Rechtsextremistische Siedlungsbestrebungen
Berlin: (hib/STO) Über „rechtsextremistische Siedlungsbestrebungen“ berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/27076) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/26639). Danach werden Gruppierungen unter dem Terminus „rechtsextremistische Siedlungsbestrebungen“ zusammengefasst, wenn Akteure aus dem rechtsextremistischen Spektrum gezielt versuchen, „Rückzugsräume zu schaffen, indem geographische Gebiete durch Zuzug und/oder ideologische/kulturelle Prägung vereinnahmt werden“. Da rechtsextremistische Siedlungsbestrebungen meist durch eine völkische „Blut-und-Boden-Ideologie“ geprägt seien, wird in der öffentlichen Berichterstattung oft von „Völkischen Siedlern“ gesprochen.
Überlegungen, Rückzugsräume ausschließlich für ethnisch Deutsche in ländlichen Regionen zu generieren, gebe es seit mehreren Jahrzehnten innerhalb der rechtsextremistischen Szene, schreibt die Bundesregierung weiter. In den 1990er Jahren sei beispielsweise das Konzept der „national befreiten Zonen“ propagiert worden. Seinem ursprünglichen Gehalt nach sei es zunächst um die Etablierung einer „Gegenmacht“ und um die Schaffung von „Frei-räumen“ gegangen, „in denen Rechtsextremisten faktisch die Macht ausüben sollten“. Die mit dem Motto „Wir sind drinnen, der Staat bleibt draußen“ intendierte Aufhebung des staatlichen Gewaltmonopols habe es in der Praxis aber weder auf dem Gebiet der alten noch der neuen Bundesländer gegeben.
Während das Konzept der „national befreiten Zonen“ den Angaben zufolge nicht aktiv zu Siedlungsbestrebungen aufrief, stellten andere Protagonisten solche Ansiedlungspläne in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Einzelne Neonazis propagierten laut Vorlage unter anderem die Gründung oder Besiedelung so genannter Wehrdörfer, in denen sich Gleichgesinnte ansiedeln und nötigenfalls bewaffnet gegen Feinde verteidigen sollten.
Immer wieder werben rechtsextremistische Gruppierungen und Publikationen für gezielte Sammelansiedlungen, wie es in der Antwort weiter heißt. Aktuell bekannt seien hier von Neonazis initiierte Kampagnen wie die „Initiative Zusammenrücken“, die die Ansiedlung autochthoner Deutscher in den ostdeutschen Bundesländern bewerbe. Hierdurch werde sich erhofft, einem vermeintlich stetig anwachsenden „ethnisch-kulturellen und religiösen Konfliktpotential“ begegnen zu können. In der „Initiative Zusammenrücken“ wirkten Angehörige unterschiedlicher rechtsextremistischer Gruppierungen und Parteien wie der NPD und „Der III. Weg“ sowie Einzelaktivisten organisationsübergreifend zusammen.
Ein ähnliches Theoriekonzept hat der Bundesregierung zufolge die rechtsextremistische Organisation „Nova Europa Society e.V.“. Die Gruppierung vertrete die Idee eines so genannten Ethnostaates außerhalb von Mitteleuropa, „in dem sich die vermeintlich durch Migration verdrängten weißen Europäer neu organisieren sollen, um so ihre ethnische und kulturelle Identität in die Zukunft retten können“.
Wie die Bundesregierung ferner ausführt, werden von ihr rechtsextremistische Siedlungsbestrebungen aufmerksam beobachtet. Insbesondere in den nord- und ostdeutschen Bundesländern seien ihr Siedlungsschwerpunkte von Rechtsextremisten bekannt.