„Osterpaket“ zum Ausbau erneuerbarer Energien beraten
Der Bundestag hat am Donnerstag, 12. Mai 2022, erstmals über das „Osterpaket“ genannte Bündel gesetzlicher Initiativen zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien beraten. Dabei ging es um drei Gesetzentwürfe der Bundesregierung: zu „Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ (20/1630), „zur Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes und anderer Vorschriften“ (20/1634) und „zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und zu Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung“ (20/1599). Zusammen mit einem Entwurf der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP „zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNG-Beschleunigungsgesetz – LNGG) (20/1742) wurden sie im Anschluss an die Ausschüsse überwiesen. Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie übernimmt bei den Beratungen die Federführung.
Minister: Größte Energiemarktreform seit Jahren
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) stellte eingangs noch einmal heraus, dass mit den geplanten Gesetzesänderungen Deutschland eine gesamte Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Klimaschutz-Pfad ausrichte. Deutschland will bis 2045 Klimaneutralität erlangt haben. Die Stromversorgung soll bereits im Jahr 2035 nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien beruhen. Um das zu erreichen, sollen Ausbaupfade und Ausschreibungsmengen für die einzelnen Technologien festgelegt und deutlich angehoben und in allen Rechtsbereichen der Grundsatz verankert werden, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient.
Habeck nannte das Vorhaben die größte Energiemarktreform seit Jahren. Durch Russlands völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine und dessen Folgen für die Energieversorgung habe die Energiewende noch eine zusätzliche Bedeutung und Dringlichkeit erhalten. Von dem Versuch Deutschlands, sich von fossilen Energien aus Russland unabhängig zu machen führe eine direkte Linie zum Versuch, die Energieversorgung in Deutschland von Öl, Kohle Gas auf Wind und Sonne umzustellen.
Union kritisiert Beschränkung auf Wind und Sonne
CDU/CSU befürworteten aus Überzeugung und mit Nachdruck das Ziel des Ausbaus von erneuerbaren Energien, sagte Unionspolitiker Andreas Jung. Der Anspruch von CDU und CSU in den Beratungen werde aber sein, darauf zu dringen, dass die Potenziale aller Energien ausgeschöpft werden.
Es sei unverständlich, dass Wasserkraft, Biomasse, Geothermie gegenüber Wind und Sonne nachrangig behandelt würden.
SPD spricht von großem Kraftakt
Der schnellstmögliche Ausbau erneuerbarer Energien sein eine zwingende und schlüssige Konsequenz aus dem menschengemachten Klimawandel und dem Krieg in der Ukraine, in dessen Folge Energie als Waffe eingesetzt werde und Deutschland sich seiner großen Abhängigkeit von russischen Energielieferungen bewusst geworden sei, sagte Nina Scheer (SPD).
Die Energiewende sei an großer Kraftakt, sagte die SPD-Politikerin und hob den in Zukunft noch größer werdenden Energiebedarf hervor: Wenn es 2030, wie prognostiziert, einen Bedarf von 750 TWh gebe – und wenn davon 80 Prozent aus erneuerbaren Quellen kommen sollen, “dann ist das so viel wie wir heute insgesamt verbrauchen„.
FDP: Nehmen konstruktive Hinweise der Opposition auf
“Wir gehen mit fullspeed voran„, sagte Michael Kruse von der FDP. Die Liberalen hatten dem Gesetzentwurf zur Novellierung des EEG im Kabinett nur unter Vorbehalt zugestimmt, weil man Zweifel an der Erreichbarkeit der Ziele hat.
Es gebe an der einen oder anderen Stelle noch Gesprächsbedarf, sagte Kruse jetzt auch im Parlament. Die Verantwortung liege aber nun beim Bundestag, bei den Abgeordneten. Die Koalitionsfraktionen hätten ja in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass man gewillt sei, konstruktive Hinweise aufzunehmen und gute Ideen einzuspeisen.
