Unionsantrag zur EU-Naturschutz-Verordnung abgelehnt
Berlin: (hib/SAS) Die CDU/CSU-Fraktion ist im Umweltausschuss mit ihrem Vorstoß für einen Aufschub der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur gescheitert. Das Gremium lehnte am Mittwoch mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie mit den Stimmen der Linksfraktion bei Enthaltung der AfD-Fraktion ihren Antrag (20/5559) ab, der am Freitag im Plenum abschließend debattiert werden soll.
In ihrem Antrag begrüßt die Union zwar grundsätzlich die Ziele der EU-Kommission zur Wiederherstellung der Natur als Bestandteil des Green Deals. Die Umsetzung müsse jedoch „praxistauglich“ gestaltet werden, so die Kritik. So brauche es einerseits angesichts der aus dem russischen Angriffskrieg resultierenden Krisen einen zeitlichen Aufschub der Verordnung. Andererseits müsse eine „nachhaltige Nutzung der Gebietsflächen“ weiter möglich sein. Ziele wie der Ausbau der Infrastruktur, die Klimaanpassung oder die Ernährungssicherung müssten weiterhin erreichbar sein, heißt es im Antrag der Unionsfraktion.
Die vorgeschlagene EU-Verordnung leiste das nicht. Im Gegenteil, die Vorgaben gingen viel zu weit, monierte ein Vertreter der Union während der Aussprache im Ausschuss. So führe das Ziel, 20 Prozent der Landes- und Meeresflächen ökologisch wiederherzustellen, zu einem Verlust von 4,8 Millionen Hektar Flächen für die Nahrungsmittelproduktion. Die Verordnung beschneide so auch die Entwicklungsmöglichkeiten von Industrie- und Wirtschaftsunternehmen und greife in die Planungshoheit der Kommunen ein. Vor solchen Auswirkungen hätten Verbandsvertreter zuletzt in einer öffentlichen Anhörung im Bundestag gewarnt.
Auch ein Abgeordneter der AfD-Fraktion kritisierte die geplante EU-Verordnung scharf: Neben der Verletzung des Subsidiaritätsprinzips - wonach eine höherer staatliche Einheit erst dann eingreifen und Funktionen an sich ziehen darf, wenn die Kräfte der untergeordneten Einheit nicht ausreichen - sah er vor allem die Auswirkungen der Verordnung auf die Ernährungssicherheit als problematisch an.
Vertreter der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke wiederum verteidigten die geplante EU-Verordnung und warfen der Union vor, Gegenargumente anzuführen, die auf falschen Fakten beruhten: Weder würden Flächen enteignet, wie in der Diskussion behauptet werde, noch dürften sie nicht weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden, betonte ein Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Auch dass die Ernährungssicherheit aufs Spiel gesetzt werde, stimme nicht - es sei eher der zunehmend schlechte Zustand von Böden und Gewässern und die schwindende Biodiversität, die diese gefährdeten. Wenn es wirklich um einen Aufschub gehe, dann könne man verhandeln. Dass aber die EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, zu der auch die deutschen Christdemokraten gehören, nun den Vorschlag der von der Christdemokratin Ursula von der Leyen geführten EU-Kommission komplett ablehne - und das auch noch gemeinsam mit rechtsextremen Abgeordneten - schade Umwelt und Demokratie.
Bedauern darüber, dass die EVP so den Konsens für Umwelt und Klimaschutz und das Voranbringen des Green Deals aufkündige, äußerten auch Vertreter von SPD und Die Linke. Mit ihren Antrag zeige die Union, dass sie ihren Worten keine Taten folgen lassen wolle, so eine Abgeordnete der SPD. Eine Vertreterin der Linksfraktion betonte zudem die Notwendigkeit ordnungsrechtlicher Maßnahmen. Finanzielle Anreize und kooperative Ansätze, wofür die Union plädiere, reichten allein nicht aus.
Die FDP-Fraktion gestand den Kritikern zu, teils berechtigte Sorgen zu äußern, verwies aber darauf, dass die Bundesregierung diese schon bei der Ausgestaltung der Vorgaben beachte: So setze die Bundesregierung etwa bei der Umsetzung des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz und der Moorschutzstrategie bewusst auf das Prinzip Freiwilligkeit, um Land- und Forstwirtschaft nicht zu überfordern.
Die hib-Meldung zum Antrag: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-934574
Die Anhörung im Video, die Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen auf bundestag.de: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-943596