Kleine und große Gäste feiern 75. Geburtstag des Bundestages
Die Bundesrepublik Deutschland feiert ihren 75. Geburtstag und das Parlament feiert mit! Im Namen aller Abgeordneten hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am Samstag, 7. September 2024, den Tag der Ein- und Ausblicke des Deutschen Bundestages vor zahlreichen Gästen im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes mit einem „herzlichen Willkommen“ eröffnet. „Der exakte Geburtstag des Deutschen Bundestages ist heute“, sagte Bärbel Bas und erinnerte daran, dass vor 75 Jahren Paul Löbe als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des ersten Deutschen Bundestages am 7. September 1949 in Bonn eröffnet hat. „Umso mehr freue ich mich, dass Sie alle hier mit uns diesen Tag feiern. Denn: Es ist Ihr Parlament!“, sagte die Parlamentspräsidentin.
Bas betonte, dass es eine Besonderheit sei, den Tag der Ein- und Ausblicke in diesem Jahr im Plenarsaal zu eröffnen: „Zum ersten Mal haben wir den Plenarsaal für den Tag der Ein- und Ausblicke geöffnet. Sonst können Sie all das hier nur von der Besuchertribüne aus ansehen. Tatsächlich stehen Sie aber in der Herzkammer Ihrer Demokratie!“
Dass zudem zahlreiche Abgeordnete an diesem Tag vor Ort seien, biete die Gelegenheit für Gespräche. „Nehmen Sie viele Einrücke mit – Ausblicke, aber auch Einblicke: vor allem auch durch die Diskussionen mit Abgeordneten“, rief die Parlamentspräsidentin die Besucher zum Austausch mit der Politik auf. „Diese Kontakte sind für uns der Sauerstoff, der unsere Demokratie lebendig macht!“
Urschrift des Grundgesetzes
Die Bundestagspräsidentin kam als Gastgeberin auf ihrem Rundgang den ganzen Tag über, ebenso wie zahlreiche andere Abgeordnete, ins Gespräch mit Besucherinnen und Besuchern. „Es ist für jeden etwas dabei“, sagte Bas angesichts der Fülle an Einblicken und Angeboten. Viele Bereiche des Hauses stünden heute offen, die Arbeitsweise des Parlaments werde anschaulich erklärt, die Architektur und Kunst des Hauses lasse sich bestaunen, und man könne mit Abgeordneten ins Gespräch kommen.
Ausnahmsweise zeige man zudem die Urschrift des Grundgesetzes. „Dass dieses Originalstück heute noch einmal der Öffentlichkeit präsentiert wird, ist etwas ganz Besonderes“, sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas: „Die Archivare halten immer den Atem an, wenn ich es zur Vereidigung des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten in meinen vor Aufregung feuchten Händen halte.“ Normalerweise werde die Urschrift gut gesichert in einem klimatisierten Safe aufbewahrt und dürfe aus konservatorischen Gründen nicht allzu oft ans Tageslicht kommen.
Den Höhepunkt und zugleich Abschluss dieses Jubiläumsjahres bildeten anlässlich des 75. Jahrestages des ersten Zusammentritts des ersten Deutschen Bundestages ein Bürgerfest in Verbindung mit dem Tag der Ein- und Ausblicke. Auf dem Friedrich-Ebert-Platz, im Außenbereich des Paul-Löbe-Hauses sowie am Spreeufer nahm sich das Bürgerfest am 6. und 7. September 2024 der 75-jährigen Geschichte der „Bonner“ und der „Berliner“ Republik an.
