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Staatssicher­heits­inhaftierung: 100 Portrait­aufnahmen 2023 – 2024

Über einer Stuhllehne stehen die Worte Staatssicherheitsinhaftierung - Portrait 1013-2024
Porträtaufnahme einer Frau
Porträtaufnahme eines Mannes
Porträtaufnahme einer Frau
Eine Übersicht von 100 Porträtaufnahmen

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(© André Wagenzik)

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Martina Gefrörer, geboren in Peitz (© André Wagenzik)

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Manfred Krafft, geboren in Dresden (© André Wagenzik)

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Karla Fischer, geboren am 4. Februar 1948 in Wolfen (© André Wagenzik)

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Eine Übersicht der 100 Porträtaufnahmen von politischen Häftlingen der DDR (© André Wagenzik)

Eine Ausstellung über ehemalige politische Häftlinge des Staatssicherheitsdienstes der DDR

9. April bis 7. Mai 2025

In der vierzigjährigen Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) von 1949 bis 1989 inhaftierten die Sicherheitsorgane etwa 250.000 Menschen aus politischen Gründen. Die massenhafte Verfolgung von vermeintlichen und tatsächlichen Gegnern der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) sowie politisch unliebsamen Personen war ein häufig angewendetes Mittel, mit dem die Partei die sozialistische Diktatur gegen Widerstände durchsetzte, stabilisierte und sicherte. 

In den Haftanstalten der DDR wurde schweres Unrecht begangen. In den 16 Untersuchungsgefängnissen, die das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) betrieb, waren die politischen Häftlinge Willkür und unmenschlichen Haftbedingungen ausgeliefert. Seit den 1950er Jahren griff die Geheimpolizei anfänglich noch auf physische, später jedoch zunehmend auf psychische Gewalt zurück, um den Widerstand der Inhaftierten systematisch zu brechen. Die Häftlinge wurden deshalb auch nicht mit ihrem Namen angesprochen, sondern lediglich mit ihrer Zellennummer, um ihre Identität zu entwerten und sie ihrer Würde zu berauben.

Doch zu jeder Person, die von der Staatssicherheit inhaftiert wurde, gibt es ein Gesicht. Jeder Name steht für eine bewegende Geschichte:

André Wagenzik gehörte zu diesen politischen Häftlingen. Seine Biografie steht stellvertretend für viele Schicksale: Im August 1983 verhaftete ihn das MfS in seiner Ost-Berliner Wohnung. Er wurde im Dezember zu einer Gefängnisstrafe von zehn Monaten verurteilt (§ 214, StGB-DDR: Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit). Die Hälfte seiner Haftzeit als politischer Häftling verbrachte er in der Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in der Kissingenstraße in Berlin-Pankow, die übrigen Monate in der Strafvollzugseinrichtung Naumburg. Dort musste er gemeinsam mit kriminellen Mithäftlingen Zwangsarbeit leisten. Im April 1984, seine Haftzeit betrug 223 Tage, wurde er im Rahmen eines Häftlingsfreikaufs aus der DDR-Staatsbürgerschaft entlassen, zog ins damalige West-Berlin und begann ein Fachstudium als Fototechniker. „Damit endete der lange Weg meines von unzähligen Ausreiseanträgen begleiteten Weggangs aus der DDR“, erinnert sich André Wagenzik. Seit 1992 ist er als freier Fotograf in Berlin tätig.

Im 35. Jahr der Deutschen Einheit präsentiert André Wagenzik die Portraits von 100 ehemaligen politischen Häftlingen der DDR. Es sind ähnlich harte Schicksalsschläge, die alle miteinander verbinden: Stasi-Willkür, politisch motivierte Unrechtsurteile, langjährige Haftstrafen, Zwangsarbeit unter unmenschlichen Bedingungen, Zersetzung und gebrochene Lebensläufe. Die Menschenrechte und -würde dieser Inhaftierten wurden fundamental verletzt. Menschen, die die Politik der SED ablehnten, die die DDR verlassen wollten, die sich ein selbstbestimmtes Leben wünschten, denen Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat wichtig waren, wurden gezielt kriminalisiert und zu Verbrechern abgestempelt.

