Einsetzung eines Afghanistan-Untersuchungsausschusses geplant
Die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP planen die Einsetzung des 1. Untersuchungsausschusses der 20. Wahlperiode zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Den dazu vorgelegten Antrag (20/2352) hat der Bundestag am Donnerstag, 23. Juni 2022, nach knapp 40-minütiger Debatte zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsführung überwiesen.
Untersuchungsauftrag umfasst 38 Punkte
Wie die Abgeordneten darin schreiben, erfolgte die militärische Evakuierungsoperation im August 2021 „unter dramatischen Umständen nach nur sehr kurzer Zeit der Vorbereitung aufgrund des raschen Zusammenbruchs der afghanischen Regierung und Sicherheitskräfte und dem daraus resultierenden schnellen Vormarsch der Taliban bis hin zur Einnahme von Kabul“. Die Situation in Kabul und in Afghanistan um den Abzug der Bundeswehr, weiterer Nato-Kräfte sowie diplomatischer Vertretungen bedürfe der Aufklärung darüber, „wie es zu den Lageeinschätzungen und Entscheidungen von Vertretern von Bundesbehörden rund um den Abzug der Bundeswehr und die Evakuierung des Personals der deutschen Botschaft, deutscher Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sowie den Schutz und die Aufnahme von Ortskräften, die die Arbeit der Bundesrepublik Deutschland und deutscher Organisationen und Institutionen unterstützt haben, gekommen ist“.
Der 38 Punkte umfassende Untersuchungsauftrag des 1. Untersuchungsausschusses der 20. Wahlperiode zielt unter anderem auf die Beurteilung der Sicherheitslage in Afghanistan durch Bundesministerien, Bundesbehörden und Nachrichtendienste, auf deren Informationsaustausch und auf die Zuständigkeiten beim Abzug und der Evakuierung des deutschen Personals, der Ortskräfte und anderer betroffener Personenkreise. Beleuchtet werden soll zudem unter anderem das Zusammenwirken mit ausländischen Stellen und Nachrichtendiensten, die Zusammenarbeit europäischer, Nato- und internationaler Ebene und die Vorbereitungen auf die jeweiligen Entscheidungen der USA und Frankreichs zum Abzug beziehungsweise zur Evakuierung und eine etwaige Einflussnahme der Bundesregierung auf das Doha-Abkommen.
Schlussfolgerungen für kommende Einsätze
Weitere Fragen zielen auf das Zustandekommen von Lageeinschätzungen der Bundesregierung, etwaigen Warnungen deutscher Stellen vor dem Fall Kabuls und die Federführung für die militärische Evakuierungsoption. Gefragt wird insbesondere nach dem Agieren des Bundeskanzleramts, des Verteidigungsministeriums, des Auswärtigen Amtes sowie des Innen- und des Entwicklungsressorts. Der Untersuchungsausschuss soll zudem Empfehlungen geben, „ob und inwiefern aus dem vorliegenden Untersuchungsthema Schlussfolgerungen“ gezogen werden sollen unter anderem für internationale Einsätze und Missionen der Bundeswehr sowie deutscher Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste – insbesondere mit Blick auf eventuell mögliche Evakuierungsoperationen, für die Beteiligung der Bundesregierung an Informationsaustausch und Kooperation auf europäischer, Nato- und internationaler Ebene sowie für den künftigen Umgang mit Ortskräften.
Dem nach Artikel 44 des Grundgesetz einzusetzenden Gremium sollen zwölf ordentliche Mitglieder (SPD und Union jeweils drei, Grüne und FDP jeweils zwei Mitglieder und AfD und Linke jeweils ein Mitglied) angehören sowie eine entsprechende Anzahl von stellvertretenden Mitgliedern. Für eine von den Ampel-Fraktionen von Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen im Koalitionsvertrag vereinbarte Enquete-Kommission, die sich mit dem Afghanistan-Engagement seit 2001 beschäftigen soll, liegt noch kein Einsetzungsantrag vor. (ahe/hau/23.06.2022)