Der Bundestag hat am Donnerstag, 15. April 2021, über den Mindestlohn debattiert und einen dazu von der Fraktion Die Linke eingebrachten Antrag beraten. Die Vorlage mit dem Titel „Evaluierung des Mindestlohngesetzes zur Stärkung der Beschäftigtenrechte nutzen“ (19/27319) wurde im Anschluss an die einstündige Debatte zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.
Über einen weiteren Antrag der Linksfraktion, mit dem sie den „gesetzlichen Mindestlohn in einmaligem Schritt auf zwölf Euro erhöhen“ wollte (19/20030), stimmten die Abgeordneten ab. Er fand – ebenso wie ein Antrag der Grünen zur Erhöhung des Mindestlohns (19/22554) – keine Mehrheit. Während CDU/CSU, SPD, FDP und AfD beide Vorlagen geschlossen ablehnten, enthielten sich Linke und Grüne bei der Abstimmung über die Initiative der jeweils anderen Fraktion. Die Abgeordneten folgten damit den Beschlussempfehlungen, die der Ausschusses für Arbeit und Soziales (19/22296, 19/28481) dazu abgegeben hatte.
Linke: Niedriglöhne nicht vom Himmel gefallen
Susanne Ferschl (Die Linke) ließ das Argument einer politischen Lohnfestsetzung nicht gelten. Denn: „Dass Menschen von ihren Löhnen nicht leben können, ist eine Folge politischer Entscheidungen in diesem Haus. Niedriglöhne sind schließlich nicht vom Himmel gefallen, sondern erst die Deregulierung des Arbeitsmarktes hat die Gewerkschaften und Beschäftigten geschwächt.“
Deswegen sei auch die Tarifbindung überhaupt erst in den freien Fall gekommen und ein gesetzlicher Mindestlohn überhaupt nötig geworden, betonte Ferschl.
Grüne: Mindestlohnkommission braucht mehr Felxibilität
Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, eine Erhöhung des Mindestlohns sei nötig, weil dieser sehr niedrig gestartet sei. „Nun ist es Zeit, Millionen von Beschäftigten, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, über die Armutsschwelle zu heben.“
Die Mindestlohnkommission brauche mehr Flexibilität, um sich bei der Anpassung des Mindestlohns nicht nur an der Tarifentwicklung zu orientieren. Sie forderte darüber hinaus, sich auch auf eine Stärkung der Tarifbindung zu konzentrieren.
CDU/CSU: Keine Lohndrückerei
Peter Weiß (CDU/CSU) betonte: „Lohndumping passt nicht zu einer sozialen Marktwirtschaft“, Konkurrenz zwischen Unternehmen dürfe nicht über Lohndrückerei ausgetragen werden. Zum Erfolg der sozialen Marktwirtschaft gehöre aber auch eine starke Position von Tarifpartnern, und dies komme in der Mindestlohnkommission zum Ausdruck.
„Die Anträge von Grünen und Linken sind nichts anderes als der Versuch, die Mindestlohnkommission auszutricksen und politisch einen Mindestlohn festzulegen“, sagte Weiß. Er wies die Auffassung strikt zurück, wonach die Kommission nicht frei in ihren Entscheidungen sei.
SPD: Kommission braucht mehr Spielraum
Es sei an der Zeit für eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, befand dagegen Bernd Rützel (SPD). „In der Pandemie haben wir doch gesehen, dass bei jenen, auf die es ankommt, am wenigsten ankommt. Das ist ein Problem und deswegen müssen wir handeln“, bekräftigte er.
Natürlich gehöre die Entscheidung prinzipiell in die Mindestlohnkommission. Aber nach sieben Jahren Mindestlohnkommission habe sich der Mindestlohn gerade einmal um einen Euro pro Stunde erhöht. Die Kommission brauche deshalb mehr Spielraum, aber in diesem Punkt komme man mit der Union nicht mehr zusammen, so Rützel.
