07.11.2022 Wirtschaft — Anhörung — hib 624/2022

Wirtschaftsausschuss hört Fachleute zur Entlastung von Gaskunden

Berlin: (hib/EMU) Die geplante Einmalzahlung für Gaskundinnen und Gaskunden im Dezember und die sogenannte Gaspreisbremse ist am Montag, 7. November 2022 Gegenstand einer öffentlichen Anhörung im Wirtschaftsausschuss gewesen. Die Bundesregierung plant, private Haushalte sowie Unternehmen mit einem Jahresverbrauch bis zu 1,5 Millionen Kilowattstunden durch die Erstattung der Abschlagszahlungen im Dezember finanziell zu entlasten. Die Umsetzung ist durch eine Änderung des bereits eingebrachten Gesetzentwurfes zum ERP-Wirtschaftsplan 2023 (20/3437) geplant. Das durch einen entsprechenden Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP geänderte Gesetz soll am Donnerstag im Plenum in zweiter und dritter Lesung beraten und abgestimmt werden.

Die geladenen Sachverständigen waren sich einig, dass die geplante Entlastung der Privathaushalte und kleinerer und mittleren Unternehmen richtig sei - allerdings gab es Zweifel an der zeitlichen Umsetzbarkeit der Zahlung und auch am geplanten Start der sogenannten Gaspreisbremse ab März.

Während Thomas Engelke, Leiter Team Energie und Bauen bei der Verbraucherzentrale Bundesverband eine rückwirkende Einführung zum Januar forderte, „um die Lücke im Winter zu schließen“, in der die Verbraucherinnen und Verbraucher keine Entlastung erhielten, sprach sich Kay Laudien vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen dafür aus, die für Dezember geplante Entlastung auf den Januar und Februar auszuweiten: „Ein Vorziehen der Gaspreisbremse ist für uns bürokratisch nicht machbar“, so Laudien. Dem schloss sich auch Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen an: „Wenn, dann geht höchstens eine Wiederholung der Dezemberlösung im Januar und Februar.“ Er appellierte, die Gaspreisbremse weder vorzuziehen und auch nicht rückwirkend abzurechnen.

Um aus der akuten Hilfe langfristig wirkende Hilfen abzuleiten, schlugen die beiden Sachverständigen Isabella Weber, Wirtschaftsprofessorin an der University of Massachusetts Amherst und Mitglied der „Unabhängigen ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme“ (Gaspreiskommission) und Verbraucherschützer Engelke vor, Haushalte, die einen weiterhin hohen Gasverbrauch haben, durch eine Obergrenze zu weiterem Sparen zu „motivieren“ (Engelke). Die Haushalte, die nicht mehr sparen könnten, sollten auch in Zukunft weiter entlastet werden, zum Beispiel durch ein Moratorium.

Weber brachte zudem den Vorschlag einer Besteuerung der Soforthilfen für Haushalte mit einem Jahreseinkommen von 72.000 Euro und darüber vor: „Das würde helfen, die Zielgenauigkeit der Maßnahme weiter verbessern, damit eine wachsende soziale Schieflage verhindert werden kann.“

Kritik an den geplanten Hilfen kam von den Fachleuten Friedemann Berg, Geschäftsführer des Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks und Frank Hennig, Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung. Berg bewertete die Hilfen zwar als Unterstützung jener Betriebe, die mit Gas wirtschafteten, jedoch würden 30 Prozent der Bäckereibetriebe mit Öl, Pellets und anderen Energieträgern arbeiten. Sie seien in der Situation auch belastet, erhielten aber keine Unterstützung. Der Gesetzentwurf zur Einmalzahlung für Gaskunden müsse daher ergänzt werden, unter anderem durch eine effektive Härtefallregelung für kleinere und mittlere Unternehmen, die andere Energieträger als Gas nutzen.

Henning bezeichnete die Pläne der Bundesregierung als „Notwehr ohne nachhaltige Wirkung“. „Die Preisbremsen bekämpfen die Symptome und nicht die Ursachen“, so der Fachmann. Er nannte stattdessen das Aussetzen der CO2-Steuer als langfristiges Mittel, sowie die dauerhafte Absenkung der Mehrwertsteuer für Energieversorgung.

Auf die Situation in den Kommunen gingen Nadine Katharina Schartz vom Deutschen Landkreistag und Tim Bagner vom Deutschen Städtetag ein. „Wir wünschen uns eine Klarstellung, ob kommunale Einrichtungen erfasst sind oder nicht“, so Schartz. Dieselbe Frage stellt auch Bagner, fügte aber hinzu, dass er nicht glaube, dass die Daseinsvorsorge gefährdet sei: „Schulen und Rathäuser werden deshalb nicht schließen.“

Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, kritisierte, dass aus dem geänderten Gesetz nicht klar hervorgehe, ob große Einrichtungen wie beispielsweise Kinderdörfer unter die Rückausnahmen für Großverbraucher fielen. So entstehe unter Umständen ein Missverständnis und eine seltsame Schieflage: Während kleine Jugendhilfen von den Hilfen profitieren, fielen die Dachverbände heraus.

Optimistisch, dass bei den Auszahlungen alles glatt laufen werde, zeigte sich Lutz-Christian Funke, Generalsekretär bei der für die Abwicklung zuständigen Kreditanstalt für Wiederaufbau: Es handele sich dabei zwar um ein für die Bank atypisches Geschäft und die Schwierigkeiten lägen in der Kurzfristigkeit, so Funke. Aber er sagte auch, dass es funktionieren werde: „Wir werden das hinkriegen.“

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