Parlament

Kolumne der Wehrbeauftragten - Februar 2024

Eine Frau mit blonden Haaren und hellblauem Blazer steht vor einer Betonwand.

Wehrbeauftragte Eva Högl (© DBT/Inga Haar)

Liebe Soldatin, lieber Soldat,

das Verhältnis von Bundeswehr und Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren enorm gewandelt. Aus dem „freundlichen Desinteresse“ von einst ist eine „interessierte Freundlichkeit“ geworden. Diese Entwicklung hat im Wesentlichen zwei Gründe.

Zum einen die Corona-Pandemie. Die Bundeswehr war deutschlandweit im Amtshilfe-Dauereinsatz im Kampf gegen das Virus. Zwischenzeitlich waren bis zu 25.000 Soldatinnen und Soldaten in Bereitschaft. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie die Pandemie ohne die helfenden Hände der Truppe verlaufen wäre.

Zum anderen der Krieg in der Ukraine. Seit der Invasion Russlands hat die Bundeswehr große Mengen an Material an die Ukraine abgegeben, sie bildet ukrainische Kräfte aus – bislang etwa 10.000 – und hat ihre Präsenz an der NATO-Ostflanke erheblich verstärkt. Ausdruck dessen ist auch der Plan, künftig eine komplette Brigade dauerhaft in Litauen zu stationieren.

Durch die Pandemie und den Krieg ist vielen – wieder oder sogar erstmals – bewusst geworden, dass wir die Bundeswehr dringend brauchen für Amtshilfeeinsätze und mehr noch für ihren Kernauftrag: die Landes- und Bündnisverteidigung. Als Wehrbeauftragte freut mich die gestiegene Wahrnehmung und Wertschätzung für die Bundeswehr außerordentlich. Es ist jedoch sehr bitter, dass es für diese erfreuliche Entwicklung solch schreckliche Ereignisse brauchte.

Sinnbildlich dafür, dass das Band zwischen Bundeswehr und Gesellschaft enger geworden ist und warum, ist die Patenschaft von Rottenburg am Neckar mit dem Jägerbataillon 292 aus Donaueschingen. Während der Corona-Pandemie hat der Verband die Stadt mit seinen Kräften tatkräftig unterstützt, u. a. in Pflegeheimen und beim Aufbau und Betrieb eines Testzentrums. Aus Dankbarkeit für diese Unterstützung war die Idee einer Patenschaft entstanden.

Die Patenschaft soll Wertschätzung für Soldatinnen und Soldaten signalisieren, den Verband im Besonderen und die Bundeswehr im Allgemeinen erfahrbar, sichtbar und ansprechbar machen. Daraus soll auch ein konstruktiver Diskurs zwischen Stadtgesellschaft und Jägerbataillon über die Bundeswehr und ihren Auftrag entstehen. Die Patenschaft verkörpert damit all das, was mit der Bundeswehr als Parlamentsarmee sowie Soldatinnen und Soldaten als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in Uniform verbunden ist.

Am 9. Januar wurde die Patenschaftsurkunde bei einem Festakt unterzeichnet. Es war mir eine große Freude und Ehre, von der Stadt zu dieser Feierlichkeit eingeladen worden zu sein. Zumal ich das Jägerbataillon 292 von einem spontanen Truppenbesuch kenne und in bester Erinnerung habe.

Als Wehrbeauftragte wünsche ich mir noch mehr solcher Initiativen. Wenn jede Kommune eine Pateneinheit in der Bundeswehr hätte, wäre das ein fantastisches Zeichen für eine Bundeswehr in der Mitte unserer Gesellschaft.

Mit herzlichen Grüßen

Eva Högl
Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages „