06.09.2024 | Parlament

Statement von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zu „Sicherheit und Entwicklung: Neues geopolitisches Gleichgewicht und Zugang zu strategischen Ressourcen“ bei der G7-PPK in Verona

[Es gilt das gesprochene Wort]

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im März 2014 besetzte Russland völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel Krim. 
Am 24. Februar 2022 weitete Russland den Krieg gegen die Ukraine aus. 
Mittlerweile terrorisiert Russland seit über 900 Tagen 
die Menschen in der gesamten Ukraine.

Lieber Ruslan,
Dein Volk muss einen Krieg um Freiheit und Unabhängigkeit führen.  
Dabei geht es um nichts weniger als die Grundlagen unseres westlichen Staats- und Gesellschaftsverständnisses.

Ich möchte Dir erneut versichern: 
Wir stehen fest an der Seite der Ukraine.
Dein Land erhält so lange wie nötig unsere militärische und finanzielle Unterstützung. 
Und die Werchowna Rada erhält so lange wie nötig die Unterstützung des Deutschen Bundestages.
Uns ist klar: Ein Frieden zu Putins Bedingungen ist kein Frieden!

Seit fast einem Jahr herrscht Krieg im Nahen Osten - seit die Hamas Israel am 7. Oktober brutal überfallen hat. 
Bis heute hält sie israelische Geiseln in ihrer Gewalt. 
Das angegriffene Israel braucht unsere Solidarität.
Aber auch die hungernden und leidenden Menschen in Gaza.

Ich rufe alle Kräfte in der Region auf, an einer echten Perspektive für einen nachhaltigen Frieden zu arbeiten.
Für mich ist klar: Das geht nur mit einer Zwei-Staaten-Lösung!

Auch in vielen weiteren Ländern sind Krieg und Gewalt an der Tagesordnung.
Denken wir an den Sudan, Syrien, den Jemen, Afghanistan oder Haiti.

Die Konflikte haben zugenommen. 
Gewalt und Krieg scheinen für einige autokratische Machthaber wieder ein Mittel der Politik zu sein.

Und diese Machthaber bilden unheilvolle Allianzen.

Der Handel zwischen Russland und China ist auf einem Rekordhoch.
Nordkorea liefert Waffen an Russland. 
Der Iran und Russland helfen sich gegenseitig mit militärischer Ausstattung.

Umso mehr muss für uns als G7 gelten:
Demokratien müssen zusammenhalten und wehrhaft sein!

Wir müssen uns den Machthabern entgegenstellen, die den Frieden gefährden.
Und wir müssen Partnerschaften stärken – weltweit.
Auch mit Ländern, in denen demokratische Entwicklungen noch nicht vollständig umgesetzt sind.
Auch mit Ländern, die sich nicht als Teil des Westens verstehen und nicht alle unsere Werte teilen.

Die aber – wie wir – Interesse an verlässlichen Regeln, wirtschaftlicher Entwicklung und an einem kooperativen Austausch haben.

Wir als G 7 sollten dabei nicht belehrend auftreten.
Wir müssen durch wirtschaftliche und soziale Entwicklung zeigen:
Demokratie bedeutet Fortschritt!

Unsere vernetzten Volkwirtschaften sind voneinander abhängig.
Wir müssen aber auch daran arbeiten, einseitige Abhängigkeiten abzubauen.
Um nicht erpressbar zu sein.
Und um besser auf Unvorhersehbares reagieren zu können.

Deutschland hat das im Februar 2022 schmerzhaft erfahren: 
Wir hatten bis dahin viel Gas aus Russland bezogen. 
Aber wir haben es geschafft, uns schnell unabhängig von russischem Gas zu machen.

Wir haben alternative Quellen erschlossen und unseren Gasverbrauch gesenkt.

Diese Erfahrung ist uns eine Lehre und Warnung.
Auch und gerade mit Blick auf chinesische Ressourcen und Produkte.
Deutschland hat 2023 über 95 Prozent seines Bedarfs an Seltenen Erden aus China importiert.

Diversifizierung muss das Gebot der Stunde sein!
Und zwar von staatlicher wie von wirtschaftlicher Seite.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
dabei dürfen wir uns nicht in nationalen Alleingängen verlieren.
Jetzt ist die Zeit, gemeinsam die Fahne der internationalen Kooperation hochzuhalten.

Jetzt ist die Zeit, in unseren Parlamenten intensive außenpolitische Debatten zu führen, und deutlich zu machen: Wir dürfen uns nicht einigeln.

Es ist allen Aufwand und alle Arbeit wert, für Demokratie, Freiheit und Frieden in der Welt zu arbeiten.

Vielen Dank!