07.11.2024 Sport — Ausschuss — hib 766/2024

Analyse der Sommerspiele von Paris kommt im März 2025

Berlin: (hib/HAU) Das für den Leistungssport zuständige Vorstandsmitglied im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), Olaf Tabor, ist „aus Medaillensicht“ nicht zufrieden mit dem Abschneiden des deutschen Teams bei den Olympischen Sommerspielen in Paris 2024, warnt aber zugleich davor, den Kopf in den Sand zu stecken. „Wir haben gute grundsätzliche Voraussetzungen, um den Turnaround zu schaffen“, sagte er bei einer öffentlichen Sitzung des Sportausschusses. Aktuell sei der DOSB mit den Fachverbänden bei der Aufarbeitung der jeweils individuellen Sportartsituation „in der Finalisierungsphase“. Die Verbände hätten noch 14 Tage Zeit, um die Berichte aus ihren eigenen Zuständigkeiten vorzulegen. Im März 2025, so der DOSB-Vorstand, werde es eine Zyklusanalyse unter Einbindung des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaften (IAT) sowie des Instituts für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) und weiteren Spezialisten aus dem Bereich des Sport geben.

Bei der Analyse gehe Genauigkeit vor Geschwindigkeit, sagte Tabor. Die Ergebnisse der Zyklusanalyse seien auch Handreichungen für die zu schaffende unabhängige Agentur für Spitzensport. „Aus meiner Sicht ist das ein Paket“, sagte er. Die Agentur selber könne nur strukturelle Änderungen bringen. Die Fachverbände müssten ihre eigenen Schlüsse ziehen. Der DOSB werde ihnen dabei behilflich sein, um sicherzustellen, „dass wir da nicht in der Oberflächlichkeit hängenbleiben“.

Das Team D hatte in Paris zwölf Goldmedaillen, 13 Silbermedaillen und acht Bronzemedaillen errungen. Das reichte für Platz zehn in der Länderwertung. Bei den TOP8-Platzierungen indes lag Deutschland auf Platz sechs. Letzteres zeige, dass es ein Potenzial gebe, das auch kurzfristig zu heben sei, sagte der DOSB-Vorstand Leistungssport. Dass nur 27 Prozent derjenigen, die unter den TOP8 sind, auf den ersten drei Plätzen zu finden sind, zeige, dass es nicht so gut wie in anderen Ländern gelinge, die letzten Prozent herauszuholen.

Aus Sicht der Schwimmerin Angelina Köhler und des Bahnradfahrers Theo Reinhardt waren die Spiele in Paris ein herausragendes Ereignis. Lob gab es von ihnen für die Organisation der Spiele aber auch insbesondere für das in Paris geschaffene „Deutsche Haus“. Das sei für sie wie eine kleine Heimat inmitten des ganzen Trubels gewesen, sagte Köhler. Ihren 4. Platz über 100 Meter Schmetterling bewertete sie als „Riesenleistung, auch wenn die verpasste Medaille schmerzt“. Mit Blick auf die Bronzemedaillengewinnerin Zhang Yufei (China) sagte Köhler, es sei schwierig die Medaillen gegen eine Kontrahentin zu verlieren, bei der ein Dopingverdacht im Raum stehe.

Für Bahnradfahrer Theo Reinhardt waren es die dritten Olympischen Spiele. Auch als „alter Hase“ sei es für ihn ein unfassbares Erlebnis gewesen, sagte er vor den Abgeordneten. Auch Reinhardt blieb eine Medaille im Madison nach einem frühen Sturz im Rennen versagt. Gemeinsam landete er mit seinem Partner Roger Kluge auf dem 7. Platz. Sie seien top-vorbereitet gewesen, sagte Reinhardt. Rückschläge gehörten aber zum Sport dazu.

Köhler und Reinhardt forderten mehr Anerkennung und Unterstützung für den Spitzensport. Die Schwimmerin verwies darauf, dass die Karriere im Spitzensport kurz und mit erheblichen Risiken verbunden sei. Athleten bräuchten daher frühzeitig eine solide Grundlage für das Leben nach dem Sport. Eine duale Karriere zu meistern sei aber ein Balanceakt. Helfen, so Köhler, würden Stipendien - also Kooperationen zwischen Verbänden und Hochschulen. Zu begrüßen ist aus ihrer Sicht die Absicht, die Förderung und Gestaltung der Strukturen für den Spitzensport an eine professionelle Sportagentur zu übertragen. Bei allen Entscheidungen müssten aber die Sportler durch Athleten Deutschland vertreten sein, forderte sie.

Bahnradfahrer Reinhardt sprach sich dafür aus, nicht nur über höhere Erfolgsprämien, sondern auch über eine Mindestabsicherung zu diskutieren. Das Sportfördergesetz gebe die Chance, eine Absicherung für „Athleten ohne eine Sportförderstelle“ zu verankern, sagte er. Dies würde auch den Spitzensport für neue Talente attraktiver machen.

Eine kritische Bewertung der aktuellen negativen Gesamtentwicklung, forderte FES-Direktor Michael Nitsch. Es brauche eine durchdachte Spitzensportstrategie, die bislang fehle. Die Umsetzung dieser Strategie müsse durch die Agentur und das Sportfördergesetz sichergestellt werden.

IAT-Leiter Marc-Oliver Löw übte Kritik an der Zeitschiene für die Olympiazyklusanalyse. Die Planungen für die Sommerspiele 2028 in Los Angeles seien inhaltlich abgeschlossen. Es gebe aber noch keine Analyse von Paris. Löw machte zugleich deutlich, es müsse gelingen, im Rahmen der Olympiazyklusanalyse über alle Grenzen mit DOSB, IAT, FES, Verbänden und Universitäten Themen zu identifizieren, die von den Verbänden klar zugeordnet werden können. Bislang gebe es da zu viele Reibungsverluste, sagte der IAT-Leiter.