19.04.2023 Finanzen — Ausschuss — hib 274/2023

Keine Deckelung von Dispozinsen

Berlin: (hib/HLE) Eine Deckelung von Zinsen für sogenannte Dispositionskredite auf Girokonten wird es nicht geben. Der Finanzausschuss lehnte am Mittwoch in seiner vom Vorsitzenden Alois Rainer (CSU) geleiteten Sitzung einen Antrag der Fraktion Die Linke (20/4761) ab, die bei einer Überziehung von Girokonten fällig werdenden Dispozinsen zu deckeln. Der Antrag sieht vor, den Zinssatz für Dispositions- und Überziehungskredite auf maximal fünf Prozentpunkte über dem Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank zu begrenzen. Für den Antrag stimmte die Fraktion Die Linke, alle anderen Fraktionen lehnten ab.

In der Aussprache des Ausschusses erklärte die SPD-Fraktion, die Entwicklung der Dispozinsen sei im Vergleich zur Entwicklung der Guthabenzinsen ein Ärgernis. Aber Dispokredite würden nur vorübergehend und nicht dauerhaft in Anspruch genommen. Ein Deckel wäre ein starker Eingriff. Im Blick behalten werden müssten die langfristigen Kosten wie Kontoführungsgebühren. Die Koalition werde eine Vergleichsseite für solche Kosten im Internet auf den Weg bringen.

Nach Ansicht der CDU/CSU-Fraktion nutzen die meisten Menschen Dispositionskredite nur kurzfristig, um hohe Kosten zu vermeiden. Bei längerer Unterdeckung könnten Dispositionskredite in Konsumentenkredite mit günstigeren Konditionen umgewandelt werden. Aus ordnungspolitischer Sicht sei eine Deckelung des Zinssatzes falsch.

Der Antrag der Linksfraktion greife ein wichtiges Thema auf, erklärte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wegen der Zinswende seien auch die Zinsen für Dispositionskredite nach oben geschossen. Es gebe Banken, die über 13 Prozent Zinsen berechnen würden. Als Überbrückung für finanzielle Engpässe gedacht, führe der Dispositionskredit zunehmend zum Einstieg in die Schuldenfalle. Ein Deckel könne zur Gegensteuerung sinnvoll sein, aber der von der Linksfraktion geforderte starre Deckel sei nicht zielführend.

Die FDP-Fraktion sprach sich grundsätzlich gegen einen Deckel aus. Der beste Verbraucherschutz sei Transparenz wie durch ein Vergleichsportal. Außerdem sei eine Verbesserung der Finanzbildung notwendig. Den ohnehin schon schwachen Kapitalmarkt in Deutschland durch weitere Regulierung einzuschränken, sei der falsche Weg.

Die AfD-Fraktion sprach von einem Vorschlag aus der Mottenkiste. Der Bankenmarkt könne durch Überregulierung dysfunktional werden. Der Preis für diese Kredite sei nichts anderes als der Ausdruck des Risikos für die Banken. Die AfD-Fraktion sprach sich für eine Rückkehr zu marktwirtschaftlicher Politik aus.

Die Fraktion Die Linke erklärte, jeder Siebte befinde sich inzwischen im Dispo. Ursachen seien die Energiekrise und die Inflation, die kleine und mittlere Einkommen besonders hart treffen würden. Die Koalition habe im Koalitionsvertrag angekündigt, die Verbraucher besser vor Überschuldung schützen zu wollen. Dazu reiche eine Internetseite mit Vergleichsmöglichkeiten nicht. Die Fraktion empfahl eine Stärkung der Verbraucherzentralen. Banken müssten verpflichtet werden, bei längeren Kontoüberziehungen eine Umschuldung in Konsumentenkredite anzubieten.

Im Antrag der Fraktion Die Linke heißt es, die hohe Inflationsrate bedeute einen finanziellen Überlebenskampf für Haushalte mit kleinem Einkommen. Rund ein Drittel der Deutschen habe keine nennenswerten Ersparnisse, um die gestiegenen Preise zu schultern. Ihnen drohe die Überschuldungsfalle. Im Jahr 2021 sei die Zahl der Bankkunden im Dispo um 17 Prozent auf 6,6 Millionen Menschen gestiegen. Hohe Zinssätze für Dispokredite würden vornehmlich Menschen treffen, die sich am Rande des Existenzminimums bewegen und einen Dispokredit oft nutzen müssten, um finanziell über die Runden zu kommen. „Sie belasten also insbesondere Erwerbslose, Menschen in Kurzarbeit, Alleinerziehende, Seniorinnen und Senioren, Familien mit Kindern, Soloselbstständige und Niedrigverdienerinnen und -verdiener. Ihnen droht in der Folge eine Verschuldungsspirale, aus der es kaum ein Entrinnen gibt“, heißt es in dem Antrag.

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