14.11.2022 Klimaschutz und Energie — Unterrichtung — hib 655/2022

Klima-Expertenrat mahnt Politik zu Paradigmenwechsel

Berlin: (hib/MIS) Die Entwicklung der Treibhausgasemissionen wie auch die Fortschreibung der Trends der letzten Jahre lassen den Klima-Expertenrat zweifeln, dass die Ziele für 2030 erreicht werden können. Das geht aus dem als Unterrichtung (20/4430) vorliegendem „Gutachten zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen (Zweijahresgutachten 2022)“ hervor.

Zusammenfassend heißt es darin: Für die zukünftige Ausrichtung der deutschen Klimapolitik seien drei Hauptergebnisse des Gutachtens entscheidend. Erstens: Es habe im Zeitraum von 2000 bis 2021 substanzielle Emissionsminderungen gegeben, aber die realisierten klimapolitischen Wirkungen waren vielfach geringer als die avisierten und durch politische Instrumente adressierten Ziele. Dies zeige sich an den sehr unterschiedlichen Verläufen der Minderungen in den verschiedenen Sektoren durch Phasen, in denen Emissionen nicht weiter zurückgingen oder sogar wieder anstiegen. Zweitens: Ein nahezu kontinuierlicher Zuwachs der Aktivitäten in allen Sektoren einschließlich Rebound-Effekten habe einer möglichen stärkeren Absenkung der Emissionen entgegen gewirkt. Drittens: Die in der Vergangenheit beobachtete Entwicklung der Treibhausgasemissionen wie auch die Fortschreibung der Trends der letzten Jahre vor der Covid-19-Pandemie wiesen für alle Sektoren und insgesamt auf eine erhebliche Erfüllungslücke mit Blick auf die Ziele des Jahres 2030 hin.

Diese Beobachtungen führe zur Frage, ob ein Erreichen der zukünftigen Klimaziele ohne einen Paradigmenwechsel in der Ausrichtung der deutschen Klimapolitik gelingen könne. Während heute vor allem der Wirkraum des Aufbaus von neuem Kapitalstock politisch im Fokus stehe, würde ein substanzieller Wechsel darin bestehen, dass zukünftig alle zur Verfügung stehenden Wirkräume konsequent adressiert werden. Das beinhalte insbesondere auch den Rückbau des fossilen Kapitalstocks sowie die Reduzierung relevanter Aktivitätsgrößen. Eine Möglichkeit für die ganzheitliche Adressierung aller Wirkräume wäre demnach die harte Begrenzung zulässiger Emissionsmengen. „Politische Steuerung hätte dann nicht mehr die primäre Aufgabe, Emissionen zu steuern, sondern die dafür umso größere Herausforderung, den Wandel so zu gestalten, dass er für Wirtschaft und Gesellschaft ökonomisch und verteilungspolitisch tragfähig ist. Klimapolitik wäre dann nicht mehr überwiegend Emissions-Minderungspolitik, sondern zunehmend Wirtschafts- und Sozialpolitik unter den neuen Rahmenbedingungen der harten Mengengrenze“, schreiben die Expertinnen und Experten.

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