Ausgaben im Justizressort legen leicht zu
Der Bundestag hat am Donnerstag, 8. September 2022, in erster Lesung den Einzelplan 07 des Bundesjustizministeriums beraten. Der Chef des Hauses, Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP), hob in seiner Rede erste rechtspolitische Erfolge der Koalition hervor.
Buschmann: Fortschritt für Recht und Freiheit
Mit Verweis auf die wenige Stunden vorher beschlossene Neufassung des Infektionsschutzgesetzes meinte Buschmann, dass die Corona-Politik nun transparenter sei und sich stärker an den Grundrechten orientiere. „Das ist ein Fortschritt für Recht und Freiheit“, sagte der Minister. Als solchen verbuchte Buschmann zudem die Vorhaben in der Familien-, Gesellschafts- und Strafrechtspolitik. Die Summe der Ausgaben im Einzelplan sei klein, die Sorgfalt aber groß, hob der Minister hervor und führte aus, dass der Bundesrechnungshof keine einzige Beanstandung erhoben habe.
Mit der Finanzierung der Überwachungsgesamtrechnung, dem Zuschuss für die Stiftung Datenschutz sowie Mittel für die Digitalisierung der Justiz seien trotz niedriger Ausgaben gestalterische Punkte gesetzt worden. Der Justizminister ging zudem auf den schwelenden Streit zwischen Bund und Ländern über die Fortsetzung des Pakts für den Rechtsstaat sowie einen Digitalpakt für die Justiz ein. Seine Hand bleibe weiter ausgestreckt, sagte Buschmann.
Union kritisiert „falsche Prioritätensetzung“
Für die CDU/CSU-Fraktion kritisierte Andrea Lindholz hingegen den Minister in dieser Sache. Beim Pakt für den Rechtsstaat und den Digitalpakt sei man keinen Schritt vorangekommen, keine einzige Lösung, kein einziger Fortschritt sei herbeigeführt worden, sagte die Christsoziale. „Sie halten Ihre Versprechen schlicht und einfach nicht ein“, sagte Lindholz mit Verweis auf die Ankündigungen zu dem Thema im Koalitionsvertrag der Ampelparteien.
Zudem warf die Abgeordnete Buschmann erneut eine falsche Prioritätensetzung vor. Statt die Abschaffung des sogenannten Werbeverbots für Abtreibungen voranzutreiben, wäre es besser gewesen, einen Vorschlag zur Speicherung von IP-Adressen vorzulegen, um Kinder vor sexuellem Missbrauch und Kinderpornographie zu schützen. Das von der Koalition favorisierte Quick-Freeze-Verfahren sei eine „Placebo-Lösung“, kritisierte Lindholz.
SPD sieht Länder in der Pflicht
Für die SPD-Fraktion griff Esther Dilcher ebenfalls die Auseinandersetzung um den Pakt für den Rechtsstaat und den Digitalpakt auf. Sie wies die Kritik von Lindholz zurück, dass es dafür in dem Einzelplan keine Vorsorge gebe. Tatsächlich sei der bisherige Pakt über den Rechtsstaat über die Verteilung von Umsatzsteuerpunkten finanziert worden und somit niemals Teil des Einzelplans gewesen, führte Dilcher aus. Sie betonte, auch die Länder müssten bei dem Thema „verdammt nochmal ihrer Pflicht nachkommen“. Justiz sei schließlich Länderaufgabe.
Kritisch kommentierte die Sozialdemokratin, dass im Entwurf nicht wie im Vorjahr die Förderung eines Wohnprojektes für von Armut betroffene Holocaust-Überlebende enthalten sei. Auch das Auslaufen der Förderung für Projekte wie HateAid bemängelte Dilcher.
AfD kritisiert Corona-Politik der Regierung
Für die AfD-Fraktion kritisierte Dr. Michael Espendiller die Corona-Politik der Bundesregierung und nahm insbesondere die FDP und den Bundesjustizminister in die Pflicht. Die Selbstbeschreibung der Partei als Rechtsstaatspartei sei „Etikettenschwindel“, befand der Abgeordnete. Zahlen, Daten und Fakten spielten keine Rolle mehr, die Regierung versuche „fast wahnhaft“, eine Pandemie herbeizureden, obwohl Corona schon längst endemisch sei.
„Nicht nur das Vertrauen in den Rechtsstaat sinkt, sondern auch in die Leistungsfähigkeit des Staates selbst“, kritisierte Espendiller. Der Justizminister solle sich dafür stark machen, dass das Wort Evidenz nicht zum „Fremdwort in unserer Rechtssetzung wird“, forderte er.
