Union beantragt Atom-Untersuchungsausschuss
Berlin: (hib/HLE) Die CDU/CSU-Fraktion will die deutsche Energiepolitik seit Beginn des Ukraine-Krieges und insbesondere die Umstände der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke in der Bundesrepublik untersuchen lassen. Dazu strebt sie mit einem Antrag (20/11731) die Einsetzung des 2. Untersuchungsausschusses der 20. Wahlperiode an. Der Ausschuss soll sich nach Vorstellungen der Unionsfraktion ein umfassendes und detailliertes Gesamtbild von den Entscheidungsprozessen in der Bundesregierung zur Anpassung der Energieversorgung Deutschlands verschaffen und dabei insbesondere die Energiepolitik angesichts der nach dem Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine fundamental veränderten Lage untersuchen. Der Untersuchungszeitraum soll am 24. Februar 2022 beginnen und mit dem Beschluss des Bundestages über die Einsetzung des 2. Untersuchungsausschusses enden.
Wie die CDU/CSU-Fraktion schreibt, sollten die drei letzten in Deutschland betriebenen Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland zum 31. Dezember 2022 den Leistungsbetrieb beenden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe im TV am 27. Februar 2022 eine ergebnisoffene Prüfung zu einem möglichen Weiterbetrieb der Kernkraft in Deutschland zugesagt und am 1. März 2022 eine Prüfung angekündigt, bei der es „keine Tabus“ geben werde. Verwiesen wird von der Unionsfraktion auf einen Vermerk der Fachebene des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) vom 1. März 2022, in dem aufgezeigt werde, unter welchen Voraussetzungen ein kurzzeitiger oder ein langzeitiger Weiterbetrieb möglich und mit der nuklearen Sicherheit verträglich wäre.
In einem folgenden Vermerk vom 3. März 2022 sei der Leiter der Abteilung Nukleare Sicherheit und Strahlenschutz im BMUV zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Verlängerung der Laufzeit der drei noch laufenden Kernkraftwerke über den gesetzlich festgelegten 31. Dezember 2022 hinaus sicherheitstechnisch nicht vertretbar wäre. Mit Datum vom 7. März 2022 hätten das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das BMUV einen gemeinsamen „Prüfvermerk“ veröffentlicht und darin einen Weiterbetrieb abgelehnt, unter anderem aus Gründen der nuklearen Sicherheit. Schließlich habe Bundeskanzler Olaf Scholz Mitte Oktober 2022 per Richtlinienkompetenz den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke bis zum 15. April 2023 durchgesetzt.
Nach der Veröffentlichung von Ministeriums-Dokumenten habe Habeck in einer Sondersitzung der Bundestagsausschüsse für Klimaschutz und Energie sowie für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz am 26. April 2024 erklärt, dass er den Vermerk vom 3. März 2022 erstmalig am 25. April 2024 gesehen habe. Bundesministerin Steffi Lemke (Grüne) habe erklärt, dass sie bereits durch einen Vermerk vom 9. Februar 2022 von den hohen sicherheitstechnischen Hürden für einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke unterrichtet worden sei.
Die Unionsfraktion kommt zu dem Ergebnis, dass die bisherige Aktenlage nicht den Schluss zulasse, dass die Bundesregierung den selbst gestellten Prüfauftrag ergebnisoffen und unvoreingenommen ausgeführt habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, „dass fachliche Expertise politischen und parteipolitischen Vorgaben weichen musste“. Daher soll insbesondere geklärt werden, ob die von Habeck am 27. Februar und 1. März 2022 zugesagten Prüfungen einer Laufzeitverlängerung stattgefunden hätten.
Dem Ausschuss sollen 14 ordentliche Mitglieder und eine entsprechende Anzahl von stellvertretenden Mitgliedern angehören. Danach würden die SPD-Fraktion und die CDU/CSU-Fraktion je vier Mitglieder stellen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die FDP-Fraktion würden je zwei Mitglieder entsenden, die AfD-Fraktion ein Mitglied und die Gruppe Die Linke auch ein Mitglied.
Der Antrag steht am Freitag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.