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Altersgrenze für Energydrinks

(© DBT/Thinking Visual/Katrina Günther)

Wortlaut der Empfehlung

„Wir empfehlen, dass für Energydrinks und ähnliche Produkte, wie z.B. Energybooster, eine Altersgrenze eingeführt wird. Die Definition von Energydrinks findet sich in der Verordnung über Fruchtsaft, Fruchtnektar und koffeinhaltige Erfrischungsgetränke des Bundesministeriums für Justiz.

Die Altersgrenze muss bei mindestens 16 Jahren liegen. Nach Überprüfung eines unabhängigen wissenschaftlichen Beirats sollte die Altersgrenze auf 18 Jahre erhöht werden, falls dies empfohlen wird.

Zusätzlich sollen auf der Vorderseite der Produkte klar erkenntliche und sich durch Farbe deutlich abhebbare Warnhinweise angebracht werden, die auf die gesundheitlichen Risiken der Inhaltsstoffe hinweisen.

Die Einhaltung der Altersgrenze soll gewährleistet werden, indem in allen Verkaufsstellen, inklusive Onlinehandel, Alterskontrollen durchgeführt werden. Betreiber von Getränkeautomaten müssen gewährleisten, dass die Altersgrenze eingehalten wird. Wenn dies technisch nicht umsetzbar ist, dürfen diese Getränke nicht verkauft werden.“

Die Begründung zur Empfehlung können Sie im Bürgergutachten (Bundestagsdrucksache 20/10300) nachlesen.

Stand der Beratungen und Umsetzung

Das Bürgergutachten wurde nach einer Plenardebatte am 14. März 2024 federführend an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft sowie mitberatend an den Finanzausschuss, den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für Gesundheit und den Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen.

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat sich am Dienstag, 10. September 2024, in einem öffentlichen Fachgespräch mit der Empfehlung „Altersgrenze für Energydrinks“ befasst. In dem Fachgespräch haben mehrere Ärzte vor möglichen schweren gesundheitlichen Folgen durch den Konsum von sogenannten Energydrinks gewarnt und sich für die Einführung einer Altersgrenze beim Kauf ausgesprochen, um Kinder und Jugendliche besser zu schützen. 

Prof. Dr. Nikolaus Haas (Ludwig-Maximilians-Universität München) berichtete, Energydrinks könnten bei Kindern und Jugendlichen eine Art Einstiegsdroge für andere Drogen im weiteren Erwachsenenalter sein – von Alkohol zu Cannabis und härteren Drogen. Bekannt sei auch, dass der Konsum von Energydrinks zu aggressivem Verhalten und vermehrter sexualisierter Gewalt führen könne. 

Aus medizinischen Gründen sprach sich Haas ebenso wie Dr. Felix Sebastian Oberhoffer (Ludwig-Maximilians-Universität München) für eine Altersgrenze bei Energydrinks aus. Zwei Drittel aller Jugendlichen würden Energydrinks konsumieren. Beim Konsum von Energydrinks komme es zu erhöhtem Blutdruck, Herzrhythmusstörungen und einer signifikant niedrigeren Schlafdauer, so Oberhoffer. 

Dr. Christina Rempe (staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerin) sagte, Energydrinks seien für Kinder und Jugendliche leicht zugänglich. Produktaufmachung und Marketing würden nicht erkennen lassen, dass es sich um Produkte handele, die für Kinder und Jugendliche gesundheitlich problematisch sein könnten. 

Dr. Rebekka Siegmann (foodwatch Deutschland) verwies darauf, dass sich der Absatz der Getränke in den letzten sechs Jahren fast verdoppelt habe. Testkäufe hätten belegt, dass auch Elfjährige problemlos Energydrinks hätten kaufen können. Energydrinks seien gefährlich. Eine Altersgrenze für Energydrinks wäre konsequent, sagte Siegmann. Kinder und Jugendliche müssten vor den Gefahren geschützt werden. Von Influencern verbreitete Werbung ziele auf Kinder und Jugendliche. Das Marketing richte sich eindeutig an Kinder. 

Prof. Dr. Tanja Schwerdtle (Bundesinstitut für Risikobewertung, Max-Rubner-Institut) sagte unter Hinweis auf Risikobewertungen, bereits bei einem Verzehr von zwei 250-Milliliter-Dosen Energydrinks am Tag werde die Grenze einer unbedenklichen Koffeinaufnahme überschritten. Es sei aber bekannt, dass Kinder und Jugendliche häufig größere Mengen konsumierten. Ergebnisse einer Studie des Bundesinstituts für Risikoforschung und der Charité - Universitätsmedizin Berlin (Infoseite zur Studie verlinken: https://www.bfr.bund.de/de/edkar.html) zu einem chronisch hohen Konsum von Energydrinks würden 2025 erwartet. 