Grüne sehen Handlungsbedarf bei Hasskriminalität
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen befand Bruno Hönel, dass aus Sicht eines Haushälters der Entwurf des Einzelplans „grundsolide“ sei. Eine Herausforderung sei weiterhin die Digitalisierung der Justiz, Deutschland lande im EU-weiten Vergleich bei diesem Thema nur im Mittelfeld, sagte Hönel. Bund und Länder stünden hier gemeinsam in der Verantwortung. Es sei wichtig, dass nun „zielgenau aufs Gleis zu setzen“. „Wir nehmen Sie da beim Wort“, sagte Hönel in Richtung des Ministers.
Der Grünen-Abgeordnete betonte zudem, dass es bei der analogen und digitalen Hasskriminalität Handlungsbedarf gebe. Gegen Rechtsverstöße müsse konsequent vorgegangen werden. Es gelte dabei aber, Freiheits- und Bürgerrechte in der digitalen Welt zu wahren. „Mehr Überwachung bringt nicht automatisch mehr Sicherheit“, sagte der Abgeordnete. Die angekündigte Überwachungsgesamtrechnung sei daher ein Mittel für „Freiheits- und Bürgerrechte und für evidenzbasierte Sicherheitspolitik“.
Linke will Fahren ohne Fahrschein entkriminalisieren
Für die Fraktion Die Linke ging Clara Bünger auf die Strafbarkeit des Schwarzfahrens und Ersatzfreiheitsstrafen ein. Dabei handele es sich um die „Bestrafung von Armut“. Durch das Auslaufenlassen des Neun-Euro-Tickets seien zudem Millionen Menschen vom „Recht auf Mobilität“ ausgeschlossen worden.
Sie warb dafür, das Fahren ohne Fahrschein zu entkriminalisieren. Zudem forderte Bünger, die Ersatzfreiheitsstrafe komplett abzuschaffen, statt nur zu halbieren, wie es dem Bundesjustizminister vorschwebt. „Machen Sie keine halben Sachen“, sagte Bünger.
FDP gegen anlasslose Vorratsdatenspeicherung
Für die FDP-Fraktion ging Dr. Thorsten Lieb ebenfalls auf den Pakt für den Rechtsstaat und den Digitalpakt ein. „Wir stehen dazu, wir reichen die Hand“, sagte Lieb. Es gehe aber nicht, dass der Bund Personalstellen in den Bundesländern finanziere. „Das wird es nie und nimmer geben“, sagte der Liberale.
Wie auch Buschmann sagte der Abgeordnete, dass es mit seiner Partei keine anlasslose Vorratsdatenspeicherung geben werde. Als gutes Zeichen bewertete Lieb, dass sowohl das Bundesministerium als auch das dem Geschäftsbereich zugeordnete Deutsche Patent- und Markenamt bei der Stellenbesetzung gut vorankämen.
Nachgeordnete Behörden sorgen für Einnahmen
Unter den Bundesministerien ist das Justizressort traditionell das mit dem geringsten Ausgabevolumen. Der Einzelplan 07 des Bundeshaushalts 2023 (20/3100) umfasst Ausgaben von 953,42 Millionen Euro (2022: 937,98 Millionen Euro). Dafür kann Bundesjustizminister Buschmann mit Einnahmen von 640,28 Millionen Euro rechnen (2022: 644,78 Millionen Euro). Damit finanziert das Ministerium seine Ausgaben zu gut zwei Dritteln selbst.
Die Einnahmen sind im wesentlichen dem Deutschen Patent- und Markenamt, einer oberen Bundesbehörde mit Sitz in München, zu verdanken, das Einnahmen von 457,39 Millionen Euro (2022: 455,39 Millionen Euro) erwartet, und zwar im Wesentlichen Gebühren für gewerbliche Schutzrechte. Die Ausgaben der Behörde belaufen sich demgegenüber nur auf 254,73 Millionen Euro (2022: 245,24 Millionen Euro). Eine weitere nachgeordnete Behörde des Justizministeriums, das Bundesamt für Justiz, rechnet mit Ausgaben von 100,63 Millionen Euro (2022: 99,12 Millionen Euro). Auch hier sollen die Einnahmen von 139,21 Millionen Euro (2022: 137,21 Millionen Euro) die Ausgaben übersteigen.
Bundesgerichte und Generalbundesanwalt
Für den Bundesgerichtshof sind in den Etat 52,76 Millionen Euro eingestellt (2022: 52,63 Millionen Euro), für den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof 64,89 Millionen Euro (64,59 Millionen Euro), für das Bundesverwaltungsgericht 24,74 Millionen Euro (2022: 24,63 Millionen Euro), für den Bundesfinanzhof 18,72 Millionen Euro (2022: 20,48 Millionen Euro) und für das Bundespatentgericht 15,28 Millionen Euro (2021: 17,44 Millionen Euro). (scr/vom/08.09.2022)