Mobilitätswandel nur durch Miteinander der Verkehrsträger
Berlin: (hib/HAU) „Wir müssen in Mobilität denken, nicht in Verkehrsträgern.“ Das sagte der Direktor am Institut für Mobilität der Universität St. Gallen, Andreas Herrmann, am Mittwochabend während eines öffentlichen Fachgespräches im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung zum Thema „Nachhaltige Verkehrswende“. Es dürfe weder das Auto verteufelt noch der öffentliche Schienenverkehr zu positiv bewertet werden, forderte er. „Nur im Miteinander der Verkehrsträger gelingt der Mobilitätswandel“, sagte Herrmann.
Die Schiene habe ihre Vorteile auf langen Distanzen, auf denen die Züge möglichst selten stoppen und wo es eine gute Auslastung gibt. Schwach besetzte Züge im ländlichen Raum brächten hingegen keinen Nutzen. Bei den Verästelungen komme das Auto zum Einsatz, so der Direktor am Institut für Mobilität der Universität St. Gallen. Im Idealfall sei es autonom unterwegs.
Im autonomen Fahren sieht der Experte große Zukunftspotenziale. Die Vorzüge lägen auf der Hand: weniger Unfälle, geringere Emissionen, höherer Durchsatz und weniger Flächenverbrauch. Vorbild sei hier die norwegische Hauptstadt Oslo. Dort sei eine Ausschreibung für 30.000 autonome Shuttles gemacht worden, mit denen bis 2030 der gesamte Metropolenverkehr Oslos abgedeckt werden solle. „Das ist eine Revolution“, sagte Herrmann. Es werde keine Privatfahrzeuge mehr geben, sondern nur noch autonome Shuttles, die an den öffentlichen Verkehr angedockt werden. „Ich würde mir wünschen, dass wir auch in Deutschland solche Meilensteine setzen“, sagte er.
Angesprochen darauf, dass laut der Verkehrsprognose aus dem Bundesverkehrsministerium bis 2040 nicht mit einer Marktdurchdringung des autonomen Fahrens - sowohl bei Pkw als auch bei Lkw - zu rechnen sei, gab sich der Experte optimistischer. „Wir brauchen irgendwo einen Durchbruch“. Er traue es Oslo zu, „dass die es machen, und zwar noch vor 2040“. Andere Städte würden dann aufspringen, so seine Erwartung. „Vielleicht nicht gleich ganze Städte, aber da und dort mal ein Quartier.“ Die rechtlichen Rahmenbedingungen seien da, die technischen ebenfalls. „Die Hürde ist das menschliche Verhalten“, sagte Herrmann.
In Deutschland müsse jetzt der große Sprung geschafft werden. „Es nützt überhaupt nichts, weitere Testshuttles in irgendeiner Gemeinde in Deutschland einzusetzen. Wir lernen nichts mehr dazu“, sagte Herrmann. Vom Bund finanziert müsse eine Stadt zu einer Modellstadt umgebaut werden, in der dann nicht nur drei Shuttles, sondern gleich fünfzig, sechzig oder siebzig Shuttles unterschiedlicher Größenordnungen und unterschiedlicher Tarifsysteme fahren. Die Menschen müssten ihre Erfahrungen mit dem autonomen Fahren machen können. Damit würden auch Arbeitsplätze angesiedelt werden. Die Tech-Firmen kämen ebenso wie die App-Provider. So könne man eine neues Eco-System aufbauen, sagte Herrmann.