Parlament

Bas beim Rekruten-Gelöbnis: Die Sicher­heit in Europa muss neu gedacht werden

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas steht an einem Redepult.
Soldaten beim Gelöbnis am 20. Juni 2022
Soldaten beim Gelöbnis am 20. Juni 2022
Generalinspekteur Eberhard Zorn, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (v.l.).
Die Soldatinnen und Soldaten des Stabsmusikkorps der Bundeswehr.
Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr legen ihr Gelöbnis ab.

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Bundestagspräsidentin Bärbel Bas während ihrer Ansprache vor dem Gelöbnis der Soldatinnen und Soldaten. (© Bundeswehr/Torsten Kraatz)

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Zu Ehren des Widerstands gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft legen die Rekrutinnen und Rekruten am 20. Juli traditionell ihr Gelöbnis ab. (© Bundeswehr/Jörg Hüttenhölscher)

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Soldaten beim feierlicher Appell am Gedenktag des Deutschen Widerstandes. (© Bundeswehr/Jörg Hüttenhölscher)

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Generalinspekteur Eberhard Zorn, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (v.l.) schreiten die Gelöbnisaufstellung ab. (© Bundeswehr/Torsten Kraatz)

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Die Soldatinnen und Soldaten des Stabsmusikkorps der Bundeswehr umrahmten das feierliche Gelöbnis musikalisch. (© Bundeswehr/Torsten Kraatz)

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Rund 400 Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr legten im Bendlerblock in Berlin ihr Gelöbnis ab. (© Bundeswehr/Torsten Kraatz)

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr die Rückendeckung des Deutschen Bundestages und der deutschen Öffentlichkeit zugesichert. Anlässlich eines Gelöbnisses am Mittwoch, 20. Juli 2022, betonte Bas, dass die „feierliche Verpflichtung zur Verteidigung unseres Landes“ mehr sei als der Beginn eines Arbeitsvertrages – insbesondere in Zeiten, in denen die Sicherheit in Europa neu gedacht und organisiert werden müsse. „Sie treten an zu einem besonderen Dienst für unser Land, der vollen Einsatz und Loyalität erfordert“, sagte Bas in Richtung der Rekruten bei der Zeremonie im Bendlerblock, dem zweiten Dienstsitz des Bundesministeriums der Verteidigung in Berlin.

Schon seit zwei Jahrzehnten legen Rekruten am 20. Juli, dem Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler, ihr Gelöbnis ab. Der Umsturzversuch von 1944 endete noch am Abend des 20. Juli im Bendlerblock mit der Erschießung von Claus Schenk Graf von Stauffenberg und weiterer Anführer der Widerstandsbewegung. Im Vorfeld des Gelöbnisses hatte Bas am Nachmittag einen Kranz zur Erinnerung an die von den Nationalsozialisten ermordeten Widerstandskämpfer in der Gedenkstätte Plötzensee niedergelegt. Bei der Gedenkveranstaltung in der einstigen Strafanstalt im Nordwesten Berlins nahmen auch die Repräsentanten der anderen Verfassungsorgane des Bundes sowie Vertreter der Bundesregierung und Repräsentanten des Landes Berlin teil. 

„Russland hat die Friedensordnung in Europa zerstört“

Auch heute herrsche wieder „große Unsicherheit“, gab sich Bas in ihrer Rede zum Rekruten-Gelöbnis mit Blick auf den Krieg in der Ukraine besorgt. Das Gelöbnis falle in eine Zeit, in der Soldatinnen und Soldaten im Osten Europas tatsächlich ihr Land, ihre Freiheit und ihre Demokratie verteidigen müssten. „Russland hat die Friedensordnung in Europa zerstört, die wir in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut haben“, so die Parlamentspräsidentin. Und deshalb sei klar: „Deutschland steht solidarisch an der Seite der Ukraine.“

In diesen Zeiten, so Bas, bekomme ein Gelöbnis eine noch größere Tragweite. An die Rekruten gerichtet sagte sie: „Sie wissen, dass der Verteidigungsfall auch für Deutschland tatsächlich eintreten kann.“ Das zeuge von „überragendem“ Verantwortungsbewusstsein, von Stärke und Mut. Und Bas fügte hinzu: „Sie sind bereit, unsere freiheitliche Gesellschaft zu verteidigen. Dafür danke ich Ihnen von Herzen – auch im Namen aller Abgeordneten des Deutschen Bundestages.“

„Unsere Bundeswehr muss hervorragend ausgerüstet werden“

Um ihre Aufgabe erfüllen zu können, sei es politisch nun geboten, der Truppe die „richtige Ausrüstung und eine gute Ausbildung“ bereitzustellen. In einem Kraftakt würde sich die Bundeswehr in den nächsten Jahrzehnten stark modernisieren, sagte die Bundestagspräsidentin und verwies dabei auf das vom Bundestag bereits beschlossene Sondervermögen von 100 Milliarden Euro, das für Investitionen in die Ausstattung der Bundeswehr aufgelegt wurde. Sie selbst und alle Abgeordneten trügen für diesen Kraftakt eine besondere Verantwortung, betonte Bas, schließlich sei die Bundeswehr eine Parlamentsarmee.

Jahrelang habe man in Deutschland, um des Friedens willen, auf Abrüstung gesetzt, so Bas. Man habe gedacht, „die Zeit klassischer Angriffskriege gehöre in Europa der Vergangenheit an“ und die Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung sei eine rein theoretische Angelegenheit. Von diesen einstigen Gewissheiten müsse man sich nun aber lösen: „Unsere Bundeswehr muss jetzt wieder hervorragend ausgerüstet werden. Sie muss in der Lage sein, unser Land zu verteidigen. Sie muss unsere freiheitliche Demokratie schützen und unseren Nato-Partnern im Falle eines Angriffs beistehen können“, zeigte sich Bas überzeugt.

„Soldaten tragen staatsbürgerliche Verantwortung“

„Die Bundeswehr dient dem Frieden, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Das ist eine zentrale Lehre aus den deutschen Verbrechen der Vergangenheit“, sagte die Parlamentspräsidentin in Richtung der Soldatinnen und Soldaten, die allesamt aus der Mitte der Gesellschaft kämen und als Staatsbürger unter dem Schutz des Grundgesetzes stünden. Ein Schutz, über den nicht zuletzt die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Dr. Eva Högl, wache.

Soldatinnen und Soldaten trügen eine staatsbürgerliche Verantwortung, betonte Bas. „Sie verteidigen nicht nur unser Territorium und unsere Bevölkerung. Sie schützen auch unsere freiheitlich demokratische Grundordnung. Die Bundeswehr ist hierfür unverzichtbar.“ Staatsbürgerliche Verantwortung könne für Soldaten im Zweifel auch bedeuten, rechtswidrige Befehle zu verweigern. Dieses Selbstverständnis gelte es zu pflegen, so die Parlamentspräsidentin. Daran erinnere nicht nur das Datum des 20. Juli, das werde auch mit Blick auf die russischen Kriegsverbrechen in Butscha, Irpin oder Mariupol offenbar. Die Verfassung erkenne die Verweigerung von Befehlen ausdrücklich an, wenn sie von einem erkennbar verbrecherischen Regime ausgingen, rief Bas in Erinnerung: „Gehorsam endet, wo Unrecht herrscht.“ (ste/21.07.2022)