Antrag zur Mehrwertsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel überwiesen
Die Fraktion Die Linke will die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel aussetzen. Der dazu vorgelegte Antrag (20/2077) wurde am Donnerstag, 23. Juni 2022, im Bundestag beraten. Die Vorlage wurde im Anschluss an den federführenden Finanzausschuss zur weiteren Beratung überwiesen. Hingegen abgelehnt wurde ein AfD-Antrag mit dem Titel „Bürger und Mittelstand entlasten – Steuersenkungen als Reaktion auf die Inflation durchsetzen“ (20/1034). Die Vorlage wurde mit der breiten Mehrheit von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke gegen die Stimmen der Antragsteller zurückgewiesen. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (20/2397) zugrunde.
Linke: Mehrwertsteuer ist Preistreiber für Lebensmittel
Christian Görke (Die Linke) erklärte in der Aussprache, die Inflation habe die Supermarktregale erreicht. Die Lebensmittelpreise seien zum Teil explosionsartig gestiegen. So sei Butter um 43 Prozent teurer geworden, Nudeln um 33 Prozent. Mit einer dicken Brieftasche könne man die Entwicklung stemmen, aber Menschen mit wenig Geld befänden sich bereits im finanziellen Überlebenskampf.
Die bisherigen Entlastungspakete seien absolut unzureichend. Die schnellste Möglichkeit, etwas zu tun, sei die Befreiung der Grundnahrungsmittel von der Mehrwertsteuer. Die Mehrwertsteuer sei ein Preistreiber für Lebensmittel.
SPD kritisiert AfD-Antrag als „rückwärtsgewandt“
Auf die von der Koalition bereits auf den Weg gebrachten Entlastungsmaßnahmen verwies Tim Klüssendorf (SPD). Deren Wirkung müsse erst abgewartet werden. Außerdem habe Bundeskanzler Olaf Scholz zu einer konzertierten Aktion eingeladen.
Zum Antrag der Linksfraktion sagte Klüssendorf, es drohten Mitnahmeeffekte, sodass die Wirkungen nicht bei den Konsumenten ankommen würden. Der Antrag der AfD sei rückwärtsgewandt, klimafeindlich und europarechtswidrig.
Union: Maßnahme ist nicht zielgenau
Fritz Güntzler (CDU/CSU) bezweifelte, dass eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel zielgerichtet sei. Von den Kosten in Höhe von zwölf Milliarden würden nicht nur Geringverdiener, sondern besonders höhere Einkommensbezieher profitieren. Die Maßnahme sei nicht zielgenau und daher abzulehnen.
AfD moniert „geplante Inflation“
Kay Gottschalk (AfD) erinnerte daran, dass die CO2-Abgabe auf Kraftstoffe in den kommenden Jahren weiter steigen werde. Das sei „geplante Inflation“. Und einen Antrag auf Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel habe die AfD schon im März gestellt.
Grüne fordert Ausbau der erneuerbaren Energien
Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen) nannte das Inflationsproblem massiv. Die Koalition steuere mit massiven Entlastungspaketen dagegen. Einzelne Entlastungsmaßnahmen würden das Problem aber nicht lösen.
Es müsse gezielt wirkende Maßnahmen geben, wie zum Beispiel eine Erhöhung der Hartz 4-Sätze. Da die „Wurzel allen Übels“ die gestiegenen Energiepreise seien, müssten die erneuerbaren Energien ausgebaut werden.
FDP verweist auf Entlastungspakete der Regierung
Auch Till Mansmann (FDP) erinnerte an die Entlastungspakete der Regierung, die den Menschen wieder mehr Handlungsspielräume geben würden. Die Linksfraktion sage nicht, wo sie das Geld für die Mehrwertsteuersenkung hernehmen wolle. Außerdem sei die Maßnahme nicht zielführend.
Antrag der Linksfraktion
Die Bundesregierung soll zudem sicherstellen, dass die Reduzierung der Steuer auch bei den Verbrauchern ankommt. Darin wird außerdem die Errichtung einer staatlichen Preisbeobachtungsstelle gefordert, die die Entwicklung der Erzeuger- und Lebensmittelpreise für Endverbraucher in der gesamten Lebensmittelkette überwachen soll. In der Begründung des Antrages heißt es, die Teuerungswelle sei in den Supermärkten angekommen. Allein im April 2022 hätten sich die Preise für Nahrungsmittel um 8,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat erhöht. Die nächste Welle von Lebensmittel-Preiserhöhungen sei bereits jetzt absehbar. Als Beispiele für extreme Preiserhöhungen nennt die Fraktion unter anderem Gurken, die um 30,3 Prozent teurer geworden seien und Salat, der um 17 Prozent teurer geworden sei. Sonnenblumenöl sei um 22,5 Prozent teurer geworden.
Höhere Lebensmittelpreise würden vor allem kleine und mittlere Einkommen treffen, da sie einen höheren Teil ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben würden als Spitzenverdiener, argumentiert die Fraktion. Die Bevölkerung in diesem Einkommensbereich werde durch keine andere Steuer so stark belastet wie durch die Mehrwertsteuer. Eine Steuerbefreiung für Nahrungsmittel sei europarechtlich möglich.
Abgelehnter Antrag der AfD
In ihrem Antrag forderte die AfD-Fraktion die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem vorübergehend die Mehrwertsteuer für Otto-, Diesel- und Heizkraftstoffe ausgesetzt werden soll. Außerdem sollte das Brennstoffemissionshandelsgesetz außer Kraft gesetzt und somit die CO2-Abgabe abgeschafft werden, um eine zusätzliche Reduzierung der Kraftstoffpreise herbeizuführen. Als dritte Maßnahme sah der Antrag vor, Grundnahrungsmittel, insbesondere Brot, verarbeitetes Fleisch und Milchprodukte, vorübergehend von der Mehrwertsteuer zu befreien.
Wohlstand entstehe durch effiziente, nachhaltige Nutzung von Technik und der jederzeitigen einfachen Verfügbarkeit kostengünstiger Energie für jedermann, schrieb die Fraktion in dem Antrag. Zum Volumen dieser Steuersenkungen beziehungsweise Aussetzungen hieß es, die Aussetzung der Mehrwertsteuer habe ein Volumen von 6,16 Milliarden Euro bei Benzin und bei Diesel von 10,87 Milliarden Euro. Die Abschaffung des Brennstoffemissionshandelsgesetz würde zu einer Entlastung der mittelständisch exportorientierten Wirtschaft in Höhe von 4,5 Milliarden Euro führen. Den Entlastungseffekt durch eine Aussetzung der Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel wie Brot, verarbeitetes Fleisch und Milchprodukte beziffern die Antragsteller auf rund zwei Milliarden Euro. (hle/hau/23.06.2022)