Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer für den Eigenheimkauf
Berlin: (hib/HAU) Ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer für Ersterwerber von Wohneigentum kann aus Sicht mehrerer Experten dem Problem des oftmals zu geringen Eigenkapitals für den Immobilienerwerb entgegenwirken. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen am Montagnachmittag deutlich. Dabei wurde auch angeregt, nicht nur den Neubau von Eigenheimen, sondern auch den Bestandskauf bei der Förderung in den Fokus zu nehmen. Diskutiert wurden die dazu in einigen Kommunen aufgelegten Förderprogramme wie etwa „Jung kauft Alt“.
Gegenstand der Anhörung war ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Traum von den eigenen vier Wänden ermöglichen“ (20/1855). Darin wird die Bundesregierung unter anderen aufgefordert, es den Ländern zu ermöglichen, beim Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 250.000 Euro pro Erwachsenen und 150.000 Euro pro Kind einzuführen.
Die Eigentumsbildung sei nach wie vor ein viel gehegter Wunsch in weiten Teilen der Bevölkerung und müsse ein zentrales Ziel staatlichen Handelns sein, weshalb die dafür nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten, sagte Kai H. Warnecke, Präsident von Haus und Grund Deutschland, dem Zentralverband der Deutschen Eigentümer. Wohneigentum sei ein wichtiger Teil der Altersvorsorge und auch ein Beitrag zur sozialen Gleichheit. Eigentumsbildung sollte also durch den Staat unterstützt werden, sagte Warnecke. „Zumindest sollte sie in Zukunft nicht mehr durch den Staat verhindert werden“, fügte er hinzu. Benötigt werde unter anderem mehr Bauland, eine Entschlackung des Baurechts sowie die Anpassung der Fördermittel „insbesondere, wenn man an die energetische Sanierung des Bestandes geht“.
Auch aus Sicht von Peter Wegner, Erster Vizepräsident des Verbandes Wohneigentum, ist der Kauf einer Immobilie „oft der einfachste Weg zum Vermögensaufbau“ und eine wichtige Säule der Altersvorsorge. Die Sehnsucht danach sei unverdrossen. Wegner forderte, die Nebenkosten für den Erwerb zu reduzieren. An aller erster Stelle stehe da die Abschaffung der Grunderwerbsteuer beim Ersterwerb - auch mit einer Freibetragslösung könne er aber leben. Festzustellen sei, dass die derzeit hohen Haushaltskosten in den jungen Familien einen Kapitalaufbau verhinderten. Es brauche also ein Zuschussprogramm. Die für Mitte 2023 angekündigte Eigentumsförderung für Familien sei zu begrüßen, müsse jedoch auf Bestandserwerb ausgeweitet werden, sagte er.
Für die auch im Koalitionsvertrag erwähnten eigenkapitalersetzenden Darlehen sprach sich Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft aus. Solche Darlehen könnten der Bund oder die KfW am Kapitalmarkt refinanzieren und die Konditionen an die Haushalte weitergeben. Eine weitere Möglichkeit der Unterstützung bestehe in der Einführung einer Hypothekenversicherung nach niederländischem Vorbild. Trotz niedriger Zinsen sei in den vergangenen zehn Jahren die Eigentumsquote nicht gestiegen, sagte Voigtländer. Grund dafür sei das fehlende Eigenkapital gewesen. Gerade einmal 15 der Prozent der Mieter hätten mehr als 60.000 Euro Finanzvermögen. Das benötigte Eigenkapital liege aber vielfach noch darüber.
Aus Sicht des Wirtschaftswissenschaftlers Daniel Fuhrhop löst Neubau nicht die Probleme des Wohnungsmarktes. Die entscheidenden Gründe für Wohnungsmangel seien in der Verteilung der Wohnfläche zu suchen, im Wohnverhalten und den zugrundeliegenden gesellschaftlichen Veränderungen wie Alter und Haushaltsgröße. Hier müsse angesetzt werden, verlangte er und sprach sich dafür aus, das Modell „Jung kauft Alt“ mithilfe von Bundesmitteln flächendeckend anzubieten. So werde Wohnraum im Bestand geschaffen. Eine andere Variante sei die Vermittlung von Wohnpaaren mit Jung und Alt, die generationenverbindend zusammenleben. Auch das trage dazu bei, dass Menschen länger in ihren angestammten vier Wänden bleiben können. Um solches Zusammenwohnen der Generationen zu unterstützen, wäre seiner Meinung nach die Gründung eines bundesweiten Netzwerks zur Beratung und Förderung hilfreich, sagte Fuhrhop.
