Oppositionsanträge zur Unterstützung der Raffinerie PCK Schwedt beraten
Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag, 15. Dezember 2022, über die Situation der Raffinerie PCK Schwedt vor dem Hintergrund des Embargos gegen russisches Öl als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine beraten. Erstmals erörterten die Abgeordneten einen Antrag der Linksfraktion mit dem Titel „PCK Schwedt retten und transformieren – Deindustrialisierung Ostdeutschlands verhindern“ (20/4762) und der AfD-Fraktion mit dem Titel „Mitteldeutsche Ölversorgung gewährleisten – Für die Raffinerie PCK Schwedt Vollauslastung ermöglichen und deren Versorgung sicherstellen“ (20/4890). Beide Vorlagen überwies das Parlament im Anschluss in die Ausschüsse, wobei der Ausschuss für Klimaschutz und Energie die Federführung übernimmt.
Zur Abstimmung standen darüber hinaus zwei weitere AfD-Anträge. Die beiden Vorlagen mit den Titeln „Deutsche Arbeitnehmerinteressen bei Energieembargo berücksichtigen – Massenentlassungen in Schwedt verhindern“ (20/1863) und „Öl- und Gasembargo verhindern – Bürger und Unternehmen schützen“ (20/1862) wies der Bundestag gegen das Votum der Antragsteller zurück. Dazu hatten der Ausschuss für Arbeit und Soziales und der Ausschuss für Klimaschutz und Energie Beschlussempfehlungen vorgelegt (20/4908, 20/2481). Ebenfalls keine Mehrheit fand ein Antrag der Unionsfraktion mit dem Titel „Verlässliche Rahmenbedingungen für die Raffinerie PCK Schwedt“ (20/4875). Die Vorlage wurde bei Enthaltung der AfD-Fraktion und der Linksfraktion abgelehnt.
Linke: Minister Habeck hat sich verrannt
Christian Görke (Die Linke) befand, dass die Raffinerie PCK Schwedt kurz vor dem Beginn des Öl-Embargos „vor einem hausgemachten Fiasko“ stehe, dies sei unverantwortlich. Der Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) habe sich „regelrecht verrannt“, sagte Görke.
„Wenige Tage, ja wenige Stunden vor dem Embargobeginn sind die angekündigten Ersatzlieferungen aus Polen und Kasachstan immer noch nicht garantiert.“ Die Pipeline aus Rostock habe nur 50 Prozent der Kapazitäten, die Lieferung durch diese Pipeline werde PCK nicht durch die zwei Jahre bis zur Umstellung auf Wasserstoff bringen. Im Namen seiner Fraktion forderte Görke, die Raffinerie in Bundeseigentum zu überführen und zu verstaatlichen.
SPD nennt Raffinerie „Lebensader“ für Deutschland
Markus Hümpfer (SPD) ging darauf ein, dass es nicht leicht sei, eine Raffinerie von einer Ölsorte auf eine andere umzustellen. „PCK ist auf das besonders schwefelhaltige Öl aus Russland angewiesen“, so Hümpfer. Die Raffinerie sei eine „Lebensader“ für Deutschland und insbesondere für die neuen Bundesländer, deshalb gehöre sie auch in europäische Hände.
Zudem solle die PCK nicht nur gesichert, sondern auch transformiert werden. „Dieser Hochtechnologiestandort soll zu einer Lebensader der klimaneutralen Energie werden“, sagte der Sozialdemokrat, Schwedt sei „der Herzschrittmacher unserer industriellen Zukunft.“
Union wirft Habeck Wortbruch vor
Sepp Müller (CDU/CSU) warf dem Bundeswirtschaftsminister vor, seine Versprechen gegenüber dem Raffineriestandort Schwedt gebrochen zu haben: Habeck habe gesagt, dass die Sicherung der Raffinerie eine Aufgabe „der nächsten Tage“ sei; „Sie haben Ihr Wort gebrochen und Vertrauen zerstört“, sagte Müller.
Dies wirke wie ein Brandbeschleuniger für jene, die dann ihr Kreuz bei undemokratischen Kräften machten. Es brauche zunächst eine zusätzliche Pipeline zwischen Rostock und Schwedt und eine Partnerschaft mit Polen und dann erst das Embargo, sagte Müller.