Andreas Kadi (Energy Drinks Europesagte, Energydrinks seien auf europäischer und nationaler Ebene umfassend und ausreichend reguliert. Es würden Hinweise auf erhöhten Koffeingehalt gegeben und zudem Hinweise, dass die Getränke für Kinder, Schwangere und Stillende nicht empfohlen seien. Trotz vergleichbaren Koffeingehalts gebe es solche Verpflichtungen für Kaffee- oder Teegetränke nicht. In Deutschland seien sogar Höchstwerte für charakteristische Zutaten von Energydrinks festgelegt. Energydrinks seien sicher, sagte Kadi mit Blick auf Bewertungen von Lebensmittelsicherheitsbehörden. Die Drinks würden von Jugendlichen auch nicht übermäßig konsumiert. 

Dr. Detlef Groß (Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke) zitierte aus Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI), wonach der Konsum von Energydrinks bei Kindern keine nennenswerte Rolle spiele. Bei Jugendlichen stünden Kaffee, Teegetränke und andere koffeinhaltige Getränke im Vordergrund. 

Rene Schreiber, Teilnehmer der Arbeitsgruppe zu Empfehlung 8 des Bürgerrates „Ernährung im Wandel“, sagte, er sei ursprünglich sogar für ein völliges Verbot gewesen: „Diese Getränke braucht kein Mensch.“ Aus den Beratungen des Bürgerrates berichtete er, dass für die Altersgrenze 16 Jahre der ab diesem Alter erlaubte Konsum von alkoholischen Getränken wie Wein und Bier gesprochen habe.

Dr. med. Thomas Ellrott (Ernst-August-Universität Göttingen), der dem Wissenschaftlichen Beirat des Bürgerrates „Ernährung im Wandel“ angehörte, stellte heraus, dass der Schutz der Gesundheit Heranwachsender den Mitgliedern des Bürgerrates aus ihrem eigenen Erleben heraus wichtig gewesen sei. Ergänzend habe das Gremium einen Experten hinzugezogen.

Sandra Raubenheimer, ebenfalls Teilnehmerin der Arbeitsgruppe zu Empfehlung 8 des Bürgerrates „Ernährung im Wandel“, erklärte, dem Bürgerrat sei es wichtig gewesen, das Thema überhaupt wieder auf den Tisch zu bringen. Der Bürgerrat habe die Empfehlung in einer offenen Debatte erarbeitet. Sie habe dabei persönliche Erfahrungen aus ihrem Nebenjob im Einzelhandel eingebracht, wo sie erlebe, wie schon sehr junge Menschen Energydrinks kauften. (hle und Redaktion Luisa Welke/12.09.2024)

Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz und Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste

Die Verbraucherschutzministerinnen, -minister und -senatorinnen der Länder haben auf der 20. Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) Mitte Juni 2024 einen Beschluss zum Thema „Gesundheitliche Gefahren für Kinder und Jugendliche durch Konsum von Energydrinks verhindern“ gefasst und sich dabei in der Pressekonferenz explizit auf die Forderung des Bürgerrates bezogen. Die VSMK bittet den Bund „auch für Deutschland die Einführung einer Altersgrenze für Energydrinks und ähnliche Produkte, wie z. B. Energy Booster, zu prüfen. Die Altersgrenze sollte – wie bei alkoholhaltigen Getränken – bei mindestens 16 Jahren liegen.“ Der Beschluss ist in Gänze im Protokoll der 20. VSMK unter diesem Link (TOP 37) nachzulesen. 

Zudem haben die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages einen Sachstand zu Altersbeschränkungen für den Verkauf von Energydrinks verfasst. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in einigen anderen EU-Mitgliedstaaten bereits gesetzliche Verbote oder freiwillige einschränkende Vereinbarungen zum Verkauf von Energydrinks an Personen unter 18 Jahren. Das Gutachten verweist außerdem auf die Studienlage zum Gesundheitsrisiko von Energydrinks bei Kindern und Jugendlichen. In aktuellen Studien konnte unter anderem ein erhöhtes Risiko für psychische Gesundheitsprobleme bei Kindern und Jugendlichen sowie ein Zusammenhang zwischen dem übermäßigen Konsum von Energydrinks und gesundheitlichen Auswirkungen wie Herzrhythmusstörungen oder Organentzündungen festgestellt werden. Derzeit führt auch das Bundesinstitut für Risikobewertung und die Charité - Universitätsmedizin Berlin eine Studie zu möglichen gesundheitlichen Wirkungen des Konsums von Energydrinks auf Jugendliche (EDKAR-Studie) durch.