Evaluierung der Auslandseinsätze der Bundeswehr
Liveübertragung: Donnerstag, 7. November, 16.15 Uhr
Der Bundestag berät am Donnerstag, 7. November 2024, über einen Bericht der Bundesregierung zu einer Evaluierung der laufenden, mandatierten Auslandseinsätze der Bundeswehr (Zusammenfassung, 20/12075). Im Anschluss an die rund 70-minütige Aussprache soll der Bericht zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen werden. Federführend soll der Auswärtige Ausschuss sein.
Bericht der Bundesregierung
Wie aus dem Bericht hervorgeht, untersucht die Evaluierung alle laufenden, mandatierten Auslandseinsätze der Bundeswehr im multinationalen Kontext, das heißt im Rahmen der Nordatlantikvertrags-Organisation (Nato), der Europäischen Union (EU) und der Vereinten Nationen (VN), die zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Berichts mandatiert waren und für die im Untersuchungszeitraum 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2023 Daten erhoben werden konnten.
Untersuchungsgegenstand war die Beteiligung der Bundeswehr an den folgenden sieben Einsätzen: Counter Daesh/Capacity Building Iraq (OIR/NMI), Maritime Sicherheitsoperation Sea Guardian (MSO SG), Kosovo Force (KFOR), European Union Force Althea (Eufor Althea), European Union Naval Force Mediterranean Irini (Eunavfor Med Irini), United Nations Interim Force in Lebanon (Unifil) und United Nations Mission in the Republic of South Sudan (Unmisse. Im Fokus steht dabei die deutsche Beteiligung an diesen Einsätzen, nicht die multinationalen Einsätze selbst oder deren Regionalkontexte, so die Regierung.
Die Zahl der dabei eingesetzten Bundeswehrsoldaten lag den Angaben zufolge bei 1.900 im Januar 2022 und bei 800 im Dezember 2023. Deutschland werde als verlässlicher Alliierter und Partner geschätzt, der hochwertige militärische Fähigkeiten und gut ausgebildetes Personal in Einsätze einbringe, heißt es im Bericht weiter. „Die Beiträge der Bundeswehr stärken die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit dieser Organisationen und damit auch die internationale regelbasierte Ordnung.“
Ergebnisse der Evaluierung
Die Evaluierung habe gezeigt, dass die Auslandseinsätze der Bundeswehr relevante Beiträge zu den multinationalen Gesamteinsätzen leisten und zur Sicherheit Deutschlands beitragen, heißt es im Bericht. Dies gelte besonders für Einsätze in der Nachbarschaft Europas und entlang wichtiger Handelsrouten. Durch die Beteiligung an Auslandseinsätzen zeige Deutschland Präsenz in geostrategischen Schlüsselregionen, mit direkter Relevanz für die nationalen Sicherheitsinteressen.
Die Sicherheitslage in den meisten Einsatzgebieten habe sich im Untersuchungszeitraum verschärft, was die Effizienz der Einsätze zum Teil negativ beeinflusst habe. Einzelne Einsätze hätten aufgrund der Sicherheitslage ihre Aktivitäten zum Teil einschränken müssen, etwa im Bereich der Ausbildung. Gleichzeitig offenbare die Sicherheitslage in vielen Einsatzgebieten auch, dass ein stabilisierendes militärisches Engagement unverzichtbar bleibe.
Zentral seien Einsätze mit unmittelbarer stabilisierender Wirkung in Europa oder der europäischen Nachbarschaft, etwa auf dem Westbalkan oder im Mittelmeer. Darüber hinaus seien Beiträge der Bundeswehr zur Sicherung geostrategisch wichtiger Räume und kritischer Handelsrouten von besonderer Bedeutung.
„Realistische und abgestufte Einsatzziele“
„Die Erwartungen daran, was derartige militärische Beiträge Deutschlands im Rahmen eines übergreifenden zivilmilitärischen Gesamtansatzes erreichen können, sollten realistisch gefasst werden“, schreibt die Bundesregierung. „Überambitionierte politische und gesellschaftliche Transformationsziele, die kurz- oder mittelfristig auf umfassende strukturelle Veränderungen in den Einsatzländern abstellen, werden den Realitäten nicht überall gerecht. Auch innerhalb der jeweiligen multilateralen Organisation müssen wir uns daher künftig stärker über realistische und abgestufte Einsatzziele verständigen.“
In die Erfolgsbewertung von Einsätzen will die Bundesregierung künftig auch die erwartbaren Folgen eines Nichthandelns einfließen lassen. Die Bundeswehr müsse zudem vollumfänglich ausgestattet werden, um ihren Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen zu können. „Dies schafft die Voraussetzungen, um aus einem nur einmal vorhandenen Kräftedispositiv ('Single Set of Forces') auch mit militärischen Fähigkeiten weiterhin substanziell zum internationalen Krisenmanagement beizutragen.“
Fünf Schlussfolgerungen
In dem Bericht werden fünf Schlussfolgerungen genannt. Erstens sollte die Beteiligung der Bundeswehr an Auslandseinsätzen im Rahmen des internationalen Krisenmanagements angesichts wachsender sicherheits- und verteidigungspolitischer Herausforderungen und begrenzter Ressourcen künftig klarer entlang der sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands priorisiert werden. Zweitens sollte das Ambitionsniveau der Auslandseinsätze stets realistisch formuliert und ausgestaltet werden. Größere, landbasierte Auslandseinsätze der Bundeswehr (wie in Afghanistan oder Mali) seien in jüngerer Vergangenheit beendet worden.
Drittens sollten militärische und zivil-militärische Handlungsoptionen der Bundesregierung flexibler und skalierbarer ausgerichtet werden, schreibt die Regierung. Viertens sollte die Bundeswehr vollumfänglich ausgestattet werden, um ihren Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen zu können. Und schließlich sollten fünftens Auslandseinsätze der Bundeswehr an die Realitäten von Multipolarität und wachsender Systemrivalitäten angepasst werden. (ahe/vom/05.11.2024)