Staatssekretär: Sichere Versorgung mit Benzin, Diesel und Heizöl bleibt oberste Prämisse
Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, bilanzierte, dass man die Raffinerie in Schwedt durch die Treuhänderschaft „stabilisiert“ habe. „Wir haben ein großes Transformationspaket auf den Weg gebracht, dessen Herzstück ist ein 750 Millionen Euro schweres GWR-Sonderprogramm.“
Er sei dankbar, dass es gelungen sei, dies über den Bundeshaushalt abzusichern und dass alle 16 Bundesländer dem zugestimmt hätten.„ Die sichere Versorgung mit Benzin, Diesel du Heizöl bleibe die oberste Prämisse der Bundesregierung für die Unternehmen und für die Familien vor Ort, so Kellner.
AfD: Konservative Kräfte müssen sich zusammenschließen
Karsten Hilse (AfD) kam zu dem Schluss, dass bislang keine Ersatzlieferungen garantiert worden seien. Zudem habe Staatssekretär Kellner vor einiger Zeit in Schwedt gesagt, dass dort die Lichter “nicht sofort„ ausgehen werden: “Das heißt dann ja aber, dass sie später ausgehen werden„, so Hilse.
In Bezug auf den Antrag der CDU/CSU-Fraktion zum Thema sagte Hilse, die Union bemängele zurecht nicht nur das Fehlen von Ersatzmengen für Schwedt zu fairen Preisen, sondern auch den Mangel einer jeglichen Rechtsgrundlage für das Embargo. In Richtung der Unionsfraktion forderte der Abgeordnete, dass sich die konservativen Kräfte zusammenschließen müssten.
FDP wirft Opposition Polemik vor
Konrad Stockmeier (FDP) kritisierte die Polemik, mit der die Opposition argumentiere. Die Linke bleibe mit ihren Argumenten in der Vergangenheit, die Union bediene sich “Tiraden vom Vertrauensbruch„. Dabei seien es die massiven strategischen Fehlentscheidungen der Vergangenheit unter Führung der Union, die die aktuelle Regierung nun ausbaden müsse.
In Richtung der AfD-Fraktion sagte Stockmeier, in dieser sei wohl “mal wieder völlig vorbeigegangen, dass an der von Ihnen geforderten Ertüchtigung der Infrastruktur bereits seit Monaten gebaut wird„.
Grüne: Die Zukunft von PCK Schwedt ist gesichert
Bernhard Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) bekräftigte die Aussagen des Staatssekretärs Kellner, dass die Versorgung Ostdeutschlands mit Erdölprodukten gesichert sei. Doch die Opposition nutze das Embargo lieber, um Ängste zu schüren. “Die Zukunft von PCK Schwedt ist gesichert, der Bedarf kann gedeckt werden„, betonte Herrmann.
Zudem gebe es bei den wichtigen Infrastrukturen genügend Überkapazitäten: “Es wird genügend Ölprodukte geben, wer etwas anderes behauptet, schürt nur Ängste„, so Herrmann.
Antrag der Linken
In ihrem Antrag (20/4762) fordert die Fraktion Die Linke die Bundesregierung dazu auf, die im Europäischen Rat beschlossene Ausnahmeregelung für Öllieferungen über Pipelines zu nutzen. So soll erreicht werden, dass die Raffineriewerke PCK Raffinerie GmbH Schwedt weiter beliefert werden kann, bis eine Alternativbelieferung ohne Produktionseinbußen sichergestellt ist, heißt es in der Vorlage.
Weiter sollen Bundesregierung und das Land Brandenburg die Möglichkeiten ausloten, die eine Überführung der Raffinerie von staatlicher Treuhandschaft in staatliches Eigentum ermöglichen würde, um “eine weitere Privatisierung auszuschließen.„ Gefordert wird zudem unter anderem auch, dass es eine Weiterbeschäftigungsgarantie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der PCK Schwedt gibt.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung in einem Antrag (20/4890) auf, auf den notwendigen Ausbau der Rohöltransportinfrastruktur für die Versorgung der deutschen Raffineriestandorte einzuwirken. So solle die Auslastung der Standorte zu 100 Prozent jederzeit gewährleistet werden können.
