen Menschen in dem Land aus der Energiearmut befreien und größtenteils exportiert werden soll, aber andererseits die traditionelle lokale Fischerei und die internationalen Klimaschutzziele gefährdet.

Sowohl unter den Sachverständigen als auch unter den Mitgliedern des Unterausschusses herrschte Uneinigkeit darüber, ob Deutschland senegalesisches Erdgas importieren solle. Dagegen erfuhr der vom Senegal eingeschlagene Weg, die erneuerbaren Energieträger auszubauen und, das Land dabei zu unterstützen, bereite Zustimmung. Mamadou Fall Kane unterstrich die Notwendigkeit, den Menschen einen Zugang zu sauberer Energie zu verschaffen. Dabei spielten Erdgas-Lösungen als Brückentechnologie ein wichtige Rolle. So nutze die überwiegende Mehrheit der Haushalte in seinem Land weiterhin Holzkohle zum Kochen. Erdgas sei demgegenüber sauberer und damit ein wichtiger Zwischenschritt sowohl bei der Armutsbekämpfung als auch für den Klimaschutz.

Zahlreiche Energiekrisen

Senegal habe bereits vor dem Pariser Klimaschutzabkommen beträchtliche Fortschritte im Bereich erneuerbarer Energieträger gemacht, insbesondere bei der Nutzung der Sonnenenergie. Daran wolle die Regierung in Dakar anknüpfen und die Vision von einem universellen Zugang zu Strom verwirklichen. Der Energiemarkt sei liberalisiert worden. Dabei werde man nicht fossile gegen erneuerbare Energieträger ausspielen. Man prüfe Investitionen in die Erdgas-Ausbeutung genau auf ihre Umweltverträglichkeit hin. Sowohl für Deutschland als auch für den Senegal bedeute die Ausbeutung des neuen Gasfeldes eine Chance. Ein Teil des Gases komme der Entwicklung des afrikanischen Landes zugute, und ein anderer Teil stärke die Energiesicherheit Deutschlands.

Mamadou Barry erinnerte an die zahlreichen Energiekrisen des Senegal. Die Menschen hätten die Regierung schließlich zum Handeln gezwungen. Heute habe man eine viel bessere Situation, der Energiemix sei das Erfolgsrezept. Schon lange baue man nicht mehr nur auf fossile Energieträger, sondern immer mehr auch auf Solar- und Windenergie. Da habe man große Fortschritte erzielt, die Energiekapazität erheblich erhöht und die Stunden des Stromausfalls beträchtlich reduziert. Aber die Ausbeutung neuer Erdgasvorkommen vor der Küste berge beträchtliche Risiken, für die traditionelle Fischerei, für das maritime Ökosystem, gab Mamadou Barry zu bedenken. Ja, weitere Investments in den Abbau fossiler Energieträger seien zu gefährlich. Millionen Bürgen werde das schaden, und in 30 Jahren seien die Vorkommen erschöpft. „Lassen wir das Gas da, wo es ist.“ Die Exploration komme zudem vor allem anderen Ländern zugute, wohin das Gas exportiert werde. Und für den Klimaschutz bringe die Förderung keinen Fortschritt.

Folgen des Klimawandels

Afrika leide stark unter den Folgen des Klimawandels, während der Beitrag des Kontinents zur weltweiten Verschmutzung gering sei. Die Länder des Nordens müssten die vor allem durch ihren viel höheren Ressourcenverbrauch verursachten Schäden beseitigen und schließlich müssten alle Länder in Richtung erneuerbarer Energien gehen. „Wir wollen uns auch nicht herausreden. Wir benötigen eine saubere Entwicklung.“

Auch Mamadou Fall Kane erinnerte daran, dass Afrika 2018 lediglich zwei Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen beigetragen habe. Würde Afrika seine fossilen Energieträger nutzen, werde dieser Anteil auch nur auf vier Prozent steigen. „Afrika ist nicht der große Verschmutzer. Aber Afrika muss den Menschen Zugang zu Energie und seine Politik einen Ausgleich schaffen zwischen sozialer Entwicklung und dem Schutz des Planeten.“

Die Exploration des Erdgases stehe im Widerspruch zu den Pariser Klimazielen, sagte Prof. Dr. Philipp Trotter von der Universität Wuppertal. Es falle ihm außerdem kein Beispiel in Subsahara-Afrika ein, in dem die Erschließung eines Gasfeldes einen sozioökonomischen Entwicklungsschub ausgelöst habe. Deutschland solle stattdessen eine nachhaltige und klimagerechte Entwicklungsförderung in Afrika leisten.

Grüner Wasserstoff für den Export nach Europa

Über die Reise von Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) Anfang Dezember 2022 nach Namibia und Südafrika berichtete Dominik Schnichels, Leiter der der Abteilung V, Außenwirtschaftspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Man wolle die beiden Länder beim Klimaschutz durch den Ausbau erneuerbarer Energien unterstützen und zugleich die Kraft von Sonne und Wind am Südzipfel des Kontinents dazu nutzen, grünen Wasserstoff für den Export nach Europa zu gewinnen.

Namibia erhoffe sich davon neue industrielle Ansiedlungen und einen Aufschwung für den nationalen Arbeitsmarkt. Auch auf dem 4. German-African Business Summit vom 6. - 8. Dezember 2022 in Johannesburg hätten Regierungen und Wirtschaftsvertreter weitere Kooperationsmöglichkeiten im Energiebereich und darüber hinaus ausgelotet und die Bedeutung des afrikanischen Kontinents als Wachstumsmarkt für die Weltwirtschaft unterstrichen.

Das Hyphen-Projekt in Namibia könne in einer ersten und zweiten Ausbaustufe ganz Namibia mit Energie versorgen und mit dem Export von grünem Wasserstoff fünf Prozent des deutschen Gasbedarfs ersetzen, erläuterte Schnichels. Die namibische Regierung erwarte, dass der deutsche Joint Venture-Partner dazu tausende lokaler Arbeitnehmer qualifiziere. Vor allem die während der deutschen Kolonialherrschaft unterdrückten Volksgruppen der Hereros und Nama könnten davon profitieren. (ll/19.01.2023)