Petitionen

Beratung von Petitionen gegen die Corona-Impfpflicht

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sieht in der Corona-Impfpflicht „die einzige Möglichkeit, der Dauerschleife von verschiedenen Wellen und daraus resultierenden Kontaktbeschränkungen und Einschränkungen von Grundrechten zu begegnen“. Das macht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Edgar Franke (SPD) am Montag, 14. März 2022, vor dem Petitionsausschuss unter Vorsitz von Martina Stamm-Fibich (SPD) deutlich. Das BMG stehe im parlamentarischen Verfahren gleichwohl neutral den zu einer Impfpflicht vorgelegten gesetzlichen Initiativen gegenüber, sagte Franke während der öffentlichen Sitzung. Die rechtlichen Fragen, ob die Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen sei, würden im Parlament „ohne Fraktionszwang“ entschieden.

Kritik an Einschränkungen der Grundrechte durch Impfpflicht

Grundlage der Sitzung war eine Petition, die sich gegen eine allgemeine Corona-Impfpflicht ausspricht. Mehr als 133.000 Menschen haben die Eingabe der Petentin Jutta Koch mitgezeichnet. In Vertretung der Petentin sagte die Gesundheitswissenschaftlerin Bettina Berger vor den Abgeordneten, die Voraussetzungen für die mit einer Impfpflicht verbundenen Einschränkungen der Grundrechte seien nicht gegeben. Die Risiken schwerer Verläufe und von Todesfällen seien bei der Omikron mit denen einer Grippe zu vergleichen. Auch müsse das Gesundheitswesen nicht vor einer schweren Überlastung geschützt werden, da das Risiko intensivmedizinischer Betreuung gesunken sei.

Die Impfung sei auch nicht geeignet, da die Wirkung schon nach zwei Monaten wieder nachlasse. Weltweit sei zu sehen, dass hohe Impfquoten nicht zu einer geringen Inzidenz führen. Es sei vielmehr so, „dass sich Geboosterte immer häufiger anstecken“. Nicht umsonst habe das Robert-Koch-Institut (RKI) inzwischen den Fremdschutz als Grund für eine Impfung gestrichen, sagte Berger. Auf den Intensivstationen der Krankenhäuser würden aktuell immer öfter Geboosterte liegen. Gerade für jüngere Menschen und Kinder überwiege außerdem der Nutzen einer Impfung nicht den potenziellen Schäden, so Berger.

Impfung als bester Schutz gegen schwere Verläufe

Staatssekretär Franke sah das anders. Die Lage sei weiterhin angespannt, ein Vergleich mit der Grippe falsch. Noch immer seien viele Corona-Erkrankte in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen und kämpften dort um ihr Überleben. Die Sieben-Tage-Inzidenz liege auf einem absoluten Höchstwert. „Es ist wichtig, alle Mittel zu nutzen, um die Pandemie dauerhaft in den Griff zu bekommen“, sagte der Gesundheits-Staatssekretär. Die Impfung sei der beste Schutz gegen einen schweren Verlauf und senke das eigene Infektionsrisiko ebenso wie das Risiko, andere anzustecken. „Auf der Intensivstation landet so gut wie niemand, der geboostert ist“, urteilte Franke im Gegensatz zur Vertreterin der Petentin. Zudem senke die Impfung die Wahrscheinlichkeit neuer Virusmutationen und minimiere das Risiko, an Long-Covid zu erkranken.

Unterschiedliche Auffassungen gab es auch bei der Bewertung der Impfquote in Deutschland. Während Berger diese als „im Vergleich mit anderen Länder sehr hoch“ bezeichnete, sprach Franke mit Verweis auf 20 Millionen Ungeimpfte, wovon drei Millionen der besonders gefährdeten Altersgruppe der Über-60-Jährigen angehörten, von deutlich zu wenig Geimpften. Diese Impflücke sei auch mit den stattgefundenen Aufklärungskampagnen nicht zu schließen gewesen.

