Mehr Tempo bei Tierhaltungskennzeichnung angemahnt
Berlin: (hib/NKI) Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), hat am Mittwoch im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Stellung zur für 2023 geplanten Einführung einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung und zum Stand der Umsetzung des Umbaus der Nutztierhaltung genommen. Sie betonte, dass die Tierhaltungskennzeichnung ein wesentliches Ziel der Bundesregierung sei. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) hatte die Eckpunkte des Gesetzentwurfes Anfang Juni vorgestellt. Die Umsetzung werde schrittweise vorangehen, weil die Bundesregierung die Vorhaben bei der Europäischen Union notifizieren muss.
Die staatliche Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch und Wurst sieht ein fünfstufiges Modell für die Haltungsformen Stall, Stall und Platz, Frischluftstall, Auslauf/Freiland sowie Bio vor. Sie unterschieden sich vor allem darin, wie viel Platz die Tiere haben und wie komfortabel ihre Ställe ausgestattet sind. Nach Özdemirs Plänen soll die verbindliche staatliche Kennzeichnung bereits im kommenden Jahr starten, beginnend mit dem Bereich Schweinefleisch.
An der geplanten Kennzeichnung sollen Verbraucher verlässlich sehen können, in welcher Haltungsform die Tiere einmal lebten. Diese Transparenz soll auch eine bewusstere Kaufentscheidung ermöglichen. So ähnlich läuft es schon bei Eiern, die einen Zahlencode zur Haltungsform aufgedruckt bekommen - von Null für Bio bis drei für Käfighaltung. Die Fleischkennzeichnung des Handels hat auf den Etiketten die Zahlen eins bis vier für die verschiedenen Stufen und dazu die jeweiligen Farben Rot, Hellblau, Orange und Grün.
Zur Kennzeichnung soll eine gesicherte Finanzierung kommen, damit Landwirte auf Investitionen in Stallumbauten und höheren laufenden Kosten nicht alleine sitzen bleiben. Im Gespräch sind nach Empfehlungen der Borchert-Kommission ein höherer Mehrwertsteuersatz oder eine Tierwohlabgabe auf tierische Produkte. Denkbar wäre beispielsweise ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch. In der Regierungskoalition gibt es derzeit jedoch keine Einigung über die Frage der Finanzierung, die FDP lehnt angesichts der hohen Inflation Preisaufschläge für Verbraucher ab.
Bis auf die Fraktion der AfD sprachen sich die Abgeordneten für eine solche Kennzeichnung aus. Die AfD-Fraktion verwies auf die aktuelle Lage von Landwirten und von Verbrauchern, die Nachfrage nach Biolebensmitteln sei aufgrund der steigenden Preise rückläufig, zudem sei nicht bekannt, was die Einführung der geplanten Kennzeichnung koste.
Die Vertreter der CDU/CSU-Fraktion wiesen darauf hin, dass die Debatte um die Kennzeichnung die Landwirte weiter verunsichere. Investitionen würden bei den Betrieben nicht umgesetzt, solange nicht geklärt sei, wer die Kosten für den Umbau der Ställe tragen werde.
Von Seiten der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wurde darauf hingewiesen, welchen Stellenwert die Transformation der Landwirtschaft habe. Für die Senkung der Treibhausgase sei die Reduzierung von Tierbeständen notwendig. Bis ins Jahr 2035 sollen diese Bestände um 50 Prozent halbiert werden. Die Tierkennzeichnung sei ein guter Anfang, allerdings handle es sich dabei lediglich um den ersten Schritt einer Reise.
Die SPD-Fraktion forderte die Regierungsparteien auf, mit der Umsetzung der Tierhaltungskennzeichnung zu beginnen und auch die Umsetzung für die Bereiche Tiertransport und Schlachtung zügig zu bearbeiten.
Die Abgeordneten der FDP unterstrichen, dass es für dieses Vorhaben keine Preiserhöhungen geben dürfe, zudem müssten die derzeit noch bestehenden bäuerlichen Strukturen erhalten bleiben, und den Betrieben müssten Zusagen gemacht werden, wer die Kosten für den Umbau trage. Dabei gehe es um einen Zeitrahmen von 15 bis 20 Jahren. Kein Landwirt würde investieren, wenn die Kosten nicht langfristig gedeckt seien, so der Hinweis.
Die Fraktion Die Linke wollte wissen, ob es einen konkreten Zeitplan für die Einführung der Tierhaltungskennzeichnung gebe, welche Maßnahmen für Gastronomie und für die verarbeitenden Produzenten vorgesehen seien, und wie mit importiertem Fleisch umgegangen werden solle.