Antrag zur Internationalisierung von Wissenschaft zugestimmt
Berlin: (hib/IRS) Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat sich am Mittwoch mit der Internationalisierung von Wissenschaft und Hochschulbildung beschäftigt. Grundlage der öffentlichen Beratung waren drei Vorlagen der Fraktionen (20/9312, 20/9308, 20/6991) und eine Unterrichtung der Bundesregierung (20/45), zu denen der Ausschuss bereits im Februar mehrere Sachverständige angehört hatte.
Einen Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP (20/9312), in dem sich diese für eine „interessen- und wertegeleitete Internationalisierung von Wissenschaft und Hochschulbildung“ aussprechen, nahm der Ausschuss mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung der Gruppe Die Linke an. Nach dem Willen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP soll die Internationalisierung von Hochschulbildung und Forschung strategisch weiterentwickelt werden. Dies diene sowohl der Standortwerbung und Standortsicherung als auch der Bewältigung globaler Herausforderungen, der Pflege außenpolitischer Beziehungen und der Entwicklungszusammenarbeit zur Stärkung der Kapazitäten und nachhaltigen Entwicklung von Staaten des Globalen Süden, heißt es in der Vorlage.
Konkret sprechen sich die Antragsteller unter anderem dafür aus, Förder- und Werbemaßnahmen für internationale Talente voranzutreiben und bestehende Programme in diesem Bereich weiterzuentwickeln. Nach dem Willen der Koalition soll zudem die Visa-Vergabe an den deutschen Botschaften und Konsulaten für Studentinnen und Studenten sowie Akademikerinnen und Akademiker aus Drittstaaten beschleunigt werden. Auch sollen beschleunigt hochqualifizierte Bewerbungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geprüft werden.
Nach den Worten von Kai Gehring (Grüne) enthält der Koalitionsantrag „gute Impulse“ für die Internationalisierungsstrategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Einer der zentralen Punkte sei die Förderung der akademischen Mobilität, so Gehring. Dies umfasse zum Beispiel schnellere Visa-Vergaben und den Ausbau der Willkommensinfrastrukturen.
Darüber hinaus ziele der Antrag auf eine Stärkung von Wissenschaftsfreiheit und Resilienz, sagte der Grünenabgeordnete und verwies etwa auf die geplante Ausweitung von Schutzprogrammen für verfolgte Studentinnen und Studenten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Ein weiterer Aspekt sei der Ausbau der Kooperation mit globalen Partnerländern.
Dem Antrag liege das klare Bekenntnis zugrunde, dass Wissenschaft und Forschung nicht in Landesgrenzen allein funktioniert, sagte Ruppert Stüwe (SPD). In Zeiten, in denen die Welt im Wandel sei, gehe es um internationale Vernetzung, um das gemeinsame Lösen von großen Problemen und um den Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Freiheit der Wissenschaft ist aus Sicht des SPD-Abgeordneten zentral. Zugleich gelte es, all denjenigen einen Anknüpfungspunkt zu geben, die diese Freiheiten in den Systemen, in denen sie forschen, nicht erfahren.
Auch Stephan Seiter (FDP) betonte die Bedeutung von Wissenschaftsfreiheit und ihrer Stärkung. Verbesserungsbedarf sieht der FDP-Abgeordnete vor allem bei der Visa-Vergabe und der Willkommenskultur. Letztere sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, so Seiter mit Blick etwa auf den Fachkräftezuzug nach Deutschland.
Bei der Opposition stießen die Pläne der Ampelkoalition hingegen auf zum Teil heftigen Gegenwind: So bemängelte etwa Alexander Föhr (CDU)„Baustellen und offene Punkte“. Dies habe bereits die stattgefundene Sachverständigenanhörung zu dem Thema gezeigt. Starke Kritik übte der Unionsabgeordnete an Kürzungen bei der Förderung der Alexander von Humboldt-Stiftung.
Der AfD-Abgeordnete Marc Jongen warnte vor einer „ideologiegetriebenen“ Verwendung des Begriffs „Desinformation“. Die Bundesregierung verwende den Begriff für unerwünschte, aber legitime wissenschaftliche Standpunkte, kritisierte Jongen.
Aus Sicht von Nicole Gohlke (Gruppe Die Linke) enthält der Antrag der Koalitionsfraktionen zwar „viele richtige und wichtige Punkte“, bleibe allerdings zu oft zu vage. So würden relevante Themen wie etwa die Entwicklungszusammenarbeit und die Gewinnung von Fachkräften in der Vorlage benannt, „aber bei den Lösungen wird es nicht so richtig konkret“.
Kritik an der Vorlage kam auch von Ali Al-Dailami. Der Abgeordnete der Gruppe BSW warnte vor einer „Blockbildung“ in der Forschung. So beschränke sich grenzüberschreitende Kooperation in dem Antrag ausschließlich auf einen „westlichen Block“, eine Abkehr der Kooperation etwa mit China würde untermauert.
Zwei Anträge der Oppositionsfraktionen wies der Ausschuss nach der Beratung zurück: Die Union hatte in ihrer Vorlage geeignete Rahmenbedingungen zur Fortführung des Bundeskanzler-Stipendiums für Nachwuchsführungskräfte der Alexander von Humboldt-Stiftung verlangt (20/9308). Der Antrag wurde mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung der AfD und der Gruppen Die Linke und BSW abgelehnt.
Gegen einen Antrag der AfD-Fraktion mit der Forderung, der Abwanderung hochqualifizierter deutscher Wissenschaftler entgegenzuwirken (20/6991), votierten alle übrigen Fraktionen und Gruppen.