Parlament

Bundestag lehnt Vermögens­abgabe für Milliardäre und Multi­millionäre ab

Ein Vorstoß der Linkfraktion zur Einführung einer Vermögensabgabe für Multimillionäre und Milliardäre ist von den anderen Fraktionen am Donnerstag, 10. November 2022, im Parlament zurückgewiesen worden – allerdings aus unterschiedlichen Gründen.

Während die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf den Koalitionsvertrag verwiesen, der Steuererhöhungen in dieser Legislaturperiode ausschließe, sprachen sich CDU/CSU-Fraktion und AfD-Fraktion grundsätzlich gegen eine solche Abgabe aus. In namentlicher Abstimmung votierten 36 Abgeordnete für den Antrag der Linksfraktion (20/4307), 649 Abgeordnete lehnten ihn ab.

Antrag der Linksfraktion

Die Fraktion Die Linke fordert in ihrem Antrag die Einführung einer einmaligen Vermögensabgabe für Multimillionäre und Milliardäre. Die Bundesregierung solle dafür einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Zur Begründung schreibt die Fraktion, schon die Corona-Krise sei für viele Menschen eine finanzielle Belastung gewesen. Nun folge darauf mit der Energiepreiskrise die nächste Belastung. Während die große Mehrheit der Bevölkerung mit finanziellen Nöten konfrontiert sei, hätten die Vermögendsten in diesem Land ihr Vermögen auch während der Krise mehren können.

Daher soll nach Vorstellungen der Linksfraktion eine einmalige Vermögensabgabe nach dem Vorbild des Lastenausgleichs nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer eingeführt werden. Zur Erarbeitung des Gesetzentwurfs könne die Bundesregierung auf eine Vielzahl von Vorschlägen und Vorüberlegungen zurückgreifen.

Linke: Vermögensabgabe ist finanzpolitisch notwendig

Christian Görke (Die Linke) begründete den Antrag seiner Fraktion mit der derzeitigen Krisensituation. Daher sei eine Vermögensabgabe „nicht nur legitim, sie ist auch finanzpolitisch notwendig“. In diesem Haushalt würden zur Krisenbekämpfung 440 Milliarden Euro Schulden aufgenommen, aber auf eine Gegenfinanzierung durch eine gerechte Besteuerung der Krisengewinner oder der Superreichen werde verzichtet.

Görke verwies auf Berechnungen des Instituts DIW. Danach würde eine Vermögensabgabe für die reichsten 0,7 Prozent zu Einnahmen von 310 Milliarden Euro führen. In Deutschland würden zwei Familien mehr Vermögen besitzen als die untere Hälfte der Bevölkerung, also 41 Millionen Menschen. „Das ist doch bizarr“, klage Görke. Der Schutz der Superreichen sei offenbar in Stein gemeißelt.

SPD: Auf Koalitionsvertrag fokussieren

Tim Klüssendorf (SPD) zeigte „Respekt für diesen Antrag“. Die Ungleichheit der Vermögen sei so hoch wie nie. Aber man müsse die Realitäten sehen. Die Koalition habe sich nicht darauf einigen können, in diesem Bereich aktiv zu werden.

Auch wenn es Bedarf gebe, die ungleiche Vermögensverteilung abzubauen, müsse man sich auf das fokussieren, was im Koalitionsvertrag stehe.

Union wirft Antragstellern „Schlampigkeit“ vor

Jedes Jahr suche sich die Linke einen anderen Anlass, um im Bundestag einen Antrag oder Gesetzentwurf zur Einführung einer Vermögensteuer vorzulegen. „Aber so schlampig haben Sie noch nie gearbeitet“, kritisierte Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU).

In dem Antrag gebe es keinen Steuersatz, keinen Freibetrag, kein Datum und keine Definition, für wen das Gesetz gelten solle. Die Linke schreibe nur von Multimillionären. Da könnte selbst ein kleiner Mittelständler wie ein Bäckermeister schnell von so einer Abgabe erfasst werden, was ein „Todesstoß“ sein könne. 

Grüne wollen Thema aus Tabu-Ecke holen

Bei der Vermögensungleichheit sei Deutschland im OECD-Bereich ganz vorne mit dabei, kritisierte Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen). 650.000 sehr vermögende Erwachsene hätten mehr Vermögen als 55 Millionen Erwachsene. Vier von zehn Menschen in Deutschland hätten überhaupt kein Vermögen.

Fakt sei aber auch, dass es für das Instrument einer Vermögensabgabe in der Koalition keine Übereinstimmung gebe. Aber das Thema müsse auch in der Koalition aus der Tabu-Ecke in eine Gestaltungsecke gebracht werden. Die Gefahr für die Demokratie sei nämlich real.

AfD: Deutschland hat ein Ausgabenproblem

Albrecht Glaser (AfD) verwies darauf, dass der deutsche Staat in diesem Jahr knapp 900 Milliarden Euro an Steuern einnehme, sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Zusammen mit den Sozialabgaben habe Deutschland eine Abgabenquote von über 40 Prozent und liege damit an der Spitze der großen OECD-Länder.

Glaser verwies auf hohe Zahlungen an die EU, die hohe Entwicklungshilfe und die Kosten der Immigration, die bei 50 Milliarden Euro jährlich lägen und komplett vermieden werden könnten. „Deutschland hat kein Einnahmeproblem, es hat jede Menge Ausgabenprobleme“, stellte Glaser fest.

FDP verweist auf Koalitionsvertrag

Maximilian Mordhorst (FDP) zitierte die Aussage im Koalitionsvertrag: „Wir werden in Deutschland keine Substanzsteuern einführen, und wir werden in Deutschland keine Steuern erhöhen.“ Das sei das richtige Signal. (hle/10.11.2022)

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