Sanierungsstau bei Sportstätten in Deutschland wächst an
Berlin: (hib/HAU) Der Sanierungsstau bei den Sportstätten in Deutschland wächst an. Wie der Sportökonom Professor Lutz Thieme von der Hochschule Koblenz am Mittwoch vor dem Sportausschuss sagte, schätzt das aktuelle KfW-Kommunalpanel den wahrgenommenen Investitionsrückstand im Bereich Sport in Kommunen auf etwa 12,9 Milliarden Euro, was ein Anstieg von rund 4,5 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr ist. Kommunal- und Ländervertreter sprachen sich angesichts dessen während der Sitzung für neue Sportstätteninvestitionsprogramme des Bundes aus. Für eine zielgenaue Förderung brauche es aber zuallererst eine bundesweite Datenerhebung und -analyse, machten Sportökonom Thieme und der Braunschweiger Stadtrat Christian Geiger deutlich.
Für die Einberufung eines Sachverständigenrats durch den Bund, um Grundlagen für die Politik zum Thema „Sportstätten und Sporträume“ zu erarbeiten, sprach sich Stefan Breiter, für Sport zuständiger Bürgermeister in Freiburg aus. Hamburgs Innensenator Andy Grote plädierte für die Neuauflage des Programms „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“.
Professor Thieme erinnerte daran, dass sich der Sportausschuss in der jüngeren Vergangenheit regelmäßig mit der Situation der Sportstätten befasst habe. Hätte man die Stellungnahmen der Sachverständigen aus den Jahre 2017 oder 2021 in die heutige Diskussion geschmuggelt, „wäre das wahrscheinlich gar nicht aufgefallen“. Die Zustände von 2017 setzten sich auch 2024 fort. Es gebe auf der einen Seite einen anwachsenden Sanierungsstau. Auf der anderen Seite rechten die finanziellen Mittel der Länder und Kommunen nicht aus, um diesen abzutragen. Wie groß genau der Sanierungsstau sei, „wissen wir nicht“. Das liege an der fehlenden Datengrundlage, an der aber das Bundesinstitut für Sportwissenschaft derzeit arbeite.
Thieme schlug ein „6-Punkte-Programm“ vor. Punkt eins sei ein Bekenntnis des Bundes zum Ziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse „auch in Bezug auf Sportstätten und Sportinfrastruktur“. Neben der Auflage von Förderprogrammen und der Schaffung einer Datengrundlage warb er für die Begleitung der sportstättenbezogenen Bundesinitiativen durch einen Sachverständigenrat.
Einen solchen kann sich auch der Freiburger Sport-Bürgermeister Breiter vorstellen. Außerdem plädierte er für die Bildung einer Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern aus Bund, Ländern und Kommunen und Sportverbänden, die sich mit dem Thema wirksamer Förderprogramme auseinandersetzt. Zudem braucht es aus seiner Sicht einen Innovationsfonds zur Förderung zukunftsfähiger Sport- und Bewegungsräume und von Pilotprojekten.
Die Kommunen werden den Rückstand bei den Investitionen nicht aus eigenen Ressourcen abbauen können, „selbst wenn es mittelfristig gelingen sollte, die aktuelle dramatische Strukturkrise der Kommunalfinanzen zu überwinden“, sagte der Braunschweiger Stadtrat Geiger. Ohne eine erhebliche staatliche Unterstützung durch Förderprogramme mit Beteiligung des Bundes werde es nicht gehen. Der Deutsche Städtetag, so Geiger, halte dementsprechend ein langfristig angelegtes Sportstätteninvestitionsprogramm des Bundes für erforderlich, das mit einem jährlichen Fördervolumen von mindestens einer Milliarde Euro dotiert ist und sowohl Sanierung als auch Neubau ermöglicht.
In Hamburg, so erläuterte der für Sport zuständige Innensenator, habe man den Vorteil, dass Länder- und Kommunalaufgaben in einer Hand zusammenliegen. „Wir betrachten es als unsere Aufgabe und Verantwortung, die Sportinfrastruktur positiv weiterzuentwickeln und kontinuierlich auszubauen“, sagte Grote. Der Bund könne aber bei der Infrastruktur für den Spitzensport mithelfen, wo er eine eigene Zuständigkeit habe. Derzeit würden die Länder in dem Bereich zwei Drittel der Kosten tragen. „Das muss so nicht sein“, befand Grote.