Buschmann: Müssen an unserer Wettbewerbsfähigkeit arbeiten
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) haben zu Beginn der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 6. November 2024, dem US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump zu dessen Wahl gratuliert. Für die Bundesregierung folge aus diesem Wahlergebnis, „das wir an unserer Wettbewerbsfähigkeit arbeiten müssen“, sagte Buschmann. Es sei damit zu rechnen, zeigen zu müssen, „dass wir auf den internationalen Märkten wettbewerbsfähig sind“. Das sei ein „objektives Interesse Deutschlands und übrigens auch der USA“. Ziel der Bundesregierung müsse es sein, weiterhin die Prinzipien von Freihandel, Marktwirtschaft und Wettbewerb mit der amerikanischen Regierung gemeinsam in der Welt zu vertreten.
Gesetz gegen den Bürokratie-Burnout
Buschmann berichtete, dass sich das Bundeskabinett mit einer Reihe von Gesetzentwürfen befasst habe, und legte den Schwerpunkt auf den Bürokratieabbau. Deutschland befinde sich im „Bürokratie-Burnout“, sagte der Minister, nicht nur, aber vorwiegend wegen europäischer Regelungen. Die Bundesregierung habe 3,5 Milliarden Euro Bürokratie-Erfüllungsaufwand abgebaut. Mit dem Gesetzentwurf für den Gebäudetyp E habe man ein Gesetz auf den Weg gebracht, das das Potenzial habe, mehr als acht Milliarden Euro Erfüllungsaufwand im Jahr einzusparen.
Dieses Gesetz erfülle auch die wichtige sozialpolitische Aufgabe, so der Minister, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Steigende Mieten zeigten an, dass es einen Mangel an Wohnraum gibt. Dagegen helfe dauerhaft nur, dass mehr gebaut wird. Deshalb sei es ein objektives Interesse der Regierung, die Baukosten in Deutschland zu senken, die ein wesentlicher Treiber für den Wohnraummangel seien.
Paus: Frauenrechte und Schutz vor häuslicher Gewalt
Familienministerin Lisa Paus erklärte, sie werde sich international weiterhin für den Schutz der Frauenrechte einsetzen. Frauenrechte seien Menschenrechte. Sie habe sich über die Empfehlungen der unabhängigen Expertenkommission „Abtreibung in der Frühphase der Schwangerschaft legalisieren“ gefreut. Bis heute würden Frauen kriminalisiert und oft auch stigmatisiert: „Das muss sich ändern“, betont die Ministerin. Der Bundestag sei der richtige Ort, um darüber zu diskutieren, wie die Empfehlungen der Kommission umgesetzt werden sollen.
Paus ging auch auf das Problem der häuslichen Gewalt in Deutschland ein. Die Polizei wisse von 256.276 Fällen, doch die Dunkelziffer sei viel höher. Deutschland habe ein „massives Gewaltproblem gegen Frauen. Das müssen wir geschlossen angehen“. Mit dem Gewalthilfegesetz wolle die Regierung ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt sicherstellen. Das Gesetz sei ein Meilenstein, es schreibe Geschichte beim Schutz vor Gewalt.
Höchste Zeit sei es, jede betroffene Frau gemeinsam mit ihren Kindern in Deutschland „die Hilfe und Unterstützung erhält, die sie braucht“. Das Gesetz befinde sich in der internen Beratung mit dem Ziel, es zügig im Kabinett verabschieden zu können. Paus betonte darüber hinaus, zivilgesellschaftliches Engagement weiterhin auf hohem Niveau unterstützen zu wollen.
Gebäudetyp E für bezahlbares Wohnen
Die FDP-Abgeordnete Katharina Willkomm erkundigte sich beim Justizminister nach dem Gesetzentwurf zum Gebäudetyp E. Es gehe darum, so Buschmann, dass nicht alle DIN-Normen auch gegen den Willen des Bauherrn eingehalten werden müssen, etwa dass beim Einbau einer Fußbodenheizung im Badezimmer dennoch ein zusätzlicher Heizkörper eingesetzt werden muss. Für die hohe Qualität komme es nicht darauf an, alle DIN-Normen einzuhalten. Für die Bauherren und Mieter ändere sich erst mal nichts, das Gesetz richte sich an professionelle Unternehmen, denen günstigeres Bauen ermöglicht werden soll. Millionen Menschen würden gern auf Komfortstandards verzichten, wenn sie dadurch bei der Miete sparen könnten.
Hanna Steinmüller (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßte den Gebäudetyp E, erinnerte aber daran, dass die meisten Menschen in bestehenden Wohnungen leben. Sie wollte wissen, wann man mit der Mietrechtsnovelle rechnen könne. Buschmann räumte ein, es gebe ein paar Themen, über die man „nochmal nachdenken“ wolle. Die Refinanzierungskosten für den Wohnungsbau hätten sich mehr als verdreifacht.
