Gebäudeeffizienzförderung stärker auf Bestand ausrichten
Berlin: (hib/HAU) Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) sollte künftig stärker auf den Gebäudebestand ausgerichtet werden. Diese Forderung erhoben mehrere Sachverständige während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie am Mittwoch. Hintergrund der Anhörung war der abrupte Stopp der Förderung Anfang des Jahres und die Forderung der Unionsfraktion an die Bundesregierung, „diesen Förderstopp mit sofortiger Wirkung rückgängig zu machen“ (20/524).
Für die Wohnungswirtschaft in Deutschland war der Stopp der Bundesförderung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) am 24. Januar diesen Jahres eine Katastrophe, sagte Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Neubauvorhaben seien größtenteils gestoppt worden, habe eine Umfrage des Verbandes ergeben, sagte Esser. Das habe mit dem Förderstopp zu tun, aber auch mit der Problematik fehlender Rohstoffe und „davonlaufender Preise“. Die Wiederaufnahme der Förderung von Sanierungen bei Bestandsobjekten begrüßte die GdW-Hauptgeschäftsführerin. Angesichts rasant steigender Preise müssten dennoch viele geplante Maßnahmen zurück gestellt werden.
KfW-Direktor Detlev W. Kalischer erläuterte die Hintergründe des Förderstopps. Die enorme Antragsflut der vorangegangenen Wochen habe zu einer Ausschöpfung der vom Bund für die BEG bereitgestellten Haushaltsmittel geführt, so Kalischer. Am 20. April 2022 sei die Förderung wieder aufgenommen worden. Die zur Verfügung gestellte Summe von einer Milliarde Euro sei aber schon im Laufe des Tages ausgeschöpft worden. Im Januar 2023 werde das Programm „Klimafreundliches Bauen“ starten, kündigte er an. Hierfür würden die Förderanforderungen aus der Stufe 2 (Effizienzhaus-/Effizienzgebäude-Stufe 40) weiterentwickelt und ein Fokus auf die Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus gelegt.
Aus Sicht von Sibylle Braungardt vom Öko-Institut müssen die Fördermittel schwerpunktmäßig in der Sanierung von Bestandsgebäuden eingesetzt werden, „da dort die größten Einsparwirkungen erzielt werden“. Die Förderung müsse sich zudem auf Maßnahmen konzentrieren, die mit den Klimazielen kompatibel sind. „Fossile Heizanlagen sollten nicht mehr gefördert werden“, verlangte sie. Außerdem gelte es, dass flächensparende Bauen stärker in den Blick zu nehmen.
Henning Ellermann von der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz verlangte, künftige Förderstopps in jedem Falle zu vermeiden. Um Planungssicherheit herzustellen brauche es eine überjährig auskömmliche Förderung der BEG in Höhe von mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr. Förderung und Ordnungsrecht müssten zudem besser verzahnt werden, verlangte er. Grundsätzlich sei er dafür, die stimmige BEG-Systematik beizubehalten „und behutsam und zielkonform weiterzuentwickeln“, sagte Ellermann.
Auch Martin Pehnt, Geschäftsführer des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg, will an der BEG festhalten, sie aber kurzfristig novelliert wissen. Die künftige BEG solle die soziale Akzeptanz und Bezahlbarkeit der Wärmewende sichern, so Pehnt. „Das heißt auch: Fokus auf Gebäudebestand statt Neubau“, sagte er. Neubauförderung sollte aus seiner Sicht nur noch punktuell erfolgen. Im Gegenzug sollte die Schaffung neuen Wohnraums durch Umbau oder Aufstockung von Bestandsgebäuden gezielt gefördert werden.
Der „wirklich wichtige“ Gebäudebestand werde durch die BEG „viel zu wenig adressiert“, sagte Jan Witt vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Beleg dafür sei, dass es zu Beginn der Programme 87 Prozent Neubauzusagen und nur 13 Prozent Sanierungszusagen gegeben habe. Auf dem Weg in die Klimaneutralität werde sich auch die Energiewirtschaft transformieren, sagte Witt. Dazu müssten die Netze ertüchtigt werden und auf jene Energieträger gesetzt werden, „die erneuerbare Energien transportieren können“. Wichtig sei eine erfolgreiche kommunale Wärmeplanung. Gestärkt werden müsse auch die Energieberatung, verlangte Witt.
„Die öffentliche Förderung muss aufgestockt und auf den Gebäudebestand fokussiert werden“, forderte Franz Michel vom Deutschen Mieterbund. „Der Wohnungsneubau schafft bislang keine ausreichende Entlastung für die angespannten städtischen Wohnungsmärkte“, sagte er. Gleichzeitig hinke die Sanierung des Gebäudebestandes hinterher. Gerade im unsanierten Bestand drohten die steigenden Energiekosten zu einer zweiten Miete zu werden, warnte Michel. Die BEG setze massive Fehlanreize für den Bau klimakompatibler und bezahlbarer Wohnungen, befand er. Ein Großteil der ausgeschütteten Fördermittel gehe in den freifinanzierten und damit mietpreisungebundenen Neubau. „Die notwendige Sanierung des Gebäudebestands bleibt dagegen unterfinanziert“, so der Vertreter des Deutschen Mieterbundes.