Magwas eröffnet Bürgerfest
„Lassen Sie uns gemeinsam feiern“, begrüßte Bundestagvizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU/CSU) bereits am Freitag, 6. September 2024, die ersten Besucherinnen und Besucher des zweitägigen Bürgerfestes. „75 Jahre Grundgesetz, 75 Jahre Deutscher Bundestag – es ist ein großer Geburtstag: Schön, dass wir das gemeinsam feiern können“, sagte sie vor der zentralen Festbühne neben dem Parlamentsgebäude, auf der sich am Freitag und am Samstag ab 10 Uhr ein buntes Programm abspielte und wo sich trotz sommerlicher Hitze am Nachmittag bereits etwa einhundert Menschen eingefunden hatten. „Seien Sie willkommen und kommen Sie wieder! Es ist vor allem auch Ihr Fest! Auf ein tolles Festwochenende!“
„Gemeinsam unsere Demokratie feiern“
An diesen beiden Tagen „wollen wir unsere Demokratie und unser Parlament gemeinsam feiern“, schlug Magwas die Brücke zwischen der Volksvertretung und den Bürgerinnen und Bürgern: „Sie sind diejenigen, die unser Land ausmachen, die unser Parlament immer wieder mitbestimmen.“
Im Parlament spiegele sich die Lebenswirklichkeit der Gesellschaft, hier werde an den großen Themen gearbeitet, so die Vizepräsidentin weiter. Durch Menschen aus allen Regionen des Landes, die sich zur Wahl stellen. Seit 34 Jahren sei der Bundestag gesamtdeutsch. Seit 25 Jahren habe das Parlament seinen Sitz nun in Berlin. Um die Bürgerinnen und Bürger noch besser in die Parlamentsarbeit einzubeziehen, habe man zu den bewegenden und brennenden Fragen Bürgerräte geschaffen.
„Demokratie lebt vom Mitmachen“
„Demokratie lebt vom Mitmachen, vom Engagement und von der Zivilcourage der Bürgerinnen und Bürger“, unterstrich Magwas zudem die Leistung von Millionen von Engagierten und Ehrenamtlichen und rief, von spontanem Applaus quittiert: „Danke, dass Sie dabei sind und sich für unsere Demokratie, für unser Land stark machen. Es braucht Sie!“
Die Demokratie lebe aber auch von einer von Respekt vor der anderen Meinung getragenen Debatte. In diesem Sinne bleibe der Deutsche Bundestag für alle in diesem Land erreichbar, suche den Austausch: „Wir wollen im Gespräch bleiben.“ Dass das keine leeren Worte sind, davon konnten sich die Besucherinnen und Besucher unmittelbar im Anschluss an die Eröffnungsrede überzeugen, als die Bundestagsvizepräsidentin und zahlreiche weitere Mitglieder des Bundestages Interessierten im „Meet and Greet“-Zelt Rede und Antwort standen.
Geburtstagstorte und Mitsingkonzert
Eine lange Menschenschlange bildete sich am Nachmittag vor dem „Meet and Greet“-Zelt, wo Bundestagspräsidentin Bärbel Bas um kurz nach drei Uhr die Geburtstagstorte anschnitt und ausgerüstet mit anthrazitfarbener Bundestagsschürze und Servierbesteck so einige Stücke persönlich an Besucherinnen und Besucher verteilte. Ein kleines Mädchen machte den Anfang. Wer von den Erwachsenen wollte, bekam dazu einen Pott Kaffee im 75-Jahre-Jubiläums-Keramikbecher. Abgelöst wurde die Hausherrin später durch die Bäckerin und Konditorin, die den Rest der gut einen Quadratmeter in Länge und Breite messenden und fast 20 Zentimeter hohen Sahne-Obst-Torte an hungrige Besucher ausgeben konnte.
Nicht etwa im Bundestag, sondern in ihrem nah gelegenen Geschäft sei das mit jahreszeitlichen Früchten gefüllte und verzierte Stück zubereitet worden, so die Konditorin. Aufschrift im Schokoguss: „Demokratie lebendig“, und auf der mit feinen Linien angedeuteten Kuppel: „75 Jahre“. Das Ganze mit dunklen, roten und vergoldeten Beeren verziert. Die Leute ließen es sich, wie bei einem echten Volksfest, schmecken und kamen so bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch mit Gastgeberin Bärbel Bas.
