Ausnahme von Schuldenregel für Abwehrschirm beantragt
Berlin: (hib/SCR) Für die Finanzierung der von der Bundesregierung geplanten Gas- und Strompreisbremsen sowie von Unternehmenshilfen soll die Nettokreditaufnahme des Bundes in diesem Jahr deutlich höher ausfallen als geplant. Dazu beantragen die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eine Ausnahme von der Schuldenobergrenze im Artikel 115 Grundgesetz. Die Bundesregierung plant, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds mit Kreditermächtigungen in Höhe von 200 Milliarden Euro für dieses Jahr auszustatten. Über den Gesetzentwurf (20/3937) sowie den Antrag soll der Bundestag am Freitag abstimmen.
Eine solche Ausnahme hatte der Bundestag bereits im Juli zur Verabschiedung des Bundeshaushalts 2022 auf Antrag der Koalition beschlossen. Seinerzeit hatten die Fraktionen den Antrag mit einer „außergewöhnlichen Notsituation“ durch die anhaltenden Belastungen durch die Corona-Pandemie sowie durch die Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine begründet.
Wie die Fraktionen im nun vorliegenden Antrag schreiben, haben sich die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine seither verschärft, „insbesondere durch Einstellung der russischen Gaslieferungen, die einen bedeutenden Anteil an der Gasversorgung in Deutschland darstellten“. Ohne staatliches Gegensteuern könnten die hohen Energiepreise zu Produktionsstopps in der Wirtschaft sowie zu einer weiter steigenden Inflation führen. Eine „Abwehrspirale für die deutsche Wirtschaft“ könnte in Gang gesetzt werden, „die mit signifikanten Verlusten von Wohlstand und Arbeitsplätzen einherginge“.
In dem Antrag führen die Fraktionen weiter aus, dass die Finanzierung der bis 2024 möglichen Maßnahmen wie den Gas- und Strompreisbremsen eine Bereitstellung der Mittel in diesem Jahr erforderlich machten. „Die vollständige Bereitstellung der Mittel bereits in diesem Jahr liefert ein deutliches Signal sowohl an Russland als auch für die Planbarkeit an die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger, dass sie sich darauf verlassen können, dass der Bund die notwendigen Mittel, die zur Abwehr schwerer wirtschaftlicher Schäden erforderlich sind, verfügbar macht“, heißt es in der Vorlage.
Die Fraktionen schreiben ferner, dass die zusätzlichen Kreditermächtigungen in Höhe von 200 Milliarden Euro „notwendig“ seien. „Eine Umpriorisierung von bestehenden Maßnahmen im Bundeshaushalt ist angesichts der weiterhin notwendigen anderweitigen Maßnahmen zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges nicht möglich. Eine kurzfristige Erhöhung der staatlichen Einnahmen würde die Volkswirtschaft zusätzlich belasten“, heißt es in dem Antrag.
Der Antrag enthält zudem einen Tilgungsplan für die durch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds aufzunehmenden Kredite vor. Danach sollen diese Kredite ab 2031 und den folgenden 30 Haushaltsjahren getilgt werden. In dem Jahr soll auch die Tilgung der Kredite aus dem Sondervermögen Bundeswehr beginnen. Die Tilgung der sonstigen bis dato über der zulässigen Kreditobergrenze aufgenommenen Kredite der Jahre 2020 bis 2022 soll weiterhin ab 2028 erfolgen, wie es im Antrag heißt.