AfD: Forderungen erhöhen Kosten dramatisch
Uwe Witt (AfD) betonte, seine Fraktion lehne die „unausgereiften“ Anträge komplett ab. Denn diese Forderungen sorgten nicht nur für einen massiven Stellenabbau, sondern auch für unbezahlbare Dienstleistungen.
Gerade für kleine mittelständische Unternehmen würden sich die Kosten dramatisch erhöhen, während gleichzeitig bei den Beschäftigten nur eine minimale Erhöhung im Portemonnaie lande. Das Hauptproblem in Deutschland seien dagegen die höchste Abgabenlast der Welt und viel zu hohe Steuern, sagte Witt.
FDP: Deutscher Mindestlohn ist ein Erfolg
Carl-Julius Cronenberg (FDP) lobte: „Der deutsche Mindestlohn ist ein Erfolg.“ Dies aber nur deshalb, weil sich die Politik nach dem Startschuss herausgehalten und alles weitere der Mindestlohnkommission überlassen habe.
In „sozialromantischer Absicht“ wollten Grüne und Linke nun diese Leitplanken einreißen. Der Liberale betonte, dass sich die Armut seit 2005 halbiert habe und nicht der intervenierende Staat, sondern Arbeit und Aufstieg vor Armut schütze.
Neuer Antrag der Linken
Die Fraktion Die Linke fordert, die Evaluierung des Mindestlohngesetzes zur Stärkung der Beschäftigtenrechte zu nutzen. In ihrem ersten Antrag (19/27319) kritisiert sie, dass fünf Jahre nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland dieser weder armutsfest noch existenzsichernd sei.
Der Mindestlohn müsse sich an der Schwelle von 60 Prozent des nationalen Medianlohns orientieren, schreiben die Abgeordneten und verweisen darauf, dass auch die Mindestlohnkommission Defizite bei der Umsetzung der Vorschriften des Mindestlohngesetzes beobachtet habe.
Abgelehnter Antrag der Linken
In ihrem abgelehnten Antrag (19/20030) verlangte die Linksfraktion, den gesetzlichen Mindestlohn in einem einmaligen Schritt auf zwölf Euro je Stunde zu erhöhen. Dies sei nötig, um einen angemessenen Mindestschutz der Beschäftigten zu erreichen und faire Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen. Die 12-Euro-Forderung orientiere sich an der sogenannten Armutsgefährdungsgrenze (60 Prozent des Medianlohns).
Die einmalige Erhöhung würde den Mindestlohn nicht nur armutsfest und existenzsichernd machen, sie würde gleichzeitig auch die Tarifbindung stärken, schrieb die Fraktion. Neben der Forderung, den Mindestlohn zum 1. Januar 2012 auf zwölf Euro anzuheben, verlangte Die Linke außerdem, den Anpassungsmechanismus im Mindestlohngesetz so zu ändern, dass der gesetzliche Mindestlohn künftig einmal jährlich erhöht wird.
Abgelehnter Antrag der Grünen
Auch die Grünen forderten die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass der gesetzliche Mindestlohn innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren unter Berücksichtigung der Betroffenheit durch die Corona-Pandemie auf zwölf Euro pro Stunde erhöht wird. Darüber hinaus sollte die Erhöhung des Mindestlohns aber Aufgabe der Mindestlohnkommission bleiben, gleichzeitig sollte aber das Mindestlohngesetz reformiert werden. Damit sollte wiederum unter anderem erreicht werden, dass die Ziele bei der Gesamtabwägung zur Erhöhung des Mindestlohns im Mindestlohngesetzes dahingehend ergänzt werden, dass der Mindestlohn vor Armut schützt, hieß es in der Vorlage.
Außerdem sollte die Kommission künftig beschließen können, dass der Mindestlohn mindestens der Tarifentwicklung folgt und darüber hinaus auch relativ steigen kann. Die Grünen forderten weiter, die Kontrollen des Mindestlohngesetzes deutlich zu verbessern und eine Dokumentation der Arbeitszeit gemäß eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs umzusetzen. (che/hau/15.04.2021)