Den Abschluss der Jubiläumsveranstaltung bildete am Samstagabend ein 70-minütiges Mitsingkonzert „Sing dela Sing“ mit den am Programm beteiligten Künstlern. Dazu zählten Ferdis Drehorgel-Orchester aus Duisburg und der Shanty-Chor „De Tampentrekker“ aus Hamburg. Nach dem Konzert bildete die Großbildprojektion am Marie-Elisabeth-Lüders-Haus den Abschluss aller Jubiläumsveranstaltungen.
Programm des Tags der Ein- und Ausblicke
Das Reichstagsgebäude stand den Besuchern vom Plenarsaal- über die Besucherebene bis zur Kuppel offen. Besichtigt werden konnten zudem die Abgeordnetenlobby, der Andachtsraum und die kyrillischen Inschriften. In der Abgeordnetenlobby auf der Plenarsaalebene konnte die Volkskammer-Ausstellung „180 Tage, 164 Gesetze, 93 Beschlüsse zur Wiedervereinigung, 30 Jahre freie Wahlen zur Volkskammer“ besichtigt werden. In einer Podiumsdiskussion widmeten sich die zwei ostdeutschen Bundestagsvizepräsidentinnen Yvonne Magwas (CDU/CSU) und Petra Pau (Die Linke) den Erfahrungen, Herausforderungen und Perspektiven „35 Jahre nach der Friedlichen Revolution“.
Im Paul-Löbe-Haus präsentierten sich neben der Bundestagsverwaltung und den parlamentarischen Ausschüssen die Fraktionen und Gruppen. Auf der Bühne im Paul-Löbe-Haus fanden verschiedene Podiumsdiskussionen von Abgeordneten statt. Interessierte Besucherinnen und Besucher konnten sich mit der Arbeit des Haushaltsausschusses vertraut machen und Fragen zu dem Thema „Wie werden unsere Steuergelder verteilt?“ stellen. Es folgten Gesprächsrunden zur „EU-Erweiterung und -Reformen“ und zum Thema „Erkenntnis – Innovation – Transformation: Wissenschaft in der Politik“. Auch die Herausforderungen des Gesundheitssystems wurden besprochen unter dem Aspekt „Gesundheit: Gute Versorgung in Stadt und Land, stationär wie ambulant“.
Vorgestellt wurde zudem die Arbeit des Petitionsausschusses, der es jeder Person durch Eingaben ermöglicht, Bitten und Beschwerden vorzubringen. Danach diskutierte der Afghanistan-Untersuchungsausschuss zum Thema „Welche Verantwortung hatte die Bundesregierung für die dramatischen Umstände der Evakuierung aus Afghanistan? Die Arbeit eines Untersuchungsausschusses“. Den Schlusspunkt setzte der Rechtsausschuss mit dem Thema „Strafrecht im Lichte des Grundgesetzes“. Das Programm endete an beiden Tagen mit der Film- und Lichtprojektion am Reichstagsufer.
Lesung und parlamentarische Nachtschicht
Im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus konnten Gäste der Lesung mit der Co-Autorin Helene Bukowski aus dem Buch „Der nächste Redner ist eine Dame“ über die ersten weiblichen Abgeordneten des Bundestages folgen. Das Buch enthält neben einem Vorwort von Bundestagspräsidentin Bas Beiträge von Helene Bukowski, Julia Franck, Shelly Kupferberg, Terézia Mora und Juli Zeh.
Auch die Parlamentshistorische Ausstellung im Deutschen Dom am Gendarmenmarkt 1 in Berlin-Mitte hatte mit einem Sonderprogramm eine „parlamentarischen Nachtschicht“ eingelegt. Zu jeder vollen Stunde wurde im nachgebauten Plenarsaal ein Vortrag zum Thema „75 Jahre Deutscher Bundestag/75 Jahre Demokratie lebendig“ präsentiert. Und bis Mitternacht konnte im Rollenspiel „Plenarsitzung“ die Arbeit der Parlamentarier im Plenum nachgespielt und nachempfunden werden. (ll/07.09.2024)