Grüne: Die Energiewende wird vor Ort gemacht
Was heute im Bundestag beraten wurde, hätte schon vor Jahren passieren müssen, sagte Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen). Es stehe eine fundamentale Transformation an. Mit dem Osterpaket sei das Startsignal für den Turbaoausbau der Erneuerbaren endlich da.
Die Grünen-Politikerin appellierte an die Abgeordneten: “Machen Sie Werbung in Ihren Wahlkreisen für den Ausbau der Erneuerbaren, setzen Sie sich ein für Freiheitsenergien!„ Im Parlament würden nur die Voraussetzungen geschaffen, gemacht werden müsse die Energiewende vor Ort.
Linke kritisiert Embargo-Diskussionen
Klaus Ernst von Die Linke wandte sich an Robert Habeck. Die Linke unterstütze den Ausbau der Erneuerbaren. Aber er bitte den Minister, darüber nachzudenken, ob man mit einer Politik, die zu großen Preissteigerungen führe, nicht auch Unternehmen treffe, die man für die Umsetzung Energiewende brauche.
Und er frage sich, ob die Sanktionspolitik des Westens wirklich zielführend, ob die Debatten über Energieembargos nicht kontraproduktiv seien: Wenn Russland, was der Fall zu sein scheine, doch nach wie vor liefere, Deutschlands Politik aber immer wieder von Embargos rede – “gefährden wir mit unserer Politik an dieser Stelle nicht„, was die Politik an anderer Stelle wolle, nämlich den Ausbau der Erneuerbaren?
AfD: Ohne fossile Energien geht es nicht
Die Regierung dürfe sich nicht wundern, sagte auch der AfD-Abgeordnete Steffen Kotré. Wenn Russland jetzt Gegensanktionen mache, dann sei das “nur die Reaktion darauf, dass Sie damit angefangen haben, Energie als Waffe einzusetzen, rief Kotré dem Klimaschutzminister zu.
Deutschland mache die weltweit dümmste Energiepolitik. Weltweit dümmste E-Politik: Der Abschied von den Fossilen sei ein Abschied von der Vernunft. Ohne fossile Energien gehe es nicht.
Erster Gesetzentwurf der Bundesregierung
Deutschland richtet seine gesamte Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Klimaschutz-Pfad aus. Die Stromversorgung soll daher bereits im Jahr 2035 nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien beruhen. Um die neuen Ausbauziele zu erreichen, soll das gesamte Erneuerbare-Energien-Gesetz grundlegend überarbeitet werden. Das sieht der Gesetzentwurf (20/1630) der Regierung vor. Das bisherige „EEG 2021“ geht von einem Anstieg des Anteils der Erneuerbaren auf 65 Prozent im Jahr 2030 aus und strebt eine treibhausgasneutrale Stromerzeugung bis 2050 an.
Das soll mit dem neuen Gesetz deutlich schneller gehen: Im Jahr 2030 sollen mindestens 80 Prozent des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, und bereits im Jahr 2035 soll die Stromversorgung fast vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. 2021 lag ihr Anteil am Bruttostromverbrauch allerdings erst bei 42 Prozent; und der Strombedarf, so wird angenommen, wird künftig noch wachsen, unter anderem durch die zunehmende Elektrifizierung von Industrieprozessen, Wärme und Verkehr. Das mache einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren so dringlich. Um bei Zugrundelegung eines Bruttostromverbrauchs von 750 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2030 das 80-Prozent-Ausbauziel sicher zu erreichen, muss die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von derzeit knapp 240 TWh auf 600 TWh im Jahr 2030 binnen kurzer Zeit vervielfacht werden.