Zudem solle mit “erheblich beschleunigten Genehmigungsverfahren„ für den Betrieb und Ausbau der Raffineriestandorte Schwedt und Leuna gesorgt werden, wenn im Notfall eine ausreichende Versorgung des Absatzgebietes mit Erdölprodukten andernfalls nicht gewährleistet werden könne.
Erster abgelehnter Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion forderte von der Bundesregierung, den Industrie- und Energiestandort Schwedt und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu erhalten. In ihrem Antrag (20/1863) verlangten die AfD-Abgeordneten zudem, die Regierung solle die sozial- und arbeitsmarktpolitischen Folgen eines Energieembargos für die Raffinerie Schwedt umfassend und transparent ermitteln und die Erkenntnisse dem Bundestag zur Beratung vorlegen. Diese Analyse sollte auch die Folgen eines Produktionsausfalls in Schwedt für die Sicherheit der deutschlandweiten Versorgung mit Mineralölprodukten und weiterer Arbeitsplätze sowie mögliche preisliche Verwerfungen beinhalten.
Zur Begründung ihres Antrags verwies die AfD-Fraktion darauf, dass die PCK-Raffinerie in Schwedt im Nordosten Brandenburgs bislang russisches Erdöl der “Druschba„-Mineralölleitung verarbeite. Eine Alternative zum besonders schwefelhaltigen russischen Öl sei mit vielen Fragezeichen verbunden. Bei einem Ölembargo sei die Existenz der Raffinerie und der 1.200 Arbeitsplätze direkt bei PCK und der 2.000 Arbeitsplätze im Umfeld akut gefährdet.
Zweiter abgelehnter Antrag der AfD
Die AfD forderte die Bundesregierung des Weiteren auf, die geplanten, den Erdölbezug betreffenden Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukrainekonflikt sowie die entsprechenden Maßnahmen auf EU-Ebene abzulehnen (20/1862). Die geplanten Sanktionen könnten erhebliche negative Konsequenzen und Effekte für die wirtschaftliche und soziale Lage in Deutschland haben, während die absehbare Wirkung auf die russische Regierung in keinem Verhältnis zu diesen Konsequenzen stehe, hieß es in dem Antrag.
Die Embargodrohungen hätten sich jetzt schon als Treiber der Energiepreise erwiesen und verteuerten damit den Bezug von Gas und Öl, während sie parallel dazu “mehr Geld in die Kassen der russischen Exporteure„ spülten. Die Folgen seien erhebliche Mehrkosten für deutsche Bürger und Unternehmen und eine weiter sinkende Energieversorgungssicherheit, schrieb die AfD-Fraktion.
Abgelehnter Antrag der Union
Die CDU/CSU-Fraktion forderte in ihrem Antrag (20/4875) die Bundesregierung dazu auf, zu klären, auf welcher rechtlichen Grundlage ein nationales Öl-Embargo auf russisches Pipeline-Öl erfolgen soll. Des Weiteren sollte die Bundesregierung dafür sorgen, dass die ostdeutschen Raffinerien auf alternativen Transportwegen vollständig mit dem benötigten Öl versorgt würden und dass die Versorgung Ost- und Mitteldeutschlands mit Treibstoff “zu jedem Zeitpunkt gesichert„ sei.
Zudem sollten die Verhandlungen mit Polen über eine Versorgung der Raffinerie in Schwedt über den Hafen Danzig “zügig„ abgeschlossen werden und Arbeitsplatzgarantien für die Mitarbeiter der Raffinerie finanziell abgesichert werden. Durch Mitarbeiterbeteiligungen solle einer Abwanderung von Facharbeitern entgegengewirkt werden, hieß es in dem Antrag. Weiterhin sollte die Fertigstellung einer weiteren Pipeline zwischen Rostock und Schwedt “im gleichen Genehmigungs- und Bautempo wie für die LNG-Infrastruktur„ vorgenommen werden. (mis/emu/hau/15.12.2022)