Fraktionen sprechen sich für Erhalt der PCK Raffinerie Schwedt aus
Die mit Zustimmung der Bundesregierung geplanten EU-Sanktionen gegen russische Erdölimporte stoßen in der Fraktion Die Linke auf heftige Ablehnung. Die Entscheidung sei „eine westdeutsche von einer personell westdeutschen Regierung“ und führe zu „einer erneuten verheerenden Deindustrialisierung im Osten“, sagte Sören Pellmann (Die Linke). Auf Verlangen seiner Fraktion fand am Donnerstag, 12. Mai 2022, eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Haltung der Bundesregierung zu den sozialen Folgen eines Ölembargos - Schutzschirm für Ostdeutschland jetzt“ statt.
Linke fordert Ausnahmeregelungen
Pellmann forderte Ausnahmeregelungen für den Fall, dass es zu einem Ölembargo komme und die PCK Raffinerie im brandenburgischen Schwedt schließen müsse. Für Ungarn und Slowenien würden Ausnahmeregelungen diskutiert, die brauche es auch für Deutschland.
Sollte sich die Bundesregierung dazu nicht „durchringen“, müsse es einen Schutzschirm für Ostdeutschland geben. Der müsse regeln, dass die Versorger Energiepreise nicht an Verbraucher weitergeben, sowie „eine drastische Ausweitung der bisherigen Entlastungspakete“ gewährleisten. Ein Rentnerehepaar sollte demnach ein Energiegeld in Höhe von 1400 Euro pro Jahr erhalten.
SPD plädiert für eine neue Eigentümerstruktur
Dem widersprach Carsten Schneider (SPD), Ostbeauftragter der Bundesregierung. Er plädiert für das Ölembargo, weil dadurch die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen beendet werde. Deutschland habe sich zu lange auf Russland als Lieferant verlassen.
PCK solle in jedem Fall erhalten werden und die Versorgung durch Öllieferungen aus Danzig und Rostock ersetzt werden. Zudem brauche es „dringend eine neue Eigentümerstruktur“: Der bisherige Betreiber, der russische Staatskonzern Rosneft, könne die Raffinerie nicht länger führen.
Grüne für Erhalt der Arbeitsplätze in Schwedt
Unterstützung bekam Schneider von Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarischer Staatssekretär für Wirtschaft und Klimaschutz. Er unterstrich die Notwendigkeit, „ohne russisches Öl auszukommen“. Wohlstand und der Erhalt der Arbeitsplätze in Schwedt stünden ganz oben auf der Liste der Bundesregierung.
Kellner hält es jedoch für falsch, Ausnahmeregeln wie für Ungarn zu verfolgen, „weil solche Produkte keiner mehr kaufen wird“. Eine solche Entscheidung wäre seiner Ansicht nach „ein Statement gegen Polen, gegen die Ukraine und gegen die EU“, in einer solchen Ausgangslage würde „keiner in Schwedt investieren wollen“. Deshalb gelte es einen neuen Betreiber für PCK zu finden und die Wasserstoffprojekte, die es dort bereits gegeben habe, „zu intensivieren“.
FDP: Sind uns der Ausnahmelage Schwedts bewusst
Olaf in der Beek (FDP) verwies auf das Tempo, das die Ampelkoalition in den letzten Wochen bereits gezeigt habe, um Russland als Energielieferant zu ersetzen. Von bisher 35 Prozent stammten nun nur noch zwölf Prozent des in Deutschland verbrauchten Rohöls aus Russland. Jedoch werde diese Summe komplett in der PCK Schwedt verbraucht.
Allerdings habe Polen sich bereit erklärt, für Schwedt Öl zu liefern. „Wir werden alles tun, um PCK und die Arbeitsplätze zu erhalten, wir sind uns der Ausnahmelage Schwedts bewusst“, betonte der Liberale. Ein Zusammenbruch der Versorgung durch PCK würde Lieferketten bundesweit lahmlegen, ein solches Szenario gelte es zu verhindern. Das mögliche Ölembargo sei kein ostdeutsches Problem, aus Schwedt würden auch weite Teile Westpolens beliefert.
CDU/CSU: Schwedt zum „Chemie-Zentrum“ machen
Sepp Müller (CDU/CSU) drängte nicht nur auf den Erhalt der Raffinerie – auch die Arbeitsplätze dürften nicht verloren gehen. „Ich bin ein Kind der Wiedervereinigung und des Strukturwandels“, betonte er. 12.000 Menschen seien im Jahr 1989 in der Braunkohle beschäftigt gewesen und hätten Anfang der 1990er Jahre „von heute auf morgen“ ihre Arbeitsplätze verloren. Durch eine Arbeitslosenquote von 30 Prozent seien Familien getrennt worden, weil „die Väter der Arbeit in den Westen folgten“.
Fast 20 Jahre lang hätten diese Themen die Debatten in Ostdeutschland bestimmt und „die Menschen verändert, ihnen eine neue Identität gegeben“. In Schwedt dürften nicht die gleichen Fehler wiederholt werden. Für die CDU/CSU-Fraktion sei es deshalb die Hauptaufgabe, die Bundesregierung bei ihrem Wort zu nehmen, „dass in Schwedt kein einziger Arbeitsplatz wackeln wird, daran werden wir Sie messen“, sagte Müller. Schwedt müsse zum „Chemie-Zentrum“ gemacht werden.
AfD: Bei Ölembargo gehen in Schwedt die Lichter aus
Steffen Kotré (AfD) forderte für Ostdeutschland Ausnahmeregeln, wie sie Ungarn anstrebe. „Ein Ölembargo bedeutet, dass wir uns den Ast absägen, auf dem wir sitzen, damit schaden wir nicht Russland, sondern uns“, sagte Kotré.
Im Fall eines Ölembargos würden „die Lichter in Schwedt ausgehen“, sämtliche Lösungen, die Versorgung bei Ausfall russischer Öllieferungen an Polen abzugeben, seien „nicht ausreichend“. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) spreche von „zeitlichen Ausfällen“, das sei das Eingeständnis, dass ein Ölembargo Deutschland mehr schade als Russland.(nki/12.05.2022)