Acht Oppositionsanträge zur Rüstungsexportpolitik debattiert
Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 14. November 2019, mit acht Oppositionsanträgen zur Rüstungsexportpolitik. Erstmals berieten die Abgeordneten über einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Lücken bei der Rüstungskontrolle schließen – Kontrollpflicht für die technische Unterstützung von Rüstungsproduktion erweitern, Rüstungskontrolle auch bei kritischen Unternehmenserwerben und -beteiligungen im Ausland einführen“ (19/14917), der federführend im Wirtschaftsausschuss beraten wird. Die Antragsteller wollten die Federführung beim Auswärtigen Ausschuss, konnten sich gegen die Mehrheit der übrigen Fraktionen in der Abstimmung aber nicht durchsetzen.
Weitere Oppositionsanträge
Erstmals beraten wurden auch ein erster Antrag der Linksfraktion „Militärische Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien umgehend beenden“ (19/11236) sowie zweiter Linken-Antrag mit dem Titel „Weitere Aufrüstung Algeriens stoppen“ (19/10291), ein dritter Antrag der Linken mit dem Titel „Rüstungsexportkontrollen nicht aushebeln – Keinen Missbrauch der europäischen Friedensidee“ (19/15048), ein Antrag der FDP mit dem Titel „Systematisches Wissen über die Folgen von Rüstungsexporten erarbeiten – Deutscher Rüstungsexportpolitik einen Kompass geben“ (19/7457) und ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen für ein „Deutsch-Französisches Abkommen im Rüstungsbereich – Einschränkungen der deutschen Exportkontrolle verhindern“ (19/15077).
Alle diese Anträge werden federführend im Wirtschaftsausschuss beraten. Bei drei Anträgen (19/10291, 19/15048, 19/15077) hatten die Antragsteller die Federführung beim Auswärtigen Ausschuss verlangt, konnten sich in der Abstimmung aber nicht gegen die Mehrheit der übrigen Fraktionen durchsetzen.
Gemeinsamer Antrag der Linken und Grünen
Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stellen zwei Regelungslücken im System der deutschen Rüstungsexportkontrolle fest. Diese beträfen zum einen den Export von technischer Unterstützung, zum anderen die Kontrollmöglichkeiten im Fall von Investitionen deutscher Rüstungsunternehmen in ausländische Rüstungsunternehmen. Deutsche Rüstungsunternehmen könnten ohne Genehmigung im Ausland wirtschaftlich tätig sein, Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter entwickeln und produzieren und damit die Rüstungsexportkontrollpolitik der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union unterlaufen.
Die Fraktionen fordern die Bundesregierung auf, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) dahingehend zu ändern, dass der Genehmigungsvorbehalt für die technische Unterstützung in Drittländern über die in den Paragrafen 49 und 50 der AWV genannten Fälle hinaus für alle Fälle einer militärischen Endverwendung gilt. Auch müsse eine Prüfung im Sinne der Paragrafen 55 und 56 der AWV durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie für eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung eines inländischen Unternehmens an einem ausländischen Rüstungsunternehmen stattfinden. Falls notwendig, sei dafür eine Ermächtigungsgrundlage im AWG zu schaffen.
Erster Antrag der Linken
Die Linke fordert die Bundesregierung auf, die militärische Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien umgehend zu beenden (19/11235). Das Land sei nicht nur eine der führenden Parteien im Jemen-Krieg, die Menschenrechtslage im Königreich stelle sich weiter als überaus prekär dar, schreiben die Abgeordneten.
Die Ausbildung saudischer Offiziere, „bei denen man davon ausgehen muss, dass sie ihr Wissen ebenfalls für die Unterdrückung der Menschenrechte und für den Krieg im Jemen einsetzen werden, muss sofort eingestellt werden“, heißt es in dem Antrag. Die Bundesregierung solle aufgefordert werden, das 2017 geschlossene Abkommen mit dem Königreich Saudi-Arabien zur Ausbildung saudischer Offiziere in Deutschland umgehend und mit sofortiger Wirkung aufzukündigen.
Zweiter Antrag der Linken
Die Fraktion Die Linke wendet sich in ihrem zweiten Antrag (19/10291) gegen die weitere Aufrüstung Algeriens. Darin fordert sie die Bundesregierung auf, „keine Genehmigungen für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Algerien mehr zu erteilen, sowie umgehend alle diesbezüglich bereits erteilten Genehmigungen unverzüglich zu widerrufen“. Das nordafrikanische Land befinde sich in einem politischen Umbruch.
Noch sei unklar, welche Kräfte sich bei Wahlen nach dem Rücktritt von Präsident Abdelaziz Bouteflika durchsetzen werden und wie die Rolle des algerischen Militärs sein wird. Algerien sei seit Jahren einer der besten Abnehmer deutscher Rüstungsexporte, obwohl es weder Nato- noch EU-Mitglied ist, schreiben die Abgeordneten.
