Aktuelle Stunde

Diskussion über die Lage der Wirtschaft in Deutschland

Mit eindringlichen Worten hat Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) die von SPD und Bündnis 90/Die Grünen aufgesetzte Aktuelle Stunde zur „Lage der Wirtschaft in Deutschland“ am Mittwoch, 4. Dezember 2024, eingeleitet. „Um uns herum wird die Weltlage immer dramatischer“ sagte er und warnte auch unter Verweis auf die politische Situation in Frankreich: „Zentraleuropa ist vor allem mit sich selbst beschäftigt.“ 

Wirtschaftsminister: Parlament ist voll arbeitsfähig

Der Bundestag sei bis zu den Neuwahlen im Februar „voll arbeitsfähig“, sagte Habeck. So könne er beispielsweise beschließen, die Netzentgelte beim Strompreis zu dämpfen, selbst ohne einen beschlossenen Nachtragshaushalt für 2024. Im Steuerrecht könne die Kalte Progression ausgeglichen werden. 

Sollte es nach den Neuwahlen länger dauern, bis eine neue Regierung gebildet worden sei, könne „all das lange liegen bleiben“, warnte der Wirtschaftsminister und stellte klar: „Diese Verzögerung können wir uns nicht leisten.“ 

Union will „bessere Rahmenbedingungen für alle“

Dem entgegnete Julia Klöckner für die CDU/CSU-Fraktion: „Das, was Sie hier vorgetragen haben, war nichts anderes als eine Wahlkampfrede.“ Derzeit würden in Deutschland „Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut“, es gebe eine „Höchstzahl an Insolvenzen“. Klöckner forderte: „Wir brauchen Konzepte, die nicht auf Subventionen für einige wenige setzen, sondern auf bessere Rahmenbedingungen für alle.“ 

Konkret müssten beispielsweise die Unternehmenssteuern sinken und das Arbeitsrecht flexibler werden. So sprach sich Klöckner dafür aus, anstelle der täglichen lediglich die wöchentliche Arbeitszeit zu begrenzen. Zum Thema Netzentgelte erkläre die Unionsabgeordnete: „Sie haben die Netzentgelte verdoppelt, und jetzt sagen Sie, wir sollen Verantwortung mittragen.“ 

RLP-Ministerpräsident kritisiert Vorgängerregierung

Für den Bundesrat ergriff Alexander Schweitzer (SPD) das Wort, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. „Die Anfälligkeit für konjunkturelle Dellen hat weit vor dieser Regierungszeit begonnen“, sagte er, und ging dabei auch die frühere Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) an. Diese habe in ihrem gerade erschienenen Buch „ein wesentliches Kapitel vergessen“, das lauten sollte: „Reformstau und warum ich ihn meinen Nachfolgern hinterlassen habe.“

FDP: Das Land braucht eine Wirtschaftswende

Johannes Vogel begann seine Rede als Vertreter der FDP-Fraktion mit dem Verweis auf angekündigte Stellenstreichungen bei Unternehmen wie Miele, Bosch, Audi oder Ford. „Das sind Zahlen, aber es geht um Menschen, und um diese Menschen geht es, wenn wir sagen, dass das Land eine Wirtschaftswende braucht“, sagte er. Seine ehemaligen Koalitionspartner kritisierte er, dass sie das Thema erst jetzt aufsetzten: „SPD und Grüne waren lange nicht bereit zu einer aktuellen Stunde zur Wirtschaft.“ Seine Partei habe Vorschläge für eine Wirtschaftswende gemacht. 

Konkret schlug er vor, das Lieferkettengesetz zu streichen, das sei auch eine der 49 Maßnahmen der Wachstumsinitiative, auf die sich die frühere Ampel-Koalition geeinigt habe. „SPD und Grüne haben das blockiert. Wir bringen morgen einen Gesetzesvorschlag ein. Wir freuen uns, wenn wir das noch beschließen können.“ 

AfD warnt vor „Deindustrialisierung“

Aus Sicht der AfD-Fraktion trägt allerdings die FDP Mit-Verantwortung an der „Deindustrialisierung“, wie deren Abgeordneter Leif-Erik Holm sagte. An Wirtschaftsminister Habeck gerichtet sagte Holm: „Ihre Rede war fern ab der Realität im Angesicht der Rezession.“ Dabei ging er auch auf die Subventionspolitik ein und nannte als Beispiel das „Northvolt-Desaster“. Holm: „Northvolt ist pleite und ein KfW-Kredit über 600 Millionen Euro ist wahrscheinlich futsch.“ 

Der AfD-Abgeordnete kritisierte ferner, dass die Regierung mit ihrer Politik die Inflation angetrieben habe und forderte: „Heizungsgesetz weg, Energiesteuern runter, Massenmigration weg.“ 

SPD übt Kritik an Unionschef Merz

Verena Hubertz griff für die SPD-Fraktion Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU/CSU) an und legte ihm nahe, in einen sozialdemokratischen Berliner Ruderverein einzutreten: „So oft und so kräftig wie Friedrich Merz vorwärts und zurück rudert, da nehmen ihn die Genossen vom Ruderverein Vorwärts Berlin sicher gerne auf.“ 

Hubertz erinnerte daran, dass Merz lange nicht an der Schuldenbremse des Grundgesetzes rütteln wollte, aber „jetzt doch“. Auch bei der Atomkraft habe die Union ihre Position immer wieder geändert. 

Grüne loben Bilanz des Wirtschaftsministers

Habecks Parteifreundin Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen) lobte die Bilanz des Wirtschaftsministers. Zu Zeiten der Großen Koalition hätten die staatlichen Abgaben beim Strom sechs Mal höher gelegen als heute. Der Ausbau der Stromnetze sei um den Faktor 13 gestiegen. Das Tempo des Glasfaserausbaus werde international gelobt. „Wenn wir über Wirtschaftspolitik reden, müssen Sie sagen: Danke, Robert Habeck!“ 

Linke fordert Investitionen in sozialen Wohnungsbau

Heidi Reichinnek, Gruppe Die Linke, warf der Bundesregierung vor, keine Verlässlichkeit in der Wirtschaftspolitik zu bieten. Sie erinnerte an das Versprechen, 400.000 Wohnungen zu bauen, und fragte: „Wo sind die denn?“ Nötig sei „ein echtes Investitionsprogramm für den sozialen Wohnungsbau“.

BSW für „realistische Energiepolitik“

Für die Gruppe BSW stellte Christian Leye fest: „Die Wirtschaft ist nach drei Jahren Ampel in einem fürchterlichen Zustand. Zehntausende Menschen haben bereits ihre Arbeitsplätze verloren.“ Die Energiepreise seien zu hoch. Nötig seien „eine realistische Energiepolitik“, höhere Löhne und höhere Steuern auf große Vermögen sowie eine Reform der Schuldenbremse, forderte Leye. (bal/04.12.2024)