Diese 100 ehemaligen politischen Gefangenen gehören zu den Betroffenen des Unrechts, dass die SED und ihre Geheimpolizei mit einer scheinjuristischen Fassade zu kaschieren versuchten. Nach außen hin sollten Demokratie und die Einhaltung des internationalen Rechts simuliert werden. Tatsächlich schuf sich die SED immer mehr Straftatbestände, auf deren Grundlage das MfS die Untersuchungen führte, bevor es die Verfahren an die Justizorgane zur Aburteilung weiterreichte. Die Gerichte begründeten ihre Urteile meist mit den folgenden Paragrafen des DDR-Strafgesetzbuches: § 96 „Hochverrat“, § 97 „Spionage“, § 98 „Ungesetzliche Sammlung von Nachrichten“, § 99 „Landesverräterische Nachrichtenübermittlung“, § 100 „Staatsfeindliche Verbindungen“, § 105 „Staatsfeindlicher Menschenhandel“, § 106 „Staatsfeindliche Hetze“, § 213 „Ungesetzlicher Grenzübertritt“, § 219 „Ungesetzliche Verbindungsaufnahme“, § 220 „Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung“, § 245, 246 „Geheimnisverrat“, § 256 „Wehrdienstentziehung/-verweigerung“ - um nur einige zu nennen. Keines der in DDR geführten politischen Strafverfahren genügte rechtsstaatlichen Standards. Nach den Entscheidungen der Gerichte gelangten die Verurteilten in den Strafvollzug – eine weitere tragende Säule der SED-Diktatur, um politisch Andersdenkende zu disziplinieren und zu isolieren.

Ein Teil der aus politischen Gründen Inhaftierten wurde durch die Bundesrepublik Deutschland ab 1963 freigekauft. Bis 1989 kamen auf diesem Weg mehr als 33.000 Inhaftierte frei. Im Gegenzug erhielt das SED-Regime ca. 3,5 Milliarden D-Mark. Für die DDR war der Verkauf politischer Gefangener eine erhebliche Einnahmequelle. Zahlreiche Inhaftierte wurden aber auch in die DDR entlassen und mussten danach mit ihren traumatischen Erlebnissen in der sozialistischen Diktatur weiterleben.

Viele der Betroffenen leiden bis heute unter dem Geschehenen und kämpfen um eine angemessene Wiedergutmachung. Einige können das Erlebte im Alltag nur bewältigen, weil sie medizinische Betreuung in Anspruch nehmen. 

Ihre Geschichten dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Die Ausstellung würdigt die politischen Häftlinge der DDR und stärkt die Erinnerungskultur in der Bundesrepublik Deutschland: 

„Im Herzen unserer heutigen Demokratie die Menschen zu zeigen, die für ihren Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung eingesperrt wurden, ist für mich ein ganz wichtiges Signal. Ein Signal, dass wir ihr Schicksal nicht vergessen und ein Signal, dass unsere heutige Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist.“

Evelyn Zupke, SED-Opferbeauftragte beim Deutschen Bundestag

Besuch der Ausstellung

Die Ausstellung wird vom 9. April bis zum 7. Mai 2025 in der Halle des Paul-Löbe-Hauses gezeigt. Sie kann montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr besucht werden.

Öffentliche Führungen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen werden wie folgt angeboten: 

  • Freitag, 11. April, 14 Uhr
  • Mittwoch, 16. April, 14 Uhr
  • Mittwoch, 23. April, 10 Uhr
  • Mittwoch, 30. April, 10 Uhr

Für den Besuch der Ausstellung ist spätestens zwei Werktage vor dem gewünschten Besuchstermin über dieses Anmeldeformular eine Anmeldung notwendig. Aus organisatorischen Gründen ist ein Besuchsbeginn jeweils nur zur vollen Stunde möglich. Spätester Besuchsbeginn ist jeweils 16 Uhr.

Anmeldebestätigungen werden nicht erteilt.

Bitte melden Sie sich zu der gewünschten Uhrzeit über das oben genannte Anmeldeformular an, wenn Sie einen der Führungstermine wahrnehmen möchten.

Bitte beachten Sie:

Die Ausstellung ist über den Westeingang des Paul-Löbe-Hauses, Konrad-Adenauer-Str. 1, 10557 Berlin zugänglich. Bitte finden Sie sich 15 Minuten vor dem Besuchstermin beim Personal der Westpforte ein, damit ausreichend Zeit für die Einlasskontrolle besteht.