Dritter Antrag der Linken
In ihrem dritten Antrag (19/15048) fordert Die Linke die Bundesregierung auf, sich mit der französischen Regierung auf europäischer EU-Ebene für einen generellen Stopp aller Rüstungsexporte einzusetzen. Die Rüstungsexporte in Konfliktgebiete und an Staaten mit hoch problematischer Menschenrechtslage und Kriegsparteien im Jemen, wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten, sollten sofort gestoppt und bei diesen Staaten auch keine neuen Genehmigungen mehr erteilt werden.
Angesichts des „völkerrechtswidrigen Einmarsches“ und der Menschenrechtslage in der Türkei sollten keine Genehmigungen für Rüstungsexporte in die Türkei mehr erteilt werden, heißt es in dem Antrag. Die erteilten Genehmigungen seien zu widerrufen und tatsächliche Ausfuhren umgehend einzustellen. Bei der französischen Regierung solle sich die Bundesregierung dafür einsetzen, diesem Beispiel zu folgen.
Antrag der FDP
Die Debatten um die Folgen von rüstungsexportpolitischen Entscheidungen sollten nach Ansicht der FDP-Fraktion (19/7457) auf eine fundiertere Wissensgrundlage gestellt werden. Daher fordern die Abgeordneten in einem Antrag, systematisches Wissen über die Folgen von Rüstung und Rüstungsexporten zu erlangen. „Die Entscheidungsfähigkeit Deutschlands muss bei diesem Thema auf eine tragfähige Wissensgrundlage gestellt werden“, schreiben die Abgeordneten.
Sie plädieren für ein Forschungsprogramm, das Rüstungsexporte und seine Folgen aus außenpolitischer, sicherheitspolitischer, volkswirtschaftlicher und technologischer Sicht betrachtet. Außerdem gehe es um eine Länder- und Regionalstrategie, die nach Sicherheitslage und -interessen differenziert ist. Damit könnten Rüstungsexporte explizit als Mittel politischer Einflussnahme sinnvoll in die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik integriert werden, so die Abgeordneten.
Antrag der Grünen
Die Grünen fordern in ihem Antrag (19/15077), klarzustellen, dass die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern ohne Abstriche weiterhin gelten, auch bei regierungsseitigen Gemeinschaftsprojekten oder bei industrieller Zusammenarbeit mit französischen Partnern. Dem Bundestag solle die Regierung ihre Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in Form eines Rüstungsexportkontrollgesetzes vorlegen.
Darüber hinaus müsse sich die Regierung für eine einheitliche und strenge Auslegung des Gemeinsamen Standpunktes des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern einsetzen. Bei Verstößen sollten Sanktionsmöglichkeiten durch ein europäisches Aufsichtsorgan gewährleistet sein.
Zwei Anträge der Linken abgelehnt
Abgelehnt wurden zwei weitere Anträge der Linken mit den Titeln „Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Ägypten stoppen“ (19/10152) und „Keine Waffen an Konfliktparteien – Rüstungsexporte an Indien und Pakistan stoppen“ (19/14151). Dazu lag eine Beschlussempfehlung der Wirtschaftsausschusses vor (19/15165).
Beide Anträge lehnten CDU/CSU, SPD und FDP ab, die Linksfraktion und die Grünen stimmten ihm zu, die AfD enthielt sich.
Linken-Antrag zu Ägypten
Im ersten abgelehnten Antrag mit dem Titel „Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Ägypten stoppen“ (19/10152) forderte die Fraktion, keine Kriegswaffen oder weitere Rüstungsgüter nach Ägypten zu liefern. In dem Land gehe der frühere Armeechef Abdel Fattah al-Sisi seit Jahren gegen Kritiker und Oppositionelle vor, erklären die Abgeordneten in einem Antrag. Es komme zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, auch sei die Zahl der verhängten Todesurteile in den vergangenen zwei Jahren drastisch angestiegen.
Außerdem beteilige sich Ägypten am Jemen-Krieg. Daher dürfe die Bundesregierung keine Genehmigungen für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Ägypten mehr erteilen. Zudem müssten alle bisher erteilten Genehmigungen unverzüglich widerrufen werden.
Linken-Antrag zu Indien und Pakistan
Der zweite abgelehnte Antrag der Linksfraktion trug den Titel „Keine Waffen an Konfliktparteien – Rüstungsexporte an Indien und Pakistan stoppen“ (19/14151). Darin forderte die Fraktion, die Bundesregierung dürfe keine Genehmigungen für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Indien und Pakistan mehr erteilen.
Zur Begründung heißt es unter anderem, der Konflikt zwischen den Atommächten Indien und Pakistan sei in den letzten Wochen eskaliert. Wegen der fragilen Lage müssten Waffenlieferungen umgehend eingestellt werden. (ahe/pez/sas/14.11.2019)