Auf Nachfrage der Abgeordneten äußerte sich der Gesundheits- Staatssekretär auch zu den angedachten Sanktionen bei Verstößen gegen eine eventuelle Impfpflicht. Es werde keine Zwangsimpfung geben, so Franke, der von „niederschwelligen Sanktionen“ sprach. Einem Impfregister erteilte er eine Absage. Das sei zeitnah nicht zu realisieren. Mit der Impfpflicht solle vielmehr ein gesamtgesellschaftlicher Druck ausgeübt werden, sagte der Staatssekretär.

Petition gegen Impfpflicht für das Pflegepersonal

Die Petentin und Krankenpflegerin Stefanie Bresnik warnte davor, durch eine einrichtungsbezogene Impfpflicht „noch mehr Pflegende aus ihrem Beruf zu treiben“. Im weiteren Verlauf der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montagnachmittag bekräftigte Bresnik die in ihrer 126.000-mal mitgezeichneten Petition erhobene Forderung nach einem Verzicht auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Diese mache derzeit angesichts der deutlich weniger gefährlichen Omikron-Variante keinen Sinn. Stattdessen, so die Krankenpflegerin, müsse das Gesundheitswesen mit mehr Personal ausgestattet werden, damit entsprechende Hygieneregeln besser eingehalten und die Mitarbeiter vor Überlastungen geschützt werden könnten.

Eine Impfung, die weder vor Ansteckung noch vor Transmission des Virus schützt und lediglich einen milden Verlauf verspricht, könne nicht Gegenstand einer Pflicht werden, schreibt Bresnik in ihrer Eingabe. Stationsschließungen aufgrund von Covid-Ausbrüchen unter den geimpften Mitarbeitern mit nachfolgender Infektion der zu betreuenden Patienten hätten gezeigt, „dass die Impfung ohne Testung des Personals eben nicht die vulnerablen Gruppen schützt“. Das Gegenteil sei der Fall: Das geimpfte Personal habe sich in trügerischer Sicherheit gewogen und sei ohne Test erschienen, „der für uns ungeimpfte Mitarbeiter schon längst zur täglichen Routine geworden ist“.

Ein Grund für die Ablehnung der Impfung seien Impfnebenwirkungen, sagte die Petentin während der Sitzung. „Viele Kollegen erleben diese Nebenwirkungen in ihrem klinischen Alltag und sehen, dass das nicht in Zusammenhang mit der Impfung gebracht wird“, sagte sie und sprach von einer Quote von 80 Prozent nichtgemeldeter Verdachtsfälle. „Die Impfstoffe haben nicht unser Vertrauen“, so die Petentin.

Regelung im Rahmen von Ermessensvorschriften

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Edgar Franke, hielt dem entgegen, dass das Risiko einer Übertragung des Virus an Dritte durch die Impfung gesenkt werde. Was die Nebenwirkungen angeht, so könne auf den Seiten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) dazu alles nachgelesen werden.

Franke sagte weiter, die Länder würden die ab dem 15. März geltende Regelung im Rahmen von Ermessensvorschriften umsetzen. Die Einrichtungen meldeten die ungeimpften Mitarbeiter an die jeweiligen Gesundheitsämter. Dort werde dann entschieden, ob und an welcher Stelle die Mitarbeiter eingesetzt werden können. „Das ist Sache der Länder“, betonte der Staatssekretär. Die ungeimpften Mitarbeiter würden von den Gesundheitsämtern angehört. Zudem soll es Übergangsfristen geben, „also eine Art Bedenkzeit, ob sie sich nicht doch noch impfen lassen wollen“, sagte Franke. Vorgesehen seien auch Umsetzungsangebote an die Mitarbeiter. Erst dann könne über Beschäftigungsverbote gesprochen werden. „Das wird nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit sorgfältig geprüft“, kündigte er an.

Wie viele Mitarbeiter aus der Behindertenhilfe, aus Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser infolge der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aus dem Job gehen könnten, vermochte der Regierungsvertreter nicht zu sagen. Das wäre reine Spekulation, weil dem BMG dazu keine Daten vorlägen. Auch die Länder könnten dazu nur ganz begrenzt Aussagen treffen, sagte Franke. (hau/14.03.2022)