Zweiter Gesetzentwurf der Bundesregierung
Um das neue Ausbauziel für 2030 zu erreichen, sollen die Ausbaupfade und Ausschreibungsmengen für die einzelnen Technologien festgelegt und deutlich angehoben werden. Bei der Windenergie an Land auf ein Niveau von 10 GW pro Jahr, so dass im Jahr 2030 insgesamt rund 115 GW Wind-Leistung in Deutschland installiert sein sollen. Bei der Solarenergie auf ein Niveau von 22 GW pro Jahr, so dass im Jahr 2030 insgesamt rund 215 GW Solar-Leistung in Deutschland installiert sein sollen. Die Ausbaupfade und Ausschreibungsmengen für die Windenergie auf See sollen durch die parallele Novelle (20/1634) des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) angehoben werden.
Zur Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren in allen Rechtsbereichen soll im EEG der Grundsatz verankert werden, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Ein Ausbau der Erneuerbaren mache es zugleich möglich, schneller die Abhängigkeit von Energieimporten zu verringern, heißt es in dem Entwurf. Energiesouveränität sei zu einer Frage der nationalen und europäischen Sicherheit geworden. Das neue EEG soll denn auch sofort wirkende Impulse setzen, um angesichts der aktuellen Energiekrise auch kurzfristig erschließbare Potenziale für die Erhöhung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren zu aktivieren, insbesondere bei der Windenergie an Land und bei der Solarenergie (zum Beispiel eine Erhöhung von Vergütungen oder die Aussetzung von Degressionen).
Bei der Windenergie an Land soll die Zahl der Gebotstermine erhöht und verstetig und das Referenzertragsmodell weiterentwickelt werden, um mehr Potenziale in Süddeutschland zu erschließen. Bei der Solarenergie soll der Ausbau hälftig auf Dach- und auf Freiflächenanlagen verteil werden. Die Rahmenbedingungen sollen durch ein großes Bündel an Einzelmaßnahmen deutlich verbessert werden. Wind- und Solarprojekte von Bürgerenergiegesellschaften sollen von den Ausschreibungen ausgenommen und dadurch unbürokratisch realisiert werden können. Im Interesse eines einheitlichen Ansatzes von Klima-, Umwelt- und Naturschutz soll das Gesetz gezielte Maßnahmen ergreifen, um einen umwelt- und naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien sicherzustellen, zum Beispiel mit Blick auf die Wiedervernässung von entwässerten Moorböden, die Verringerung des Maiseinsatzes in Biogasanlagen oder den verstärkten Anbau von überjährigem Kleegras aus der ökologischen Landwirtschaft.
Gesetzlich weiter entwickelt werden soll auch die grenzüberschreitende Kooperation mit den Nachbarstaaten bei der Förderung der erneuerbaren Energien. Der Finanzierungsbedarf für die erneuerbaren Energien soll künftig aus dem Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ ausgeglichen und die EEG-Förderung über den Strompreis beendet werden. Dafür sollen vorrangig Einnahmen aus dem nationalen Brennstoffemissionshandel verwandt werden, soweit diese nicht für die Wahrnehmung der dem Bund durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz zugewiesenen Aufgaben benötigt werden. Hierdurch würden Einnahmen aus der CO2-Bepreisung bürokratiearm und breitenwirksam an Haushalte und Unternehmen zurückgegeben, die Stromverbraucher entlastet und die Sektorenkopplung gestärkt. Einzelne Maßnahmen des Gesetzes sollen unmittelbar in Kraft treten, im Übrigen soll das neue EEG 2023 am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf wurde dem Bundesrat am 8. April 2022 als besonders eilbedürftig zugeleitet. Die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf sowie die Auffassung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates sollen nachgereicht werden.
Dritter Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit dem Entwurf eines Gesetzes (20/1599) „zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und zu Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung“ will die Bundesregierung drei Problemkomplexe angehen: den beschleunigungsbedürftigen Ausbau erneuerbarer Energien; Engpässe in der Versorgung wegen fehlender Stromnetze und rechtliche Unklarheiten bei der Kündigung des Vertrags seitens des Energielieferanten in Zeiten steigender Energiepreise.
