Autoführerschein: Verkehrssicherheit vor Kostensenkung
Berlin: (hib/HAU) Bei allen Bemühungen, die Kosten für den Autoführerschein zu senken, muss die Verkehrssicherheit an erster Stelle stehen. In dieser Einschätzung waren sich die zu einer öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses am Montag geladenen Experten einig. Die in einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Damit Mobilität nicht zum Luxus wird - Für einen bezahlbaren Autoführerschein“ (20/10610) erhobenen Forderungen wurden teils befürwortet, teils abgelehnt. Eine positive Resonanz fand die Forderung nach einem verstärkten Einsatz von Fahrsimulatoren. Ob es verpflichtende Lernstandskontrollen der Fahrschüler braucht, war unter den Experten umstritten. Einig war man sich wiederum, dass Initiativen benötigt werden, um dem Fahrlehrermangel entgegenzuwirken.
Michael Bahr von dem für die Fahrausbildung zuständigen Referat bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hält eine Novellierung der Fahrausbildung für nötig, da deren Rechtsgrundlagen zuletzt im Jahr 1998 angepasst worden seien. Der derzeitigen Fahrausbildung fehlten pädagogisch-psychologische Steuerungsinstrumente, befand er.
Bahr verwies auf die hohen Durchfallquoten bei den Prüfungen, was zu Nachprüfungen und damit höheren Kosten führe. Der BASt-Vertreter betonte daher den hohen Stellenwert von Lernstandserfassungen und Prüfungsreifefeststellungen, „also einer Vorprüfung, vor der eigentlichen Prüfung“. Hierfür gelte es den Fahrlehrern Hilfestellungen zu geben, damit diese qualitativ hochwertig durchgeführt werden können.
Ulrich Chiellino, Leiter Verkehrspolitik beim Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC), sprach sich dafür aus, im Interesse der Kostensenkung zuallererst einmal zusätzliche Kosten zu vermeiden. In den Blick nahm er dabei die Einführung obligatorischer Lernstandskontrollen. Hier sei Augenmaß gefordert. Die Mehrzahl der Fahrschüler bestehe die Prüfung trotz aller Klagen über hohe Durchfallquoten im ersten Anlauf. Die zu schaffenden Angebote müssten daher auf freiwilligen Basis verbleiben.
Chiellino sprach sich zudem für eine Reform der Fahrlehrerausbildung aus, um den Mangel zu bekämpfen. Denkbar, so der ADAC-Vertreter, sei ein duales System, wo die angehenden Fahrlehrer in einer Akademie lernen „und gleichzeitig schon in einer Fahrschule integriert sind“.
Jürgen Kopp, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF), plädierte hingegen für verbindliche Lernstandskontrollen. Man habe in den letzten 14 Jahren, in denen digitale Lernprogramme verwendet würden, festgestellt, „das man die Schüler nicht alleine lernen lassen kann“.
Wichtigster Punkt aus seiner Sicht ist aber, dass „digitale Antragsverfahren“ schnellstmöglich auf den Weg zu bringen. „Das ist eine reale Kostenvergünstigung, wenn es nicht eine vierwöchige Wartezeit braucht, um den Führerscheinantrag abzugeben“, sagte Kopp. Das verkürze und verbillige die Ausbildungszeit.
Die Übungsstunden machten den Führerschein teuer, sagte der Fahrlehrer Bernd Blonsky. Die Pflichten im Rahmen der Ausbildung seien in der Vergangenheit nicht großartig erhöht worden. Allerdings kämen die Fahrschüler heute „mit einem sehr geringen Vorkenntnisstand in die Fahrschule“, beklagte er. Dabei gehe es nicht nur um die motorischen Fähigkeiten, sondern „um das System Straßenverkehr“.
Die benötigten Fahrstunden seien individuell unterschiedlich, so Blonsky. Manche kämen mit zehn bis zwölf Übungsstunden aus, anderen bräuchten mehr als 100 Übungsstunden. „Das geht richtig ins Geld“, sagte er.
Die hohen Ausbildungskosten für Fahrlehrer, die Inflation und die gestiegenen Fahrzeugkosten sind nach Einschätzung von Ahmed Baziou, Präsident des Verbandes Innovativer Fahrschulen Deutschland (VIFD), die Hauptgründe für die Verteuerung des Führerscheins. Die voraussichtlichen Änderungen der Fahrschülerausbildungsordnung im Jahr 2025 ließen eine weitere Verteuerung durch die Einführung zusätzlicher Ausbildungsinhalte erwarten, sagte er. Baziou sieht die Branche „in einer Zwickmühle“. Es werde gesetzlich mehr Qualität vorgeschrieben, „die wir unter den aktuellen finanziellen Umständen nicht leisten können“.
Richard Goebelt, Mitglied der Geschäftsführung und Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband, lehnte eine Öffnung der Fahrerlaubnisprüfungen für andere Anbieter als den TÜV ab. Dies würde seiner Aussage nach weder Prüfkapazitäten erhöhen, noch zu einer Entlastung auf der Kostenseite beitragen. Vielmehr wäre die Sicherstellung eines flächenabdeckenden Prüfangebots in Deutschland gefährdet, „da wirtschaftliche Interessen in einer Wettbewerbssituation der bisher gelebten Praxis eines flächendeckenden Prüfungsangebotes entgegenstehen würden“.
Goebelt warb für die Einführung eines digitalen Antragsverfahrens. Dies sei ein zentraler Baustein für die Entlastung von Behörden, Fahrschulen und TÜV und trage zu einer nachhaltigen Ressourcenschonung bei.
Marc-Philipp Waschke, Referent Verkehrspolitik beim Auto Club Europa (ACE), geht davon aus, dass eine neue Ausbildungsordnung und die Integration digitaler Ausbildungselemente zu einer spürbaren Weiterentwicklung führen. Didaktik und inhaltliche Ausgestaltung müssten sich an den heutigen Lehrmethoden und neue Mobilitätsformen orientieren. Auch müsse ein flächendeckendes Unterrichtsangebot in den Fahrschulen auch in ländlichen Regionen bereitstehen, „dass alle gesellschaftlichen Gruppen berücksichtigt“.
Mit Blick auf den Fahrlehrermangel plädierte er für eine Anpassung der Qualifikationsgrundlagen der Fahrerlaubnisprüfer sowie eine Steigerung der Attraktivität des Fahrlehrerberufes.
Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher beim Verkehrsclub Deutschland (VCD), rief dazu auf, den Blick zu weiten. Auch die vielen Millionen Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht Auto fahren können, bräuchten ein Mobilitätsangebot, damit ihnen Teilhabe ermöglicht wird, sagte er und forderte eine „bundesweite Mobilitätsgarantie“.
Gleichwohl bleibe der Erwerb des Führerscheins auch langfristig ein Thema. Das Auto werde auf dem Land auch künftig eine wichtige Rolle spielen, so Müller-Görnert. Es müsse jedoch nicht unbedingt an den Privatbesitz gekoppelt sein, sagte er mit Verweis auf öffentliches und privates Carsharing.