Ampel betont Rolle Ostdeutscher bei Mauerfall und Einheit
Berlin: (hib/STO) Der zentrale Anteil der ostdeutschen Bevölkerung am Fall der Berliner Mauer vor 35 Jahren und der darauf folgenden Herstellung der deutschen Einheit soll nach dem Willen der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verstärkt ins öffentliche Bewusstsein gerufen werden. Es sei „von zentraler Bedeutung, dass die Menschen selbst in der DDR in der Friedlichen Revolution die Diktatur überwunden und sich eigenständig demokratisiert haben“, schreiben die drei Fraktionen in einem Antrag zum „Epochenwechsel in Europa 1989/1990“ (20/13628), der am Freitag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.
Man habe jedoch „im geeinten Deutschland noch keine gemeinsame Erzählung zu diesen für unser Land so wichtigen Ereignissen und Geschehnissen gefunden“, heißt es darin weiter. Oft werde die Friedliche Revolution nur als Vorgeschichte der Deutschen Einheit angesehen, die dann im wesentlichen Dank des entschlossenen Handelns des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU) geschaffen worden sei. In dieser Erzählung drohe „leicht der aktive Anteil der Ostdeutschen ins Hintertreffen zu geraten, die sich nur noch als Objekt des Geschehens wiederfinden“. Es bleibe jedoch festzuhalten und „für das Selbstverständnis der ehemaligen DDR-Bürger von großer Bedeutung zu verstehen, dass Friedliche Revolution und Deutsche Einheit nicht ein Schicksal waren, das sie ereilte, sondern sie selbst Subjekt und Handelnde in diesem für das vereinte Deutschland und Europa so wichtigen Prozess waren“.
Die heutige Gedenkkultur stelle den Mauerfall vom 9. November 1989 vielfach so dar, als wäre „mit diesem überraschenden Ereignis die Deutsche Einheit nicht nur auf die politische Tagesordnung gekommen, sondern schon auf den sicheren Weg gebracht“, führen die Koalitionsfraktionen ferner aus. Die „Geschichte einer verhandelten Einheit, in welcher auch die Ostdeutschen Subjekt und Akteur dieses Prozesses sind“, werde bis heute weithin nicht erzählt. Mehr als bisher gelte es, „den Prozess der deutschen Einheit als Selbstbestimmungsprozess der Ostdeutschen und als Verhandlungsprozess zu beschreiben und ernst zu nehmen“.
Zugleich wird in dem Antrag die Herstellung der deutschen Einheit als „Glücksstunde der Deutschen im 20. Jahrhundert“ gewürdigt, an der die Ostdeutschen einen zentralen Anteil hatten. Dass dies stärker als bisher wahrgenommen wird und sich auch im öffentlichen Gedenken abbildet, habe für das Selbstbewusstsein der Ostdeutschen eine wesentliche Bedeutung.
Die Bundesregierung wird in der Vorlage aufgefordert, die Erinnerungskultur in Bezug der Geschichte der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR zwischen 1945 und 1990 zu stärken, „insbesondere mit Ausrichtung auf die gemeinsame deutsche Demokratiegeschichte“. Auch soll die Bundesregierung dem Antrag zufolge das geplante „Forum Opposition und Widerstand 1949-1990“ einrichten sowie die Arbeit und bauliche Errichtung des Zukunftszentrums für Deutsche Einheit und Europäische Transformation aktiv unterstützen. Zudem fordern die Koalitionsfraktionen die Bundesregierung auf, die Forschung im Bereich DDR und SED-Unrecht zu stärken sowie „die Transformation des Stasi-Unterlagen-Archivs in das Bundesarchiv weiter voranzutreiben, insbesondere die Außenstandorte des Bundesarchivs finanziell und baulich auszustatten“,