Um die Klimaschutzziele aus dem Übereinkommen von Paris zu erreichen, will Deutschland spätestens im Jahr 2045 klimaneutral sein. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien ist dafür auch der Ausbau der Stromnetze von zentraler Bedeutung, heißt es in dem Entwurf. Der sei mit Blick auf die Sektorenkopplung - Elektromobilität und damit verbundener Ladeinfrastrukturaufbau wie auch Elektrifizierung des Wärmesektors - zwingend erforderlich. Der zügige Ausbau der Erneuerbaren sowie die schrittweise Abschaltung der verbleibenden Kernkraftwerke und der Kohlekraftwerke erforderten es, Strom zunehmend über weite Strecken zu transportieren. Insbesondere der im Norden Deutschlands erzeugte Strom aus Windenergieanlagen müsse zu den Verbrauchsschwerpunkten im Süden und Westen Deutschlands geleitet werden. Darüber hinaus sollen die technischen Voraussetzungen für den zunehmenden grenzüberschreitenden Stromhandel geschaffen werden. Daraus resultiere ein Netzausbaubedarf insbesondere in der Höchstspannungsebene.
Die Netzplanung soll künftig konsequent an dem Ziel der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 ausgerichtet und die verschiedenen Prozesse enger verzahnt werden. Die §§ 12a ff. des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) enthalten Regelungen zur Netzausbaubedarfsplanung. Das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) ermöglicht beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Bundesnetzagentur hat am 14. Januar 2022 den Netzentwicklungsplan Strom (NEP) 2021-2035 bestätigt und der Bundesregierung gemäß § 12e Absatz 1 Satz 1 EnWG als Entwurf für einen Bundesbedarfsplan vorgelegt. Die im NEP 2021-2035 bestätigten zusätzlichen Leitungsmaßnahmen seien für den verstärkten und beschleunigten Klimaschutz unabdingbar. Der bisherige Bundesbedarfsplan müsse aktualisiert werden. Nach § 12e Absatz 1 Satz 2 EnWG ist der Bundesbedarfsplan dem Bundesgesetzgeber mindestens alle vier Jahre vorzulegen. Mit den regelmäßigen Anpassungen des Bundesbedarfsplangesetzes (BBPlG) soll eine Beschleunigung der erfassten Planungs- und Genehmigungsverfahren für Netzausbauvorhaben auf Höchstspannungsübertragungsnetzebene gewährleistet werden.
Konkret heißt das: Das Ziel der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 soll auch unmittelbar in das Energiewirtschaftsgesetz aufgenommen und in dort geregelten Prozessen stärker verankert werden. Die Netzentwicklungsplanungen sollen um die Berechnung eines Klimaneutralitätsnetzes ergänzt und auch Planungen auf Verteilernetzebene am Ziel einer vorausschauenden und effizienten Bedarfsdimensionierung ausgerichtet werden, die unter anderem den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge berücksichtigt.
Bundesbedarfsplan soll aktualisiert werden
Der Bundesbedarfsplan wird aktualisiert. Es werden 19 neue Netzausbauvorhaben aufgenommen und 17 Netzausbauvorhaben geändert. Ein Vorhaben wird gestrichen. Für die neuen und geänderten Netzausbauvorhaben wird entsprechend § 12e Absatz 4 EnWG die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf festgestellt. In den letzten Monaten sind die Energiepreise auf den Großhandelsmärkten stark gestiegen. In der Folge stellten einzelne Energielieferanten die Energieversorgung ihrer Kunden kurzfristig ein. Davon betroffene Kunden fallen in die vertragliche Grundversorgung oder das gesetzliche Schuldverhältnis der Ersatzversorgung und werden weiter mit Energie versorgt, heißt es im Entwurf zum Thema gekündigter Verträge. Abhängig von der Anzahl kurzfristig neu zu versorgender Kunden und der Höhe der bereits beschafften Energiemengen hätten Grundversorger dafür zusätzliche Mengen am Großhandelsmarkt zu den jeweils geltenden Preisen einkaufen müssen. In der Folge gestiegener Beschaffungskosten erhöhten sie dann ihre Endkundenpreise oder führten unterschiedliche Grundversorgungspreise für Alt- und Neukunden ein. Die rechtliche Zulässigkeit solcher gespaltenen Preise wurde kontrovers diskutiert. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll rechtliche Klarheit erreicht und grundsätzlich einer erneuten Situation vorgebeugt werden, in der Kunden kurzfristig mit der Einstellung ihrer Belieferung durch ihren im Wettbewerb tätigen Energielieferanten konfrontiert werden.
