Experten begrüßen Gesetz zur Berufsbildungsvalidierung
Berlin: (hib/CHA) Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat sich am Montagnachmittag mit einem Entwurf des Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetzes (BVaDiG) befasst. Mit dem entsprechenden Gesetzentwurf (20/10857) zielt die Bundesregierung unter anderem darauf ab, die berufliche Bildung zu digitalisieren und zu entbürokratisieren. Auch sollen Personen ohne Abschluss ihre Fähigkeiten und berufliche Erfahrungen zukünftig anerkennen lassen können.
Auf der Tagesordnung des Ausschusses stand zudem ein Antrag (20/10801) der Gruppe Die Linke zur Verbesserung der Ausbildungsqualität. In dem Antrag mit dem Titel „Ausbildungsqualität verbessern - Berufsbildungsgesetz umfassend novellieren“ fordert die Gruppe eine Anpassung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) und spricht sich für eine Verbesserung der „Schutz- und Mitbestimmungsrechte der Auszubildenden“ aus.
Die sechs geladenen Sachverständigen begrüßten den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Sie betonten, dass die Anerkennung informell erworbener beruflicher Kompetenzen Menschen ohne Berufsabschluss neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen und dem Fachkräftemangel entgegenwirken könne. Allerdings warnten sie davor, dass das Berufsvalidierungsverfahren nicht die Berufsausbildung ersetzen dürfe.
„Mit der rechtlichen Verankerung eines individuellen Feststellungsverfahrens zur Bewertung berufspraktischer Kompetenzen werden die Instrumente der beruflichen Bildung sinnvoll ergänzt“, sagte Oliver Heikaus, von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (eingeladen auf Vorschlag der SPD-Fraktion). Damit setze Deutschland auch die EU-Ratsempfehlung von 2012 um, nach der im Berufsleben erworbene Kompetenzen von Menschen ohne formalen Abschluss sichtbar und für den Arbeitsmarkt verwertbar gemacht werden sollen. Auch befürwortete Heikaus die im Gesetzentwurf geplante Digitalisierung in Bereichen der beruflichen Bildung. Der Sachverständige mahnte jedoch, dass diese nicht zum „Bürokratieaufwuchs“ führen dürfe.
Ähnlich äußerte sich Elke Hannack vom Deutschen Gewerkschaftsbund - Bundesvorstand (eingeladen auf Vorschlag der Fraktion der SPD). Sie begrüßte ausdrücklich die geplante Einführung eines Validierungsverfahrens für nonformale und informell erworbene Kompetenzen. Dennoch mahnte die Sachverständige, dass sich mit dem Validierungsverfahren keine „Parallelsysteme im Berufsbildungsgesetz und in der Handwerksordnung etablieren“ dürften. Validierungsverfahren seien nicht gleichwertig mit Berufsabschlussprüfungen, sondern stellten vielmehr eine Vergleichbarkeit in der „Ausübung beruflicher Tätigkeiten“ fest. Hannack forderte daher für Berufsvalidierungsverfahren eine Altersuntergrenze von 25 Jahren, um keine Alternative zur dualen Berufsausbildung entstehen zu lassen.
Auch Thomas Hesse von der Industrie- und Handelskammer Dresden (eingeladen auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion) sprach sich für eine Altersgrenze von 25 Jahren oder sogar 30 Jahren aus. Er erläuterte, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die bisher ihre Berufe bei der Industrie- und Handelskammer validieren ließen, im Durchschnitt 43,1 Jahre alt seien. Hesse forderte zudem eine Entlastung der Verwaltung und sagte, dass das Gesetz zur Berufsvalidierung dabei helfen könne. Bisher dauere ein Verfahren zur Berufsvalidierung, von der Antragstellung bis zum Ergebnis, rund fünf bis acht Monate, so Hesse.
„Der Königsweg ist die duale Ausbildung“, sagte Rolf Meurer vom Bundesverband der Kreishandwerkerschaften e. V. (eingeladen auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion). Er äußerte die Sorge, dass mit dem Berufsvalidierungsverfahren ein „Konkurrenzsystem“ entstehen könne, das die duale Ausbildung schwächt. Meurer betonte, dass das Validierungsverfahren keine Berufsausbildung ersetzen könne. Obwohl es Fachkräfte brauche, sei gerade bei sicherheitsrelevanten Berufen die Verantwortung sehr groß. Daher müsse in entsprechenden Zertifikaten weiterhin deutlich ersichtlich sein, wer eine Ausbildung abgeschlossen und wer informell Kompetenzen erworben habe.
„Für uns ist die Validierung eine Chance, eine Chance zur Behebung des Fachkräftemangels im Handwerk“, sagte Volker Born vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (eingeladen auf Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen). Der Sachverständige betonte die Notwendigkeit einer Umsetzungsverordnung, damit das Gesetz zum Jahresbeginn 2025 in Kraft treten könne. Schließlich müssten für eine erfolgreiche Berufsvalidierung Beratungsprozesse aufbereitet und einheitliche Standards etabliert werden. Born sprach sich zudem dafür aus, den Begriff des „Zeugnisses“ mit dem des „Zertifikates“ zu ersetzen, da der Begriff „Zeugnis“ in der Bildungslandschaft bereits eine „starke eigene Prägung“ habe.
Katharina Weinert vom Handelsverband Deutschland (eingeladen auf Vorschlag der FDP-Fraktion) lobte die Bundesregierung, da sie mit dem Gesetzentwurf das erste Mal eine „Rechtssicherheit für das mobile Ausbilden“ einführe würde. Das würde das „mobile Ausbilden“ aus einer rechtlichen Grauzone herausheben. Die Sachverständige äußerte sich auch positiv über die Einführung digitaler Ausbildungsverträge oder digitale Berichtshefte, kritisierte jedoch, dass hauptamtliche Mitarbeitende der Kammerorganisationen an den Validierungsfeststellungsverfahren mitwirken sollen.