Präsident Haug stellt Arbeit der Akademie Leopoldina vor
Berlin: (hib/ROL) Die Arbeit und Ausrichtung der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina - Nationale Akademie der Wissenschaft ist am Mittwoch Thema im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung gewesen. Gerald Haug, der seit 2020 Präsident der Akademie mit Sitz in Halle ist, machte deutlich, dass die 1652 gegründete Akademie einerseits eine klassische Gelehrtenakademie sei und zum anderen eine Institution, die vor allem Gesellschaft und Politik unabhängig von wirtschaftlichen oder politischen Interessen berate und wichtige gesellschaftliche Zukunftsthemen aus wissenschaftlicher Sicht darstelle.
Die Akademie hat rund 1.600 Mitglieder. Unter den heutigen und früheren Mitgliedern finden sich viele Nobelpreisträger, wie der Physiker Albert Einstein, der Chemiker Albert Bosch oder die Humangenetikerin Emmanuelle Charpentier, die erst im vergangen Jahr den Nobelpreis erhielt. Die Akademie wird aus öffentlichen Mitteln vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zu 80 Prozent sowie vom Bundesland Sachsen-Anhalt zu 20 Prozent finanziert. Im Jahr 2020 verfügte die Akademie über ein Gesamtbudget von mehr als 13 Millionen Euro. Wichtige Themen der Akademie sind neben der Corona-Pandemie das Feld der Biodiversität, die Energiewende, die Klimaziele sowie die Digitalisierung und die Fortpflanzungsmedizin.
Haug, der neben seiner Präsidentschaft eine Professur für Klimageochemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich innehat und zudem Direktor der Abteilung Klimageochemie am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz ist, betonte die Unabhängigkeit der Leopoldina. Das gelte auch für das relativ neu geschaffene Instrument der eher kürzeren Ad-Hoc-Papiere, die zu aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen veröffentlich werden. Gleichwohl machte er deutlich, dass die Wissenschaft immer nur beraten kann und will: „Es ist stets klar, entscheiden muss die Politik.“ Diese Unabhängigkeit von der Politik wurde von den Vertretern der AfD und der Linken im späteren Verlauf der Sitzung angezweifelt. Sie verwiesen dabei auf zwei Papiere der Leopoldina vom Spätsommer und Winter 2020 zum Bildungssystem und harten Lockdown in der Pandemie. Haug betonte, dass er diese Ad-Hoc-Papiere im Kern noch einmal genauso heraus geben würde. Gerade in Pandemiezeiten müssten Wissenschaftsinstitutionen wie die Leopoldina aktuell reagieren können, was auch der Vertreter der FDP in seinem Statement thematisierte. Der Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen begrüßte es, dass die Akademie auch weiterhin Ad-Hoc-Papiere publizieren wolle und die wissenschaftliche Unabhängigkeit bewahre.
Haug machte klar, dass die Leopoldina mit ihrer Expertise und Veröffentlichungen auch den Diskurs mit der Öffentlichkeit suche. Dieses Thema wurde auch von dem Vertreter der CDU/CSU angesprochen, der seinen Eindruck schilderte, dass die Wissenschaft viele Menschen kaum noch erreiche. Haug betonte, dass es bedrückend sei, welche Aggression der Wissenschaft bisweilen entgegen schlage. Es sei für Wissenschaftler in Zeiten von „Querdenkern“, Corona- und Klimaleugnern oft schwer, Gehör zu finden, Menschen zu überzeugen. Haug sagte: „Das Einzige was hilft, ist Geduld zu haben und immer wieder neu zu erklären.“
Die Akademie trete stets für die Freiheit und Wertschätzung der Wissenschaft und für die Achtung der Menschenrechte ein, betonte der Präsident. Dies sei auch in den internationalen Beziehungen wichtig, die vom Vertreter der SPD angesprochen wurden. Gerade vor diesem Hintergrund sei besonders der Austausch mit China wichtig. Gerade angesichts der Klimakrise sei China als großer CO2-Emittent als Ansprechpartner immens wichtig. Aber auch ganz grundsätzlich pflege die Leopoldina enge Beziehungen zu Wissenschaftsakademien auf allen Kontinenten. Rund ein Viertel der Akademiemitglieder kämen aus mehr als 30 unterschiedlichen Ländern. Dazu gehören neben China auch Partnerorganisationen in Indien, Korea, Südafrika, Frankreich, Israel und Russland.