Sachverständige begrüßen Förderprogramm „Junges Wohnen“
Berlin: (hib/HAU) Das mit 500 Millionen Euro im Jahr 2023 unterlegte Förderprogramm „Junges Wohnen“ für den Aus-, Neu- oder Umbau von Wohnheimplätzen für Studierende und Auszubildende stieß am Mittwoch bei einem öffentlichen Fachgespräch im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung auf ein positives Echo. Die geladenen Sachverständigen machten zugleich deutlich, dass im Interesse der Planungssicherheit eine Verstetigung des Programms unbedingt benötigt werde.
Ob es eine solche Verstetigung geben wird, hängt laut der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Cansel Kiziltepe (SPD), schlussendlich vom Erfolg des Programms ab. „Wir sind grundsätzlich der Meinung, dass wir auch in den kommenden Jahren Bundesfinanzmittel zur Verfügung stellen“, sagte die Staatssekretärin.
Kristof Becker vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) betonte, Auszubildende und Studierende müssten gleichermaßen vom dem Programm profitieren. Während die soziale Infrastruktur für Studierende vielerorts vorhanden sei, fehlten vergleichbare etablierte Strukturen, wie etwa die Studierendenwerke, auf Seiten der Auszubildenden, sagte er. Die Landesförderprogramme müssten deshalb so konzipiert werden, „dass Auszubildende nicht leer ausgehen“. 50 Prozent der Mittel für junges Wohnen müssten in den Bau von Auszubildendenwohnheimen investiert werden. Zudem müsse das Programm breit beworben werden. Becker sprach sich zudem dafür aus, der Sanierung und Erweiterung bestehender Wohnheime den Vorzug vor dem Neubau zu geben.
Kirsten Kielbassa-Schnepp vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßte es, dass die Auszubildenden in dem Programm vorkommen. Um den quantitativen und qualitativen Bedarf an Azubi-Wohnungen sowie einen entsprechenden Förderbedarf sichtbar zu machen, sei zeitnah die Durchführung einer entsprechenden Studie erforderlich, sagte sie. Dabei müsse auch eine Differenzierung nach unbetreuten und sozialpädagogisch-begleiteten Formen vorgenommen werden. Die ZDH-Vertreterin hält gemeinsame Wohnangebote für Auszubildende und Studierende „bildungs- und gesellschaftspolitisch für sinnvoll, um ein gegenseitiges Verständnis und eine wechselseitige Förderung zu unterstützen“. Zwingend erforderlich sei es, auch temporäre Wohnangebote wie etwa Internate gleichrangig zu fördern, um Azubis mit langen Anfahrtswegen während der Blockbeschulung angemessene Unterbringungsmöglichkeiten zu bieten.
Auf die schwierige Situation der Immobilienbranche wies Lorenz Hermann Heinrich Nagel vom Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) hin. Als Gründe dafür benannte er die Zinswende, die Energiekrise, Lieferengpässe, steigende Baupreise und den Fachkräftemangel. Dazu sei noch das „abrupte Ende der Förderung im Neubau“ gekommen, was zu großen Unsicherheiten in der Branche geführt habe. „Defacto ist der Wohnungsbau komplett zum Erliegen gekommen“, sagte der BFW-Vertreter. Die entstandenen Probleme seien vielschichtig und müssten gemeinsam partnerschaftlich gelöst werden, forderte Nagel. Ein „Weiter so“ dürfe es nicht geben, betonte er. Die Bau- und Immobilienbranche sei bereit, ihren Teil zu leisten, brauche aber „ein offenes Ohr von allen Beteiligten“.
Petra Nau vom Deutschen Studierendenwerk sieht mit dem Förderprogramm eine Jahrzehnte alte Forderung des Studierendenwerkes umgesetzt. Eine Bundesunterstützung sei nötig, weil die Länder selbst angesichts ihrer unterschiedlichen Möglichkeiten auch unterschiedlich gefördert hätten. Sieben Bundesländer haben ihrer Aussage nach überhaupt keine Förderrichtlinien für den studentischen Wohnheimbau oder die Modernisierung. „Das macht es uns extrem schwierig, den Bedarfen gerecht zu werden“, sagte Nau. Die Vertreterin des Deutschen Studierendenwerkes warnte vor einer Einschränkung der Chancengleichheit, wenn die Wahl des Studienortes vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist. Ausreichend studentischer Wohnraum könne außerdem das Interesse an einem Studium extrem fördern. Das sei auch im Interesse der Fachkräftesicherung.
Rahel Schüssler vom Freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften machte deutlich, dass Wohnraummangel nicht dazu führen dürfe, „dass verschiedene Gruppen gegeneinander ausgespielt werden, vor allem nicht Auszubildende und Studierende“. Benötigt werde Solidarität statt Konkurrenz. Es brauche einen gut durchdachten Aus- und Umbau von Wohnheimen, genauso wie einen Ausbau des sozialen Wohnungsbaus im Allgemeinen, sagte Schüssler, die sich auch für die Öffnung der Studierendenwohnheime für andere Gruppen aussprach. Sinnvoll wäre ihrer Auffassung nach auch ein erleichterter Zugang zu sozialem Wohnraum für alle Menschen in Ausbildung und ein wirksamer Kampf gegen unverhältnismäßig hohe Mieten. Schüssler machte zugleich deutlich, dass angesichts der gestiegenen Mieten vor allem in Ballungsräumen die BAföG-Bedarfssätze zu niedrig und die Wohnpauschale von 360 Euro nicht ausreichend sei.
Die schwierige Situation für Auszubildende und Studierende insbesondere in Ballungszentren sei der Bundesregierung bekannt, sagte Bau-Staatssekretärin Kiziltepe. Daher sei das Bund-Länder-Programm, das als Teilprogramm des sozialen Wohnungsbaus ausgestaltet sei, auf den Weg gebracht worden. Seit dem 24. März könnten die Länder Förderbewilligungen aussprechen. Für das Programm „Junges Wohnen“ würden 2023 erstmalig 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Es ziele auf die Schaffung von Wohnheimplätzen für Studierende und Auszubildende ab.