Anders als Fuhrhop sprach sich Christian König, Hauptgeschäftsführer beim Verband der Privaten Bausparkassen, für die Ausweisung von mehr Bauland und die Stärkung der Akzeptanz von Neubau aus. Eine zentrale Rolle komme der frühzeitigen Eigenkapitalbildung durch zweckgerichtetes Sparen zu. Die Verbesserung der Wohnungsbauprämie nach 25 Jahren sei ein längst überfälliger Schritt gewesen, befand König. Die Anpassung an die Inflationsentwicklung sollte seiner Auffassung nach künftig in kürzeren Abständen erfolgen. Um die Vermögensbildung für Menschen mit niedrigeren und mittleren Einkommen voranzutreiben, müsse auch die Arbeitnehmersparzulage verbessert werden. Es brauche mindestens eine Anpassung an die Inflationsentwicklung seit der letzten Erhöhung im Jahr 1999. König plädierte auch für die Schaffung eines Grunderwerbsteuerfreibetrages.
Wohneigentum sollte ein politisches Ziel sein, machte Detlev W. Kalischer, Bereichsleiter Mittelstandsbank & Private Kunden bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), deutlich. Es schütze vor Altersarmut, gebe langfristige Sicherheit und sei ein Schutz gegen steigende Mieten. Volkswirtschaftlich gesehen entspanne eine hohe Eigentumsquote die Mietmärkte. Gleichwohl gebe es in Deutschland eine deutlich rückläufige Zahl an Ersterwerbern - also denjenigen, die vom Mieter zum Eigentümer werden. Gründe dafür seien gestiegene Immobilienpreise, gestiegene Baustoffpreise, der Fachkräftemangel, steigende Zinsen und die anhaltende Inflation. Zinsgestützte KfW-Kredite ermöglichten dennoch vielen den Kauf oder den Neubau, „die es sonst nicht schaffen“. 2022 seien 34.000 Vorhaben mit Krediten über rund 3,2 Milliarden Euro unterstützt worden, sagte Kalischer.
Stefan Kofner von der Hochschule Zittau/Görlitz verwies darauf, dass derzeit das Zinsniveau wie 2010 bei 4 Prozent für zehnjährige Zinsbindung liege, die Immobilienpreise sich im Vergleich zu damals aber verdoppelt hätten. „Das führt zu einer katastrophalen Verschlechterung der Erschwinglichkeit“, sagte er. Wohneigentumsbildung sei „bis weit in die Mittelschicht keine realistische Option mehr“. Wichtig sei es, sich um die Flaschenhälse zu kümmern. Dazu gehören der Kapitalmarkt, der Baumarkt und der Bodenmarkt. Blieben diese Elemente weiterhin wenig elastisch, brächten auch weitere Subventionen nichts, sagte Kofner. Wenig attraktiv sind aus seiner Sicht die Konditionen des KfW-Wohneigentumsprogramms. Die Zinsbindungen seien zu kurz. Er plädiere für 30-jährige Volltilgerdarlehen zu 3 Prozent.
Einen „dritten Weg“ - neben selbstgenutztem Privateigentum und fremdvermieteten Immobilien - stellte David Robotham, Projektmanager der Wohnungsbaugenossenschaft „Am Ostseeplatz“ in Berlin, mit dem genossenschaftlichen Wohnen vor. Genossenschaftliche Angebote seien durchschnittlich günstiger als Angebote am freien Markt, die Bestände im besseren Zustand und für ihre Mitglieder ein hoher Garant für sicheres Wohnen, sagte er. So werde der Wunsch nach den eigenen vier Wänden erfüllt. Genossenschaftliches Wohnen böte in diesen volatilen Zeiten ein zeitgemäßes Angebot zur preisgünstigen Wohnraumversorgung. Dadurch werde dem individuellen Bedürfnis nach risikoarmer Freiheit und Flexibilität begegnet. Daher, so Robotham, müsse auch auf Bundesebene die Förderkulisse explizit für Genossenschaften verbessert werden.