Die aktuell stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise belasteten Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen erheblich. Deshalb sei außerdem sicherzustellen, dass im Fall sinkender Rohstoff- und Großhandelspreise Endverbraucherinnen und Endverbraucher auch von Preissenkungen profitieren und dass marktmächtige Unternehmen ihre Stellung nicht missbrauchten. Ziel sei ein klarer und gestärkter Wettbewerbsrahmen, der das Funktionieren der Märkte gewährleistet. Der vorliegende Gesetzentwurf soll daher den Wettbewerb auf den betroffenen Märkten durch eine intensivere kartellbehördliche Beobachtung und Kontrolle fördern und schützen.
Im Einzelnen heißt das: Das Energiewirtschaftsgesetz soll um die bußgeldbewährte Vorgabe ergänzt werden, dass auch eine planmäßige Beendigung der Energiebelieferung von Haushaltskunden der Bundesnetzagentur mindestens drei Monate im Voraus anzuzeigen ist und betroffene Kunden zu informieren sind. Die Bundesnetzagentur erhält dem Entwurf zufolge zudem zusätzliche Aufsichtsbefugnisse gegenüber Energielieferanten. Die Ersatzversorgung und die Grundversorgung sollen neu voneinander abgegrenzt werden, die preisliche Kopplung beider Instrumente auch im Segment der Haushaltskunden aufgehoben werden. Dadurch könnten die Ersatzversorgungspreise stärker die jeweils aktuellen Beschaffungskosten berücksichtigen. Damit einhergehen sollen weitere Transparenzvorgaben im Hinblick auf die Preiszusammensetzung der Ersatzversorgung.
Vierter Gesetzentwurf der Bundesregierung
Um die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energie-, insbesondere Gaslieferungen zu mindern, will die Bundesregierung den Einsatz verflüssigten Erdgases (LNG) beschleunigen. Mit dem am 24. Februar 2022 begonnenen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine habe sich die energie- und sicherheitspolitische Bewertung der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen unvorhergesehen kurzfristig und fundamental geändert, heißt es in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/1742), der das ermöglichen soll. Der unverzügliche und schnellstmögliche Aufbau einer unabhängigeren nationalen Gasversorgung sei aufgrund der geringen Substituierbarkeit von Gas durch andere Energieträger äußerst dringlich und zwingend erforderlich.
Eine der wenigen Möglichkeiten Deutschlands, auf dem Weltmarkt kurzfristig zusätzliche Gasmengen zu beschaffen, sei der Einkauf verflüssigten Erdgases (LNG). Um das LNG in Deutschland anlanden, regasifizieren und weiterleiten zu können, sei der umgehende Ausbau der LNG-Importinfrastruktur unverzichtbar. Zu diesem Zweck sieht der Gesetzentwurf vor, den Genehmigungsbehörden zu ermöglichen, vorübergehend und unter klar definierten Bedingungen von bestimmten Verfahrensanforderungen, insbesondere im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung, abzusehen. Die Genehmigungen für die LNG-Anlagen sollen in Übereinstimmung mit den deutschen Klimazielen bis spätestens zum 31. Dezember 2043 befristet werden. Ein Weiterbetrieb der Anlagen über diesen Zeitpunkt hinaus könne nur für klimaneutralen Wasserstoff und dessen Derivate genehmigt werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass das Ziel der Klimaneutralität spätestens 2045 weiterhin erreicht werden könne. (mis/12.05.2022)