Bundestag stellt Fortbestehen epidemischer Lage von nationaler Tragweite fest
Der Bundestag hat am Freitag, 11. Juni 2021, das Fortbestehen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite für weitere drei Monate festgestellt. Einen entsprechenden Antrag von CDU/CSU und SPD (19/30398) nahm er in namentlicher Abstimmung mit 375 Stimmen bei 218 Gegenstimmen und sechs Enthaltungen an. Der Bundestag hatte zuletzt am 4. März 2021 das Fortbestehen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite festgestellt.
Antrag von CDU/CSU und SPD
Auch wenn die Zahl der Covid-19-Fälle und die damit verbundenen Todesfälle in Deutschland und Europa stark zurückgingen, bestehe die Infektionsgefahr fort, heißt es im angenommenen Antrag der Koalitionsfraktionen (19/30398). Es ist die vierte Verlängerung. Erstmals hatte der Bundestag am 25. März 2020 die epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt, die dem Bund besondere Befugnisse nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) gibt, etwa zum Erlass von Rechtsverordnungen und Anordnungen. Die epidemische Lage wurde am 18. November 2020 sowie am 4. März 2021 verlängert.
Mit einer Gesetzesänderung im März 2021 billigte das Parlament zugleich einen Gesetzentwurf, demzufolge der Bundestag spätestens drei Monate nach Feststellung der epidemischen Lage deren Fortbestehen feststellen muss, ansonsten gilt die Lage als aufgehoben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe im Mai deutlich gemacht, dass die derzeit erreichten Fortschritte fragil seien, heißt es in der Begründung für den Antrag. Die pandemische Lage werde noch verschärft durch das Auftreten neuer Virusvarianten. Denkbar sei, dass künftige Varianten eine verringerte Sensitivität gegenüber den gebräuchlichen Impfstoffen hätten, sogenannte Escape-Mutationen.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) schätze die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung trotz der bestehenden Auflagen zur Eindämmung des Coronavirus als hoch ein. Die Risikobewertung sei am 1. Juni 2021 von „sehr hoch“ auf „hoch“ angepasst worden. Nach wie vor bestehe das vorrangige Ziel darin, mit geeigneten Schutzvorkehrungen die Gefahr für die öffentliche Gesundheit zu reduzieren und eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.
Oppositionsanträge abgelehnt
Bei Enthaltung der Linken lehnte der Bundestag einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Epidemische Lage von nationaler Tragweite geordnet beenden – Bevölkerung weiter schützen, Parlamentsrechte wahren“ (19/30395).
Ein Antrag der Grünen mit dem Titel „Verantwortungsvoller Ausstieg aus dem Pandemie-Sonderrecht – Regelungsdurcheinander auflösen, Infektionsschutzrecht rechtsstaatlich und zukunftssicher novellieren“ (19/30401) wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und AfD abgelehnt. Die Linke stimmte mit den Grünen dafür, die FDP enthielt sich.
Antrag der FDP
Die FDP hatte in ihrem Antrag (19/30395) eine „geordnete Beendigung“ der epidemischen Lage und eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gefordert. So müsse sichergestellt werden, dass Anordnungen und Verordnungen, die an die epidemische Lage anknüpften, weiter gälten oder in eine Gesetzesform überführt würden, wenn sie notwendig seien, um die Pandemie effektiv zu bekämpfen.
Nötig sei eine abgestufte Rechtsgrundlage, die auch ohne das Vorliegen einer epidemischen Lage angemessene Maßnahmen gegen die Weiterverbreitung des Coronavirus ermögliche, insbesondere als Reaktion auf lokale Ausbrüche.
Antrag der Grünen
Die Grünen forderten in ihrem Antrag (19/30401) einen verantwortungsvollen Ausstieg aus dem Pandemie-Sonderrecht. Mittlerweile knüpften zahlreiche gesetzliche Regelungen in mehr als einem Dutzend Gesetzen an das Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite an, hieß es in ihrem abgelehnten Antrag (19/30401). Die Zahl der auf Grundlage dieser gesetzlichen Regelungen ergangenen Verordnung liege noch darüber. Zahlreiche Regelungsbefugnisse seien mit der Feststellung der epidemischen Lage verknüpft, obwohl ein Bedarf dafür auch bei Wegfall einer ernsthaften Bedrohung für die öffentliche Gesundheit anzunehmen sei.
Die Abgeordneten forderten die Bundesregierung unter anderem dazu auf, alle bundesrechtlichen Regelungen, die an das Bestehen der epidemischen Lage anknüpfen, daraufhin zu überprüfen, ob sie auslaufen können oder fortgelten sollten. Dem Bundestag sollte diese Evaluation mit einem Vorschlag für gesetzgeberische Anpassungen vorgelegt werden. (vom/ste/11.06.2021)