17.10.2022 Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen — Anhörung — hib 562/2022

Experten loben Pläne für zweiten Heizkostenzuschuss

Berlin: (hib/JOH) Der zweite, von der Bundesregierung geplante Heizkostenzuschuss für Haushalte, die in mindestens einem Monat in der Heizperiode vom 1. September 2022 bis zum 31. Dezember 2022 wohngeldberechtigt sind, ist am Montagmittag in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen auf großen Zuspruch gestoßen. Die geladenen Sachverständigen waren sich einig, dass die neuerliche Einmalzahlung Geringverdiener schnell und unbürokratisch von steigenden Heizkosten entlastet. Zugleich mahnten sie eine zügige Auszahlung und eine klare Festlegung, bis wann dies erfolgt sein soll, an. Der Heizkostenzuschuss soll laut dem dazu vorgelegtem Gesetzentwurf (20/3884) auch Beziehern von Berufsausbildungsbeihilfe (BafÖG) und Ausbildungsgeld zugutekommen soll.

Damit werde verhindert, dass Haushalte mit geringen Einkommen in Notlagen gerieten, die dann durch andere Hilfeangebote aufgefangen werden müssten, urteilte etwa Sebastian Klöppel vom Deutschen Städtetag. Positiv sei auch, dass sich eine rückwirkende Aufhebung des Wohngeldbescheides nicht auf die Zahlung des Heizkostenzuschuss auswirken soll. Weil die Länder allerdings zunächst Zuständigkeitsverordnungen erlassen müssten, sei die Auszahlung erst Ende Januar oder Anfang Februar 2023 realistisch, sagte er.

Als mangelhaft bezeichnete Klöppel wie zahlreiche andere Experten auch die Regelung im Entwurf, dass für die Ermittlung der Zuschusshöhe die Zahl der Haushaltsmitglieder im Monat Dezember maßgeblich sein soll. Deborah Dautzenberg, Leiterin der Abteilung Wohnungsbau, Wohnungs- und Siedlungsentwicklung im Bau-Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, und Birgit Fix vom Deutschen Caritasverband mahnten daher eine entsprechende Änderung im Gesetzentwurf an. Aus ihrer Sicht sollte die Höchstzahl der im Haushalt lebenden Personen in den betreffenden vier Monaten Grundlage für die Berechnung sein.

Der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Matthias Anbuhl, lobte, dass der Zuschuss von Amtswegen ausgezahlt und nicht auf Sozialleistungen angerechnet werden soll und auch Studierende und Auszubildende einbeziehe. Allerdings werde die Auszahlung erst sehr spät, in den ersten Monaten des Jahres 2023, erfolgen, vermutete er und verwies in dem Zusammenhang auf die Verzögerungen bei der Auszahlung des ersten Heizkostenzuschusses, den die Bundesregierung bereits im Frühjahr beschlossen hatte.

Andere Sachverständige zeigten sich ebenfalls skeptisch, dass die Hilfe schnell bei den Haushalten ankommen wird. „Das ist dieses Jahr nicht realistisch“, urteilte Melanie Weber-Moritz vom Deutschen Mieterbund, die weitere Hilfen zur Abfederung der hohen Energiekosten forderte. Allein in den Großstädten seien vier Millionen Haushalte mit ihren Wohnkosten überlastet, betonte sie. Vom einmaligen Heizkostenzuschuss würden jedoch nur rund eine Millionen Haushalte profitieren. Sie sprach sich für flächendeckende monatliche Zuschüsse und eine zeitnahe Umsetzung mietrechtlicher Vereinbarungen aus, um Mieterinnen und Mieter, die die Kosten nicht stemmen können, vor Strom- und Gassperren sowie Kündigungen zu schützen.

Birgit Fix forderte, in den Heizkostenzuschuss auch andere Gruppen, die wegen der steigenden Wohnkosten überlastet seien, einzubeziehen. „Wir sehen in der Schuldnerberatung derzeit Menschen, die wir noch nie gesehen haben. Das reicht weit in die Mittelschicht rein“ berichtete die Caritas-Mitarbeiterin. Eine mögliche Lösung ist aus ihrer Sicht der von der Expertenkommission Gas und Wärme der Bundesregierung vorgeschlagene Härtefallfonds. Fix verwies außerdem auf die schwierige Situation der Pflegeeinrichtungen, die wegen verschiedener Vorgaben zum Schutz der Bewohnenden und der zu lagernden Medikamente nicht ohne weiteres Energie einsparen könnten.

Vielfach mahnten die Sachverständigen in der einstündigen Anhörung eine Vereinfachung des komplexen Antragsverfahrens und mehr Anstrengungen bei der Digitalisierung der Verwaltungen an. Auch mit Blick auf die geplante Reform des Wohngeldgeldes verbunden mit einer Verdreifachung der Anträge ab dem 1. Januar 2023 sei eine „Digitalisierungsoffensive für die Wohngeldstellen“ essentiell, betonte Carsten Herlitz vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Er regte darüber hinaus an, die Höhe des Heizkostenzuschusses dynamisch auszugestalten, sollte eine schnelle Auszahlung nicht möglich sein. Nur so könne auf sich stark verändernde Preise reagiert werden.

Markus Mempel vom Deutschen Landkreistag urteilte, im inhaltlichen und zeitlichen Zusammenspiel mit dem Entwurf für ein WohngeldPlus-Gesetz sei die Umsetzung durch die Wohngeldstellen der Landkreise und kreisfreien Städte zum 1.1.2023 kaum zu bewältigen. Es brauche deutliche Verfahrensvereinfachungen im Wohngeldrecht statt zusätzliche Verfahrenserschwernisse wie Einzel- und Härtefallprüfungen sowie Bagatellgrenzen . „Dafür haben wir keine Zeit. Das muss schnell raus.“

Jennifer Puls vom Paritätischen Gesamtverband nannte es nicht nachvollziehbar, warum beim Heizkostenzuschuss der Monat April 2022 unberücksichtigt bleibe. Außerdem wiesen auch die Strompreise hohe Steigerungsraten auf, weshalb auch sie beim Wohngeld Plus sowie dem Heizkostenzuschuss eine Rolle spielen sollten. Puls zufolge war Energiearmut bereits vor den aktuellen Preissteigerungen ein großes soziales Problem gewesen.

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