Koalition und Opposition beurteilen Atom-Ausschuss völlig unterschiedlich
Die Arbeit des 2. Untersuchungsausschusses (Atomausstieg) ist von den Koalitions- und den Oppositionsfraktion völlig unterschiedlich beurteilt worden. Dies zeigte sich am Donnerstag, 30. Januar 2025, während einer Vereinbarten Debatte anlässlich des Abschlusses der Beweisaufnahme.
Union kritisiert fehlende Prüfung
Der Ausschussvorsitzende Dr. Stefan Heck (CDU/CSU) sagte, es seien keine Hinweise auf die von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) zugesagte ergebnisoffene Prüfung über einen Weiterbetrieb der letzten drei deutschen Atomkraftwerke, die eigentlich zum Jahresende 2022 hätten abgeschaltet werden sollen, gefunden worden. „Es fand überhaupt keine Prüfung statt“, so das Resümee des Ausschussvorsitzenden.
Wie Heck sagte auch Patrick Schnieder (CDU/CSU), die zugesagte unvoreingenommene Prüfung habe es nie gegeben. Schnieder richtete schwere Vorwürfe an die Adresse der Bundesregierung, die keine Vollständigkeitserklärungen über die vorgelegten Akten vorgelegt habe. Das habe es vorher noch nie gegeben. Der Ausschuss habe somit seinen Auftrag nicht vollständig erfüllen können. Das sei ein Rechtsbruch. Im Gegensatz zur Praxis bei anderen Untersuchungsausschüssen seien auch keine Kabinettsvermerke vorgelegt worden. Die Bundesregierung habe damit eigenmächtig den Untersuchungsauftrag eingeschränkt.
Grüne: Untersuchungsausschuss ist eine Farce
Lukas Benner (Bündnis 90/Die Grünen) widersprach Schnieders Vorwürfen, die Akten seien nicht vollständig gewesen. „Ein solches Versagen hat es nicht gegeben. Die Bundesregierung hat geliefert.“
Der Untersuchungsausschuss sei eine „Farce“ gewesen. Die Zeugen hätten „keinen einzigen Ihrer Vorwürfe erhärtet“, sagte Benner an die Adresse der Union. Die Zeugen hätten vielmehr bestätigt, dass die Bundesregierung Deutschland gut durch den Krisenwinter 2022/23 gebracht hätten.
AfD spricht sich für Kernenergie aus
Andreas Bleck (AfD) sah die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses kritisch. Von der AfD vorgeschlagene Sachverständige seien abgelehnt worden. Dennoch war für Bleck klar: „Die ergebnisoffene Prüfung hat es nicht gegeben.“ Mehrere Ministeriumsmitarbeiter hätten ausgesagt, dass eine ergebnisoffene Prüfung in der Kürze der Zeit gar nicht möglich gewesen sei. Kein Mitarbeiter des Umweltministerium habe bei der Befragung an der Sicherheit der Kernkraftwerke Zweifel gehabt. Ein Vermerk aus dem Umweltministerium sei jedoch umgeschrieben worden. Bleck bekannte sich zur Kernenergie, die er als beste Möglichkeit bezeichnete, Deutschland sicher mit Energie zu versorgen.
SPD wirft Union Wahlkampfmanöver vor
Im Gegensatz zur Opposition erklärte Jakob Blankenburg (SPD) zur Arbeit des Ausschusses: „Der Erkenntnisgewinn lag nahe null.“ Der Untersuchungsausschuss sei nichts anderes als ein Wahlkampfmanöver der Union gewesen. Es sei offensichtlich gewesen, „dass es in der Sache wenig aufzudecken gab“. Es habe sich um eine eher peinliche Veranstaltung gehandelt.
Blankenburg nannte den schließlich beschlossenen Streckbetrieb der Kernkraftwerke um dreieinhalb Monate richtig. Das Machtwort des Kanzlers sei notwendig gewesen, und damit sei die Energieversorgung über den Winter sichergestellt worden.
FDP: Grüne haben Öffentlichkeit getäuscht
Frank Schäffler (FDP) sagte, nach insgesamt 111 Stunden Zeugenvernehmungen und der Sichtung von 351.000 Seiten Akten der Regierung sei klar, dass die grünen Minister Steffi Lemke (Umweltministerium) und Habeck (Wirtschaftsministerium) die Öffentlichkeit „hinter die Fichte geführt“ und fortwährend Sand ins Getriebe gestreut hätten.
Schäffler erklärte zudem, der Kanzler habe nur so getan, als habe er von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht. In Wirklichkeit sei alles mit den Grünen „verdealt“ worden.
Auftrag des 2. Untersuchungsausschusses
Der 2. Untersuchungsausschuss wurde am 4. Juli 2024 vom Bundestag eingesetzt und befasst sich mit den staatlichen Entscheidungsprozessen zur Anpassung der nationalen Energieversorgung an die durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine veränderte Versorgungslage. Der Untersuchungszeitraum beginnt mit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 und endet mit der Einsetzung dieses Gremiums am 4. Juli 2024.
Das Gremium hat den Auftrag, sich ein Gesamtbild von den Entscheidungsprozessen sowie deren Kommunikation an den Bundestag und an die Öffentlichkeit zu verschaffen. Dies gilt vor allem für die Entscheidungen über einen möglichen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke. Es soll untersucht werden, welche Informationen den Entscheidungen zugrunde gelegt wurden, welche nationalen und internationalen Stellen in die Entscheidungsprozesse einbezogen wurden und ob die Einbeziehung weiterer Informationen oder Stellen sachgerecht gewesen wäre. (ll/hau/hle/30.01.2025)