Nachhaltiges Reisen setzt Bewusstsein der Urlauber voraus
Berlin: (hib/EMU) Um die Möglichkeiten und Herausforderungen des nachhaltigen Tourismus ging es in einer öffentlichen Anhörung im Tourismusausschuss. Fünf Sachverständige stellten den Ausschussmitgliedern ihre Vorstellungen zur Förderung eines emissionsarmen, klimafreundlichen und sozial gerechten Reisens vor.
Aus der Fraktion der SPD kam die Frage an Uwe Hiksch, Mitglied des Bundesvorstandes der NaturFreunde Deutschlands, wie man erreichen könne, dass sich die Menschen nicht nur bei der Anreise um Nachhaltigkeit Gedanken machten, sondern sich auch am Urlaubsort entsprechend verhielten. Hiksch führte aus, dass erreicht werden müsse, dass sich die Menschen bereits vor der Ankunft in der Urlaubsregion stärker mit dieser auseinandersetzten. So könne man den Urlaubern beispielsweise die Frage stellen, ob sie bei einer Reise in das wasserarme Afrika wirklich das Hotel mit dem großen Pool buchen müssen. Es gehe um Bildung und Reflektion, sagte Hiksch.
Niklas Höhne vom New Climate-Institute for Climate Policy and Global Sustainability ging auf die Frage der Fraktion von CDU/CSU ein, was in Sachen Nachhaltigkeit und erneuerbarer Energien im Tourismus vom Staat getan werden müsse. Da Zertifizierungen freiwillig seien, brauche es auch Maßnahmen der Ordnungspolitik, sagte Höhne. So müssten CO2-Emissionen bepreist werden, es müsse Standards für Gebäude und Transportmittel geben und die Verwendung von CO2-neutralen Kraftstoffen im Luftverkehr müsse vorangebracht werden.
Auf Bitte der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen erläuterte Petra Thomas, Geschäftsführerin von forum anders reisen e.V., ihre Vorstellung einer nationalen Dachmarke zur Überprüfung von Zertifikaten. Thomas hatte in ihrer Stellungnahme kritisiert, dass nachhaltige Reisen für die Verbraucher oft schwer auffindbar seien und es zu viele Zertifikate gebe, die mehr verwirrten, als dass sie Orientierung böten. Es gebe weltweit etwa 800 Zertifikate im Bereich des nachhaltigen Reisens, diese zu vergleichen sei auch für Fachleute kaum möglich, sagte Thomas. Es sei deshalb wichtig, einen einheitlichen Standard durch eine bekannte Stelle zu schaffen, wie es in der Lebensmittel- oder Papierindustrie der Fall sei.
Aus der FDP-Fraktion kam eine Frage an Jan Sadowsky, geschäftsführender Gesellschafter bei der Klimapatenschaft GmbH, was er sich unter dem von ihm in der Stellungnahme genannten regenerativen Tourismus vorstelle. Sadowsky führte aus, dass es notwendig sei, sich besonders beim Deutschlandurlaub mehr Gedanken über die Anreise zu machen. Es seien in der Vergangenheit immer mehr Bahnlinien eingestellt worden, deshalb müssten viele Gäste das Auto nehmen, schlicht weil es keine Alternative gebe. Zudem solle den Reisenden vermittelt werden, dass eine alternative Anreise bereits einen Mehrwert hat und nicht nur beispielsweise die Unterbringungen oder die Aktivitäten im Urlaubsort.
Ralf Hieke, Geschäftsführer der FairWeg GmbH, ging auf die Aussage aus der AfD-Fraktion ein, das Reisen solle reguliert und den Menschen vorgeschrieben werden, wie oft und wie lange sie in den Urlaub fahren dürfen: Es gebe keine Institution, die überwache, wer wann wie oft und wie lange wohin reise. Dennoch müsse man sich Gedanken darüber machen, ob jeder Kurztrip mit dem Billigflieger sein müsse, nur weil es ein Angebot dafür gebe, sagte Hieke. So könne man über den Preis die Nachfrage regulieren und Anreize schaffen, eher wenige längere Urlaube zu planen, als viele kurze.
Die Fraktion Die Linke wollte vom Experten Uwe Hiksch wissen, wie insbesondere Familien mit mehreren Kindern bei der Finanzierung von Urlaub unterstützt werden könnten. Hiksch antwortete, dass es nicht sein könne, dass ein Familienurlaub auf Mallorca billiger sei als ein Urlaub in Deutschland. Es brauche hierzulande mehr Infrastruktur für Familien, so müssten unter anderem Familienferienstätten stärker unterstützt werden, um günstige Beherbergung anbieten zu können. Außerdem sollte günstiges Bahnfahren für Familien mit Kindern stärker gefördert werden.