Sachgerechte Archivierung der Stasi-Unterlagen angemahnt
Berlin: (hib/AW) Vertreter des Bundesarchivs und des Beratungsgremiums gemäß Paragraf 39 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes mahnen eine zügige Sicherung der Stasi-Akten in neuen und sachgemäßen Räumlichkeiten an. Der Präsident des Bundesarchivs, Michael Hollmann, und die Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Birgit Neumann-Becker, warnten am Mittwoch vor dem Kulturausschuss, dass die Stasi-Unterlagen an allen Standorten in den ostdeutschen Bundesländern in ihrem Bestand bedroht seien, weil eine sachgemäße Lagerung nicht mehr möglich sei. Der Bau von sachgemäßen Archiven sei dringend geboten. Machbarkeitsstudien der zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) für die Errichtung der künftigen zentralen Archivstandorte in Erfurt, Halle, Leipzig, Rostock und Frankfurt (Oder) lägen seit Ende März 2023 vor. Diese müssten nun zügig realisiert werden, führten Hollmann und Neumann-Becker aus. Zudem müsse der Bund dafür auch die benötigten Finanzmittel zur Verfügung stellen.
Hollmann zog vor dem Ausschuss ein vorsichtig optimistisches Fazit zu der Übernahme der Stasi-Akten und der Mitarbeiter des ehemaligen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in das Bundesarchiv seit Juni 2021. Gemeinsam seien Standards zur Erschließung und Digitalisierung der Aktenbestände entwickelt worden. Alexandra Titze vom Bundesarchiv wies darauf hin, dass das Interesse auf Einsicht in die Stasi-Unterlagen immer noch sehr groß sei. Etwa 30.000 Anträge von Bürgern auf Akteneinsicht würden jährlich gestellt. Rund 70 Prozent davon seien Erstanträge. Die Antragstellung erfolge inzwischen digital. An den westdeutschen Standorten des Bundesarchivs seien Mitarbeiter geschult worden, um Hilfe und Beratung bei den Anträgen auf Akteneinsicht bieten zu können.
Deutlich kritischer äußerte sich Dieter Dombrowski als Vertreter des Beratungsgremiums. Im Beratungsgremium herrsche der „subjektive Eindruck“, dass die Arbeit des Gremiums im Bundesarchiv mitunter als „störend“ empfunden werde. Dort werde offenbar befürchtet, man wolle sich in das operative Tagesgeschäft einmischen. Dies betreffe nicht die Leitung des Bundesarchivs, sondern die „Arbeitsebene“ darunter. Dombrowski betonte, dass alle Mitglieder des Beratungsgremiums sachkundig in der Materie seien. Dombrowski mahnte zudem an, dass bei der Rekonstruktion der zerschnipselten Stasi-Akten noch immer keine echten Fortschritte erzielt worden seien.