Parlament

Eilantrag und Organklage gegen Unterschriftenquoren zur Wahlteilnahme erfolglos

Blick auf das Gebäude des Bundesverfassungsgerichts mit dem Schriftzug Bundesverfassungsgericht.

Das Bundesverfassungsgericht veröffentlichte am 18. Dezember 2024 zwei Entscheidungen zum Erfordernis von Unterstützungsunterschriften für Kleinparteien und Einzelbewerber zur Bundestagswahl. (© picture alliance/dpa / Uli Deck)

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit einem am Mittwoch, 18. Dezember 2024, veröffentlichten Beschluss einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Aussetzung der Verpflichtung, Unterstützungsunterschriften für Landeslisten und Direktkandidaten bei der kommenden Bundestagswahl einreichen zu müssen, als unzulässig abgelehnt (Aktenzeichen: 2 BvQ 73 / 24). Das Verfahren betrifft die Wahl zum 21. Deutschen Bundestag, die voraussichtlich am 23. Februar 2025 stattfindet.

Pflicht zur Einreichung von Unterstützungsunterschriften 

Wie das Gericht mitteilt, wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 15. November 2024 unmittelbar gegen die Verpflichtung parlamentarisch nicht vertretener Parteien sowie unabhängiger Einzelbewerber, Wahlvorschlägen nach Regelungen des Bundeswahlgesetzes auch dann eine bestimmte Zahl von Unterstützungsunterschriften beizufügen, wenn der Bundestag zuvor nach einer verlorenen Vertrauensfrage gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes aufgelöst worden ist und die Wahl innerhalb der 60-Tages-Frist des Artikels 39 des Grundgesetzes stattfindet.

Er macht geltend, dass dies die Chancengleichheit im politischen Wettbewerb und insbesondere den Grundsatz der Wahlgleichheit gemäß Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes verletze. Der Senat begründet die Unzulässigkeit des Eilantrags damit, dass das Bundeswahlgesetz derzeit nicht im Wege der Rechtssatz-Verfassungsbeschwerde, die hier der noch einzulegende Hauptsache-Rechtsbehelf sein könnte, angegriffen werden könne. 

„Strikte zeitliche Vorgabe einer 60-Tage-Frist“

Grund dafür sei, dass das Gesetz zuletzt mit Wirkung vom 14. Juni 2023 substanziell geändert worden und damit die einjährige Beschwerdefrist verstrichen sei. Auch ein Unterlassen des Gesetzgebers, Ausnahmen für die Unterschriftenquoren bei vorgezogenen Wahlen zu schaffen, könne nicht mehr fristwahrend gerügt werden.

Die zu erwartende Verordnung des Bundesinnenministeriums über die Abkürzung von Fristen im Bundeswahlgesetz für die Wahl zum 21. Deutschen Bundestag auf Grundlage des Paragrafen 52 des Bundeswahlgesetzes könne ebenfalls nicht bewirken, dass die Beschwerdefrist gegen Regelungen des Bundeswahlgesetzes neu zu laufen beginnt. Die besondere Belastung, die der Antragsteller im Falle einer vorgezogenen Neuwahl rügt, entsteht aus Sicht des Senats vor allem durch Artikel 39 des Grundgesetzes mit seiner strikten zeitlichen Vorgabe einer 60-Tage-Frist.

„Keine Veränderungen der Realbedingungen der Wahl“

Auch die nach Artikel 39 seit Inkrafttreten des Grundgesetzes stets gegebene Möglichkeit einer vorgezogenen Bundestagswahl führe nicht dazu, dass das Bundeswahlgesetz ein neues normatives Umfeld erhielte, heißt es weiter. Sie bewirke auch keine Veränderungen der Realbedingungen der Wahl, die eine Handlungspflicht des Gesetzgebers zur Änderung der wahlrechtlichen Bestimmungen und damit einen neuen Fristlauf auslösen könnte. 

Für eine vorgelagerte Wahlprüfungsbeschwerde vor Durchführung der Wahl bestehe mangels Grundlage im geltenden Recht kein Raum. Schließlich seien auch keine besonderen Umstände von solch staatspolitischer Bedeutung ersichtlich, die eine Ausnahme von den engen Grenzen des Rechtsschutzes vor einer Wahl begründen könnten, heißt es in dem Beschluss.

Organklage der ÖDP zurückgewiesen

Am 18. Dezember veröffentlichte der Zweite Senat einen weiteren Beschluss im Zusammenhang mit Unterschriftenerfordernissen für Wahlvorschläge zur Bundestagswahl (Aktenzeichen: 2 BvE 15 / 23) . Er wies eine Organklage der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) zurück, mit der sie geltend gemacht hatte, der Deutsche Bundestag hätte bei der Wahlrechtsreform 2023 die Erfordernisse von Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschläge abschaffen oder modifizieren müssen. 

Parteien, die im Bundestag oder in einem Landtag seit deren letzter Wahl nicht aufgrund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren, benötigen für ihre Teilnahme an der Bundestagswahl mit Ausnahme von Parteien nationaler Minderheiten 200 Unterstützungsunterschriften für jeden Kreiswahlvorschlag und bis zu 2.000 Unterstützungsunterschriften für ihre jeweilige Landesliste.

„ÖDP nicht in ihren Rechten verletzt“

Die ÖDP, die weder im Bundestag noch in einem Landtag vertreten ist, wendete sich mit der Organklage gegen diese Vorgabe und stellte zuletzt einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Der Bundestag als Antragsgegner habe die ÖDP durch das Unterlassen einer Änderung der einschlägigen Paragrafen im Bundeswahlgesetz nicht in ihren Rechten aus Artikel 21 des Grundgesetzes verletzt, heißt es in dem Beschluss. 

Zwar beschränkten die Unterschriftenerfordernisse das Wahlvorschlagsrecht, so der Senat. Dies sei aber gerechtfertigt, um den Charakter der Wahl als einen Integrationsvorgang bei der politischen Willensbildung des Volkes zu sichern. Auch die Chancengleichheit der Parteien sei nicht verletzt. (vom/18.12.2024)