Mieten-Deckelung und Mietpreisbremse
Der Linken-Abgeordneten Caren Lay erwiderte der Minister, das Wohnraum-Problem sei nur zu lösen, indem mehr Wohnraum geschaffen wird. Lay hatte eine „Deckelung der Mieten im Bestand “ als schnellstes Mittel bezeichnet, um zu bezahlbarem Wohnen zu kommen. Diese Deckelung sei im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Lay wollte wissen, ob Buschmann an einem Gesetzentwurf zum sozialen Mietrecht arbeitet.
„Wenn Mieten gedeckelt werden, wird nicht mehr investiert“, sagte der Minister. Die Wohnungen würden verfalle, für die Mieter wäre das keine Entlastung. Man führe eine Debatte, ob das in der jetzigen ökonomischen Situation vertretbar wäre oder ob nicht gezielt Wohnungsbau in Deutschland unmöglich würde. SPD und Grüne hielten dies für vertretbar, die FDP nicht.
Carsten Müller (CDU/CSU) erkundigte sich nach dem Auslaufen der Mietpreisbremse 2025. Dazu sagte Buschmann, er habe einen Gesetzesvorschlag gemacht, der es den Ländern ermögliche, von der Mietpreisbremse „unter verschärften Bedingungen“ länger Gebrauch zu machen. Gegenüber Caren Lay verwies er darauf, dass die Mietpreisbremse ein Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eigentum sei. Man habe sie so gestaltet, dass sie vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen kann.
Leitentscheidungsverfahren und Selbstbestimmungsgesetz
Sonja Eichwede (SPD) fragte nach dem vor Kurzem vom Bundestag verabschiedeten Leitentscheidungsverfahren-Gesetz, das der Bundesgerichtshof bereits erstmals angewendet habe. Der „sehr erfolgreiche“ Start des Gesetzes zeige, dass es ein gutes Instrument sei, hob der Minister hervor. Es sorge für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.
Das am 1. November in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz beschäftigte die AfD-Fraktion. Stephan Brandner erkundigte sich nach Inhaftierten, die ihr Geschlecht ändern wollten. Buschmann sagte, wie im Strafvollzug damit umgegangen werde, sei eine Frage des Landesrechts. Bisher habe es im Vollzug keine Probleme gegeben. Im Übrigen sei ein Wechsel des Geschlechtseintrags auch schon vorher möglich gewesen. Für die strafrechtliche Beurteilung des Exhibitionismus-Paragrafen 183 im Strafgesetzbuch komme es nicht auf den Geschlechtseintrag im Standesamt an.
Geschlechtsidentitäten und UBSKM-Gesetz
Martin Reichardt (AfD) fragte die Familienministerin nach der Abgrenzung von „Geschlechtsidentitäten“. Die Frage der rechtlichen Geschlechter sei im Selbstbestimmungsgesetz verankert worden, antwortete Lisa Paus.
Silvia Breher (CDU/CSU) fragte die Familienministerin nach 2,5 Millionen Euro, die für ein Beratungssystem nach dem Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt (UBSKM-Gesetz) vorgesehen seien, im Haushalt der Ministerin aber nicht auftauchten. Der Haushalt liege derzeit beim Parlament. Der Prozess laufe gerade, in zwei Wochen wisse man mehr, beschied Lisa Paus.
Familien-Startzeit und Kita-Qualitätsgesetz
Breher sprach darüber hinaus die Familien-Startzeit an, die die FDP nicht mitgehen wolle und fragte, ob die Ministerin stattdessen am gestaffelten Mutterschutz anknüpfen wolle. Paus konstatierte, dass die Familien-Startzeit die Arbeitgeber nicht belasten würde. Zum gestaffelten Mutterschutz sagte sie an die Unionsfraktion gewandt: „Wir sollten das angehen.“
Nach dem dritten Kita-Qualitätsgesetz erkundigte sich Jasmina Hostert (SPD). Für Paus sind damit wichtige Schritte mit den Ländern für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegangen worden. Man habe sich auf sieben zentrale Handlungsfelder verständigt. So bringe man etwa mit den Ländern ein3en besseren Betreuungsschlüssel auf den Weg. Mit den Ländern habe man an Qualitätsstandards gearbeitet und eine Gesamtstrategie für Fachkräfte entwickelt. „Weitere Dinge werden folgen“, sagte die Ministerin.
Häusliche Gewalt und Einsamkeitsstrategie
Die Bekämpfung häuslicher Gewalt griff Ulle Schauws (Bündnis 90/Die Grünen) auf. Seit Längerem gebe es einen Runden Tisch mit den Ländern zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt, berichtete Paus. Man wolle ein ausreichendes Beratungs- und Schutzangebot für Frauen in Deutschland schaffen. Das Gesetz werde gebraucht. Danach seien Frauenhäuser künftig nicht mehr nur eine freiwillige Leistung.
Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen) thematisierte die Einsamkeitsstrategie der Bundesregierung. Sie sei froh, die Strategie auf den Weg gebracht zu haben, erklärte Paus. Sie nehme starke Aktivitäten in Ländern und Kommunen wahr: „Es bewegt sich was.“ Es seien niedrigschwellige Angebote, etwa im Bereich des Sports. (vom/06.11.2024)