Gewerkschaften bewerten Plan zu FIU-Reform unterschiedlich
Berlin: (hib/BAL) Meinungsverschiedenheit unter Gewerkschaften: Als Sachverständige eingeladene Gewerkschaftsvertreter haben in einer Anhörung des Finanzausschusses einen wesentlichen Punkt in einem Gesetzentwurf der Ampel-Koalition gegensätzlich beurteilt. Dabei ging es um die Reform der Arbeitsweise der Financial Intelligence Unit (FIU), einer Bundesbehörde, und deren Rolle im Kampf gegen Geldwäsche, Terrorfinanzierung und andere Finanzdelikte. Die Bundesregierung hat dazu den „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der risikobasierten Arbeitsweise der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen“ (20/8294) eingebracht.
Eben diese risikobasierte Arbeitsweise erwies sich in der Anhörung als hochumstritten zwischen der BDZ Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft einerseits und der Gewerkschaft der Polizei - Bezirksgruppe Zoll andererseits. Die BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft war auf Vorschlag der Regierungspartei SPD-Fraktion geladen, die Gewerkschaft der Polizei auf Vorschlag der oppositionellen CDU/CSU-Fraktion. Diese hatte auch den Bund Deutscher Kriminalbeamter vorgeschlagen, der sich einig zeigte in der Ablehnung eines risikobasierten Arbeitens mit der Gewerkschaft der Polizei.
„Den risikobasierten Ansatz halten wir für angebracht“, erklärte Thomas Liebel, Bundesvorsitzender der Zoll- und Finanzgewerkschaft. Er verwies darauf, dass nahezu alle FIUs nach diesem Ansatz arbeiteten. Angesichts der enormen Zahl von Geldwäschemeldungen von Banken und anderen Instituten, den sogenannten Verpflichteten, sei das Arbeitsaufkommen ohne automatisierte Prozesse nicht „zu wuppen“, erklärte er. Liebel verwies auf die allgemeine Zolltätigkeit, die ebenfalls risikobasiert arbeite. Nicht jeder Container, der nach Deutschland eingeführt werde, könne kontrolliert werden, sagte er.
Dagegen warnte Frank Buckenhöfer von der Gewerkschaft der Polizei, dass der risikobasierte Ansatz dazu führen könne, dass bestimmte Delikte nicht mehr Berücksichtigung finden könnten. „Risikobasierter Ansatz ist die Befugnis, Schwerpunkte zu setzen“, sagte Buckenhöfer im Lauf der Anhörung. Die FIU sei dafür nicht geeignet. Dirk Peglow, Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, erklärte ergänzend, dass der in internationalen Empfehlungen aufgeführte risikobasierte Ansatz nicht für die FIU gelte, sondern für die Verpflichteten. „Jede eingehende Meldung ist von der FIU zwingend zu analysieren“, sagte er.
Joachim Kaetzler von der Anwaltskanzlei CMS Hasche Sigle äußerte sich ebenfalls kritisch zur Idee eines risikobasierten Ansatzes. Auch er war auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion anwesend. Bereits in seiner schriftlichen Stellungnahme hatte er geschrieben: „Gegen die Anwendung des risikobasierten Ansatzes auf sämtliche Tätigkeiten der FIU bestehen staatsorganisatorische beziehungsweise rechtsstaatliche Bedenken.“
Die auf SPD-Initiative anwesende Bundesnotarkammer zeigte sich hingegen als Befürworterin des risikobasierten Ansatzes und verwies darauf, dass auch Notare als Verpflichtete so handelten. Meldungen von diesen stünden dabei für 80 Prozent aller Meldungen außerhalb des Finanzsektors. Wenn Notare Verträge beurkundeten, bei denen beispielsweise syrische Staatsangehörige beteiligt seien, also Angehörige eines Risikostaates, dann würde dies anders bewertet als „ein traditioneller Waldkauf“, erklärte der Vertreter der Bundesnotarkammer. Risikobasiert bedeute, dort tätig zu werden, wo es sinnvoll sei.
Silvia Frömbgen vom Banken-Dachverband Deutsche Kreditwirtschaft (DK) verwies auf Änderungen in der Gesetzgebung und Rechtsprechung, die dazu geführt hätten, dass Institute lieber öfter eine Meldung abgäben als ein Mal zu wenig, nach dem Prinzip „melden macht frei“. Die DK war auf Vorschlag der FDP-Fraktion geladen worden.
Wie das in den Niederlanden funktioniert, erläuterte Hennie Verbeek-Kusters. Sie leitet die dortige FIU und war auf Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geladen. Im Ausschuss erklärte sie, dass die FIU der Niederlande „eigentlich immer risikobasiert gearbeitet“ habe. Nötig sei ein System, mit dessen Hilfe schnell neue Risiken aufgespürt werden könnten. „Es gibt kaum nationale schwere Kriminalität“, sagte Verbeek-Kuster. 80 Prozent der Geldwäschefälle in den Niederlanden hätten einen internationalen Bezug.
Der Sachverständige Dennis-Kenji Kipker von der Hochschule Bremen, ebenfalls anwesend auf Vorschlag von Bündnis 90/ Die Grünen, kritisierte mangelnden Datenschutz und sagte zum Gesetzentwurf: „Der Entwurf bleibt hinter verfassungsrechtlichen Vorgaben zurück.“ Mangelnden Datenschutz sieht auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, den die Fraktion Die Linke vorgeschlagen hatte.
Zwar hatte er in seiner schriftlichen Stellungnahme durchaus lobende Worte gefunden: „Die Fokussierung der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) auf schwere Straftaten im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist ein wichtiges gesetzgeberisches Ziel, das ich ausdrücklich unterstütze.“ Jedoch findet sich dort auch Kritik. So sei die Rechtsgrundlage für den risikobasierten Ansatz zu pauschal. Positiv bewerten die Datenschützer grundsätzlich ein parlamentarisches Kontrollgremium für die FIU.