„Entwicklung in den Städten muss neu gedacht werden“
Berlin: (hib/HAU) Den Leerstand in den Innenstädten angehen, die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ausbauen und beim Bauen auf Nachhaltigkeit achten: Das sind einige der Herausforderungen, die der Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung bei seiner Sitzung am 24. Juli 2023 zum Thema „Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende“ diskutiert hat. Darüber informierte Rolf Bösinger, Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), am Mittwoch den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung. Laut Bösinger seien dabei auch Zielkonflikte angesprochen worden - etwa beim Thema Nachverdichtung, wo die steigende Nachfrage nach Wohnraum dem Bedarf an Grün- und Erholungsflächen in den Innenstädten gegenüberstehe.
Beim Thema Stadtentwicklung sei sich der Staatssekretärsausschusses einig gewesen, dass der Leerstand in den Innenstädten angegangen werden müsse. „Hier muss man zu einer arbeitsteiligen polyzentralen Organisation im öffentlichen Raum kommen“, sagte er. Nicht immer sollte dabei der Fokus auf Metropolregionen gelegt werden. Es müssten Positivbeispiele aus der kommunalen Praxis genutzt werden. Experimente seien dabei unumgänglich. Es gehe um die Mischnutzung von Gewerbeimmobilien, von Shopping-Malls, aber auch von Schulen. „Die Entwicklung in den Städten muss neu gedacht werden“, sagte Bösinger.
Beim zweiten diskutierten Punkt, der Mobilität, stehe der Ausbau der Ladeinfrastruktur im Mittelpunkt. Hier müssten Anreize geschaffen werden. Moderne Mobilitätsangebote, eine attraktive und vernetzte Mobilität im ÖPNV sowie im Fuß- und Radverkehr müssten stärker kommuniziert werden. Klar sei, dass der Verkehrsraum insgesamt begrenzt ist. Die anstehende Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) werde aber die Ziele des Straßenverkehrsgesetzes konkretisieren. Auch beim Thema Mobilität habe der Staatssekretärsausschuss eine gemeinsame Haltung gefunden, sagte der BMWSB-Staatssekretär.
Beim Gebäudesektor bedürfe es der Berücksichtigung eines Lebenszyklusansatzes. Das sei Konsens in dem Gremium gewesen, sagte Bösinger. Vorgeschlagen worden sei, die Etablierung eines Kompetenzzentrums „Nachhaltiges Bauen“ in den vom Staatssekretärsausschuss zu erstellenden Bericht hineinzunehmen.
In der Diskussion mit den Abgeordneten ging der Staatssekretär nochmals auf das Thema Nachverdichtung und den damit verbundenen Zielkonflikt ein. Verdichtung, so sagte er, könne auch nach oben erfolgen. Die Bauministerkonferenz der Länder werde im November mit Blick auf den Dachgeschossausbau eine bundesweit einheitliche Regelung vorschlagen. Um Innenstädte für das Thema Wohnen attraktiver zu machen, werde auch über die Umwidmung nicht genutzter Gewerbeimmobilien gesprochen.
Zu dem Vorwurf, es gebe überall auf der Welt Modellstädte zum Thema modernes Wohnen und moderne Mobilität in der Stadt, nur in Deutschland nicht, sagte Bösinger: Deutsche Kommunen würden sich von Modellstädten wie etwa Kopenhagen viel abschauen. „Da gibt es im kommunalen Bereich eine sehr starke Fortentwicklung.“ Die Bundesregierung unterstütze hier unter anderem mit dem Programm „Klimawandel in urbanen Räumen“.
Auf das Problem angesprochen, dass es sich angesichts der hohen Preise bei Neuvermietungen für ältere Menschen nicht lohne, aus ihrer nicht mehr benötigten zu großen Wohnung in eine angemessene kleinere Wohnung zu ziehen, machte der Staatssekretär auf Plattformen für Wohnungstausche aufmerksam. Auch die Idee, jemanden in seine Wohnung einziehen zu lassen, werde von der Politik unterstützt.
Mit Blick auf die Baukrise sagte Bösinger, es werde darüber nachgedacht, kleinere Wohnung zu bauen, auch um die Baukosten zu senken. „Wir werden wohl künftig nicht mehr Wohnungen mit 120 Quadratmetern bauen“, sagte er. „Wenn wir den Wohnraum schaffen wollen, den wir benötigen, müssen wir darüber reden, ob der Wohnraum im Endeffekt auch begrenzt wird.“ Ansonsten werde man die vorhandene Nachfrage nicht befriedigen können. Wenngleich darüber auch im Staatssekretärsausschuss gesprochen werde, „sind wir noch lange nicht so weit, da etwas gesetzgeberisch zu machen“.