Kunststofftrinkhalme für Menschen mit Behinderungen
Berlin: (hib/HAU) Für Menschen mit Behinderungen sollten nach Auffassung des Petitionsausschusses auch künftig Kunststofftrinkhalme verfügbar sein. In der Sitzung am Mittwochmorgen verabschiedete der Ausschuss einstimmig die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine dahingehende Petition der Bundesregierung mit dem höchstmöglichen Votum „zur Berücksichtigung“ zu überweisen „soweit in der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie eine angemessene Ausnahmeregelung für die Nutzung von Trinkhalmen für Menschen mit Behinderung gefordert wird“, und das Petitionsverfahren „im Übrigen abzuschließen“.
Mit der Petition wird verlangt, dass für Menschen mit Behinderung oder gesundheitlichen Einschränkungen auch weiterhin leicht verwendbare, hygienische und bezahlbare Trinkhalme verfügbar bleiben. In der Begründung wird auf das EU-weite Verbot von Plastiktrinkhalmen hingewiesen, auf die Menschen mit Behinderungen oder gesundheitlichen Einschränkungen jedoch angewiesen seien. Dies muss aus Sicht der Petentin bei der nationalen Umsetzung des EU-Beschlusses berücksichtigt werden.
Schon heute seien Plastiktrinkhalme teilweise aus dem Sortiment des Einzelhandels verschwunden, heißt es in der Eingabe. Es sei daher zu befürchten, dass diese Trinkhalme für die benannten Personengruppen in der Zukunft nicht mehr verfügbar sind. Geeignete Alternativen gebe es aber nicht auf dem Markt.
Der Petitionsausschuss nehme die Sorgen der Petentin sehr ernst, heißt es in der Begründung zu der Beschlussempfehlung. Die Abgeordneten weisen darauf hin, dass die Mitte 2019 in Kraft getretene EU-Einwegkunststoffrichtlinie zahlreiche Maßnahmen vorsehe, „um den Verbrauch von bestimmten Einwegkunststoffprodukten zu reduzieren, das achtlose Wegwerfen dieser Produkte in die Umwelt zu begrenzen und die Ressource Kunststoff besser zu bewirtschaften“. Von der Regelung betroffen seien auch Trinkhalme aus Kunststoff.
Für die Produktgruppen der Trinkhalme und auch der Wattestäbchen besteht aber eine Ausnahme im Vergleich zu den übrigen Einwegkunststoffartikeln, die dem Regelungsbereich der Verordnung unterliegen: Wenn es sich bei den Wattestäbchen und Trinkhalmen um Medizinprodukte handelt, „so sind diese Artikel von den Verboten ausgenommen“, schreibt der Petitionsausschuss.
Trinkhalme würden jedoch nicht automatisch als medizinische Produkte gelten, heißt es weiter. Für die Hersteller bestehe aber die Möglichkeit, „Kunststofftrinkhalme unter bestimmten Bedingungen weiterhin als Medizinprodukt auf den Markt zu bringen“. Dazu müsse für das Produkt ein Zertifizierungsverfahren durchlaufen werden. Außerdem müsse es gegenüber der zuständigen Landesbehörde als Medizinprodukt angezeigt werden.
Nach Aussage des Petitionsausschusses gibt es derzeit kein bundesweit einheitliches Register über zugelassene Medizinprodukte, aus dem Hinweise entnommen werden könnten, dass Hersteller von Trinkhalmen ihr Produkt bereits als Medizinprodukt zugelassen haben. Solche Register würden gemäß der Auskunft des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) von den für die Überwachung der medizinischen Vorgaben zuständigen Landesbehörden geführt, die daher auch Ansprechpartner in dieser Frage seien.
Abschließend weist der Ausschuss in der Vorlage darauf hin, dass das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) - gemeinsam mit den Umweltministerien fünf weiterer EU-Staaten - den EU-Kommissar für Umwelt mit einem Schreiben auf die Bedeutung von Kunststofftrinkhalmen für Menschen mit bestimmten Behinderungen aufmerksam gemacht habe. „Vor allem vor dem Hintergrund des UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen würde es der Ausschuss begrüßen, wenn Menschen mit Behinderungen auch weiterhin einen einfachen Zugang zu medizinisch notwendigen Trinkhalmen haben“, heißt es in der Beschlussempfehlung.