05.04.2024 Recht — Antwort auf Große Anfrage — hib 206/2024

Aufarbeitung einer Reform des Sexualstrafrechts

Berlin: (hib/SCR) Der Bundesregierung sind keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu den Auswirkungen des Paragrafen 176 des Strafgesetzbuches in der Fassung von 1973 auf soziale Normen und Verhaltensweisen in der Bevölkerung oder auf staatliches Handeln außerhalb von Strafverfahren bekannt. Auch Untersuchungen zum Anzeigeverhalten in der Folge der Reform sind der Bundesregierung nicht bekannt. Das geht aus ihrer Antwort (20/10868) auf eine Große Anfrage der AfD-Fraktion (20/3405) hervor. Die Fraktion hatte sich darin nach der „Aufarbeitung der 1973 erfolgten Reform des Paragraphen 176 des Strafgesetzbuches und des Umgangs des Bundeskriminalamtes mit dem Phänomen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ erkundigt.

Mit dem Vierten Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 23. November 1973 war seinerzeit das Sexualstrafrecht umfassend reformiert worden. Die AfD-Abgeordneten wiesen in ihrer Anfrage darauf hin, dass damit das Delikt des sexuellen Kindesmissbrauchs vom Verbrechen zum Vergehen herabgestuft worden sei. „Welche Folgen diese Strafrechtsreform mit ihrer Herabstufung des Kindesmissbrauchs vom Verbrechen zum Vergehen (im Grundtatbestand) für den Umgang mit sexuellen Übergriffen auf Kinder in Staat und Gesellschaft und insbesondere für die Strafverfolgung hatte, ist, jedenfalls nach Kenntnis der Fragesteller, bisher unerforscht geblieben“, hieß es in der Großen Anfrage weiter.

In ihrer Antwort distanziert sich die Bundesregierung zudem von Aussagen in Schriften eines Autors und langjährigen Mitarbeiters des Bundeskriminalamtes, die in den 1980er Jahren in der Schriftenreihe der Behörde erschienen waren, zu „gewaltlosen“ Sexualdelikten, insbesondere zu Sexualkontakten zwischen Erwachsenen und Kindern. Die in den Schriften dargelegte Sichtweise sei „vor dem Hintergrund der heute verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Bedeutung psychischer beziehungsweise emotionaler Formen von Gewalt und Manipulation sowie zu den Folgen sexuellen Kindesmissbrauchs entschieden zurückzuweisen“. Sie lehne eine „Bagatellisierung oder gar Legalisierungen von sexuellen Kontakten zwischen Erwachsenen und Kindern“ entschieden ab, führt die Bundesregierung weiter aus. Stattdessen müsse „die polizeiliche und justizielle Bearbeitung von Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern sowohl konsequent als auch an den Bedürfnissen der kindlichen Opfer orientiert erfolgen, um mögliche zusätzliche Belastungen für die Opfer zu begrenzen“.

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